Im Halbfinale gegen Dänemark wartete auf die Österreicherinnen ein Gegner der sich stark verbessert gegenüber dem Test vor drei Wochen in Wr.Neustadt zeigte. Dänemarks Positionsspiel zwang die Österreicherinnen tief zu verteidigen und nahm ihnen durch ein starkes Gegenpressing auch die Möglichkeit zu gefährlichen Kontern. Zudem fehlten die gefährlichen Nadelstiche, wodurch die Österreicherinnen das ganze Spiel über am Reagieren waren.
Aufstellungen und Formationen
Österreich startete im flexiblen 4-4-2/5-4-1 mit Zinsberger; Schiechtl, Wenninger, Kirchberger, Puntigam, Aschauer; Feiersinger, Schnaderbeck, Zadrazil, Billa; Burger
Dänemark spielte ebenfalls in einer Mischformation, offensiv agierte man in einem sehr interessanten 3-2-4-1, defensiv in einem 4-4-2/4-4-1-1.
Von Anfang weg übernahm Dänemark mittels eigenen Ballbesitzes das Kommando und baute im zentrumlastigen 3-2-4-1 auf. Österreich zog sich sofort in den bekannten tiefen Block zurück und kam erstmalig nicht zu dem aggressiven Anlaufen im Angriffspressing in der Anfangsphase.
Dänisches Positionsspiel zeigt Wirkung
Die Däninnen zeigten ein starkes Positionsspiel, das den Österreicherinnen in vielerlei Hinsicht Probleme bereitete. Auffallend war, dass erstmals der tiefe Block über das Zentrum geknackt werden sollte, indem sich die beiden Sechser kurz vor der Mittelfeldkette bewegten. Diese wurden oft nach kurzem Zirkulieren innerhalb der Dreierkette eingesetzt und konnten dann andribbeln und den vertikalen Pass in den Zwischenlinienraum suchen. Dieser Raum zwischen österreichischer Abwehr und Mittelfeld wurde gezielt gesucht und auch sehr stark frequentiert. Mindestens drei Spielerinnen bewegten sich in diesem Raum und versuchten durch ständiges Rochieren, Sprints in die Tiefe und Positionswechsel mit den Außenspielerinnen für Zuordnungsprobleme zu sorgen. Die hohe Positionierung der Außenspieler sorgte dafür, dass die österreichischen Flügelverteidigerinnen etwas mehr gebunden waren als üblich und man nicht so sehr andere Spielerinnen unterstützen konnte. Speziell Nielsen auf der rechten Seite war sehr aktiv und zog immer wieder diagonal Richtung Strafraum.
Dänemark baut mit drei Spielerinnen auf. Fünf Spielerinnen im Zentrum drücken die Österreicherinnen nach hinten.
Grundsätzlich waren die Österreicherinnen dennoch stabil, ein weiterer erschwerender Punkt war aber das starke dänische Gegenpressing. Durch die hohe Anzahl an Spielerinnen in der Spielfeldmitte waren die vielen vertikalen Pässe kein Problem, da immer wieder sofort aggressiv ins Gegenpressing umgeschalten wurde. Selbst wenn die Positionierung einmal nicht ideal war, ging zumindest eine Spielerin sofort drauf, nicht um den Ball zu gewinnen sondern um das Zentrum zu schließen und den Konter zu verhindern.
Dänisches Gegenpressing – Schnaderbeck ist umzingelt
Phasen in denen die Thalhammer-Damen auf Höhe des Mittelkreises im 4-4-2 pressen wollten, umspielten die Däninnen clever, indem sich die beiden zentralen Mittelfeldspielerinnen im Rücken der österreichischen Spitzen freiliefen und sich so aus dem Deckungsschatten lösten. Hierbei muss man auch die dänische Dreierkette hervorheben, die auch unter Druck flache Lösungen suchte. Das fehlende Nachrücken von Schnaderbeck und Puntigam verschlechterte das Pressing somit nur noch mehr, womit man sich wieder ins tiefe 5-4-1 zurückzog. Einzig das vereinzelte Anlaufen der Torfrau, zudem man aber selten kam, brachte unkontrollierte lange Bälle.
Eine Dänin kann sich im Rücken von Zadrazil ungehindert freilaufen. Puntigam und Schnaderbeck hängen zu tief und üben keinen Druck aus.
