0:0 in Kasachstan – Fehler im technischen, taktischen und laufkoordinativen Bereich bremsen ÖFB-Elf
Nationalteam 12.Oktober.2011 Daniel Mandl 0
Das 0:0 der österreichischen Nationalmannschaft in Kasachstan war keine Offenbarung. Vielmehr kann man das gestrige Spiel in Astana getrost als „Hundskick“ bezeichnen. Und so bildet das torlose Remis einen nicht untypischen Abschluss für eine allgemein verkorkste EM-Qualifikation, anstatt eine Aufbruchsstimmung für die nächsten Monate zu schaffen. Was war schuld daran, dass es gegen den abgeschlagenen Letzten der Qualifikationsgruppe nicht für einen Sieg reichte?
Das Spiel in Aserbaidschan war für die ÖFB-Auswahl aus vielerlei Gründen leichter als das gestrige. Es war das erste Länderspiel der „Asientour“, die Spieler wirkten allgemein spritziger, der Gegner machte es den Spielern von Interimscoach Willi Ruttensteiner einerseits durch die frühe rote Karte leicht, andererseits zeigte sich Aserbaidschan kampfschwächer als Kasachstan. Tore waren in Baku eine Frage der Zeit. In Astana hatte man den Eindruck, dass die zahlreichen technischen Fehler und die markante Unentschlossenheit vor dem gegnerischen Tor, ein möglicherweise erlösendes Führungstor verhinderten.
Kasachstan hätte Fehler gemacht…
Das Spiel der ÖFB-Auswahl war allgemein zu unflexibel. Einmal mehr, wie man es bereits aus der Ära Constantini kannte, bestand kaum Bindung zwischen Mittelfeld und Angriff. Einzig Freigeist Marko Arnautovic versuchte als „Verbindungsmann“ die Meter zu gehen, die die Hintermannschaft der Kasachen theoretisch auseinanderreißen könnten. Teilweise gelang es auch die taktisch indisponierte Mannschaft aus Kasachstan in Verlegenheit zu bringen: Vor allem in der ersten Halbzeit standen die Mannschaftsteile des Gruppenletzten oft zu weit auseinander, das Team ließ Kompaktheit vermissen. Kurios: Kasachstan stand im Spielaufbau sehr tief, ließ hohes Pressing der Österreicher zu. Bei offensivem Ballverlust stand die Abwehrkette Kasachstan hingegen wieder sehr hoch, was Österreichs Spielern nicht selten weite Bälle in die Spitze ermöglicht hätte. Leider ist Marc Janko aufgrund seines Mangels an Schnelligkeit am Ball nicht der Spieler, der diese Bälle verarbeiten oder verwerten kann. Die Grundausrichtung der Kasachen wäre prädestiniert gewesen für Spieler wie Erwin Hoffer oder Philipp Hosiner.
Zweidimensionales Flügelspiel
Die Unentschlossenheit der ÖFB-Kicker konnte man speziell auf den Flügeln beobachten: David Alaba hatte immer wieder Gelegenheiten sich durchzusetzen, ebenso wie Andreas Ivanschitz oder mit Abstrichen die Außenverteidiger Ekrem Dag und Christian Fuchs. Trotzdem kam es nie zu überraschenden Einzelaktionen, das Spielmuster an den Flanken blieb über 90 Minuten dasselbe. Ein kurzer Antritt um den Gegenspieler zu überwinden, danach wieder die Pirouette und der Pass zurück. Die darauffolgenden Flanken fanden im Grunde nie den gewünschten Abnehmer.
Konstant gut im Klub, konstant schwach im Team
Weiterhin auffällig ist zudem die Diskrepanz der Leistungen der Teamspieler in ihren Klubs und im Nationalteam. Dies trifft vor allem auf Spieler wie Christian Fuchs, Marc Janko und Paul Scharner zu. Im Klub sind sie erfolgreiche Spieler der Kampfmannschaft, stehen Woche für Woche in großen Ligen ihren Mann – im Nationalteam folgt stets der Leistungsabfall. Dies kann entweder an den schwächeren Nebenleuten liegen (quasi ein „Spielkulturschock“) oder an einem zu schwammigen taktischen Konzept. Gerade ein Spieler wie Marc Janko muss samt seiner Mitspieler in ein strenges taktisches Korsett gepresst werden, wenn er funktionieren soll. Dies ist im Nationalteam zumindest noch nicht der Fall. Immerhin können zwei Spiele die schweren taktischen Verfehlungen der letzten Jahre nicht ausmerzen. Somit steht dem Nationalteam auf taktischer Ebene ein langwieriger Lernprozess bevor, den Neo-Teamchef Marcel Koller ab November leiten wird.
Mängel bestehen weiterhin, Lernprozess beginnt im November
Trotz des überzeugenden und/oder beruhigenden 4:1-Auswärtssieges in Aserbaidschan muss sich jeder Fußballfan darüber im Klaren sein, dass die Spieler kurzfristig nicht besser kicken, nur weil die Ära des unliebsamen Ex-Teamchefs vorüber ist. Österreich hat weiterhin große Probleme im taktischen, laufkoordinativen und – wie man in Kasachstan an den zahlreichen Fehlpässen erkennen konnte – technischen Bereich. Das Spiel in Astana verdeutlichte einmal mehr, dass unser Nationalteam auf eine klare taktische Philosophie angewiesen ist. Obwohl der Gegner aus Kasachstan taktisch eine – vorsichtig formuliert – oberflächliche Darbietung auf den Kunstrasen brachte, fand eine österreichische Mannschaft, die nicht zu taktischer Flexibilität im Stande war, während des Spiels kein probates Mittel, um den kampfstarken aber technisch klar unterlegenen Gegner unter Dauerdruck zu setzen. Im Gegenteil: Aufgrund der hohen Positionsuntreue einiger Akteure (Scharner im Speziellen), zahlreicher technischer Fehler (Ivanschitz, Alaba, später Maierhofer) und der Teilnahmslosigkeit am Aufbau- und Angriffsspiel (Kulovits) wurde die ÖFB-Auswahl in der Schlussphase durch einen Lattenkopfball selbst an den Rand einer Niederlage gedrängt.
Geduld ist angesagt
Die nächsten Monate und die Konzepte, die Marcel Koller mitbringen wird, werden entscheidend für die mittel- und langfristige Spielphilosophie im österreichischen Team sein. Und dennoch darf man gerade die Ergebnisse der nächsten Monate nicht überbewerten, so wie man auch das gestrige 0:0 in Kasachstan nicht überbewerten sollte. Gerade nach solchen Spielen sind Geduldsparolen berechtigt, denn mit der in Kürze beginnenden Ära Koller begeben sich zahlreiche vielversprechende Individualisten auf die Schulbank, um das nachzulernen, was der letzte Lehrer nicht voraussetzte.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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