Österreich mit Problemen im Pressing und Konter
Ein großes Problem in dieser Partie waren die Abstände zwischen den verschiedenen Mannschaftsteilen. Oft hing die Abwehrkette zu weit hinten, wodurch die beiden Spielrinnen im Zentrum riesigen Raum abzudecken hatten und daher wohl der Mut zum Nachrücken im hohen Pressing fehlte. Hier machten sich wohl auch die Ausfälle von Makas und Billa bemerkbar, da Zadrazil in ihrer Paraderolle als jagende Sechs nicht adäquat ersetzt werden konnte und sie eine Etappe weiter vorne in der Luft hing bzw. ihre Stärken nicht optimal zum Einsatz kamen.
Über die physische und psychische Müdigkeit im sechsten Spiel innerhalb kurzer Zeit und einem sehr intensiven Spielstil kann nur spekuliert werden. Fakt ist, dass die Österreicherinnen ungewohnt viele technische Fehler und Ballverluste begingen und sich somit das Leben sehr schwer machten. Das fehlende Nachrücken in den vorkommenden Kontersituationen erschwerte die Situation nochmals, Aschauer und Schiechtl kamen kaum über die Mittellinie. So blieb Feiersinger die Rolle als Solo-Akteurin im Konter, ihr Pensum und Radius war wieder enorm, nicht einmal eroberte sie auf der linken Seite den Ball und zog Richtung Strafraum. Dort aber agierten die ÖFB-Damen in diesem Spiel extrem unglücklich, oftmals wurden Pässen in den falschen Raum gespielt, da die Passempfängerin einen anderen Pass erwartet hatte. Burger verpasste so drei bis vier Bälle und kam überhaupt nicht ins Spiel.
Standards als Waffe
Trotz allem waren durchaus einige Torchancen vorhanden. Speziell nach Standards waren die Österreicherinnen erneut enorm gefährlich, beinahe jede Situation brachte einen Abschluss im und um den Sechzehner. Einwürfe, Freistöße aus dem Halbfeld, Ecken, die Anzahl der Möglichkeiten war groß, doch in diesem Spiel fehlte nun vielleicht das Glück zum idealen Spielverlauf, was man bis zu diesem Spiel immer gehabt hatte. Immer wieder blieb der Ball im Strafraum liegen, immer wieder konnte der Ball von einer Dänin noch wegespitzelt werden, oder eine gute Schussposition konnte nicht genutzt werden und landete über dem Tor.
Alles wartet aufs Elfmeterschießen
Auch in diesem Spiel wurde konsequent auf den langen Ball gesetzt, nicht immer die richtige Entscheidung. Statt sich nach Ballgewinnen im Bereich der Mittelauflage mit kurzen Kombinationen geschlossen als Team Richtung Strafraum zu kombinieren, wurden nahezu alle Bälle sofort lang nach vorne geschossen, bei denen Burger gegen drei Verteidigerinnen schlechte Karten hatte.
Das dänische 4-4-2 wurde kaum gefordert, in der zweiten Hälfte gab es eine kurze Phase in der die Däninnen kurz auch offensiv in dieser Formation agierten. Rund um die 60.Minute als das Spiel besonderes wild war und auch sie vermehrt auf lange Bälle in die Spitze setzten. Hier machte sich auch der große Bewegungsradius von Harder bemerkbar die sich immer in Ballnähe befand und so viele Aktionen einleitete und immer aktiver wurde.
Österreich wurde immer müder, die Abstände größer, wodurch die Däninnen in einigen Situationen auf die österreichische Abwehr zuliefen konnten, da auch die Absicherung davor fehlte.
Österreich wird mit einem langen Ball überspielt, keine Absicherung vor der Abwehr bzw. Unterzahl auf der rechten Seite.
Trotz allem machte man in der Strafraumverteidigung bis zum Schluss einen ausgezeichneten Job, wodurch die Abwehr immer stabil blieb und das Elfmeterschießen somit entscheiden musste.
Österreich scheidet aus, aber übertrifft alle Erwartungen
Im Elfmeterschießen waren diesmal die Nerven nicht so stark wie gegen Spanien. Dass in einem Spiel ein regulärer Elfer und drei im Elfmeterschießen vergeben werden ist extrem kurios und schmerzt natürlich. Trotzdem können die jungen Österreicherinnen stolz auf das Geleistete sein. Mit dem Ziel einen EM-Punkt zu machen in die Niederlande gekommen, fährt man letztendlich als Team unter den besten vier Europas heim. Im Halbfinale konnte man sich trotz immer leerer werdenden Energiereserven in einem äußerst schwierigen Spiel noch ins Elfmeterschießen retten.
Nun gilt es die Euphorie mitzunehmen um den österreichischen Frauenfußball weiterzuentwickeln und vor allem national auf die nächste Stufe zu stellen.
Alexander Diridl, abseits.at
Alexander Diridl
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