Analyse: Österreich mit zähem 1:1 gegen Georgien
Nationalteam 6.September.2017 Alexander Diridl 0
Österreich schafft es drei Tage nach der Niederlage in Wales nicht die Enttäuschung zu überwinden und zeigt gegen Georgien eine sehr durchwachsene Leistung. Sehr positive Phasen wechseln sich mit schwachen Szenen ab. Die Mannschaft wirkte mental verständlicherweise nicht bei 100 Prozent. Trotzdem wäre ein Sieg in Ordnung gegangen, als Sinnbild der laufenden WM-Qualifikation gelang dies erneut nicht.
Koller´s 4-2-3-1 mit neuen Gesichtern
Teamchef Marcel Koller behielt sein altbewährtes 4-2-3-1 System bei, nutzte aber die Möglichkeit neue Spieler auszutesten. So kam Moritz Bauer zu seinem Team-Debüt, der sich sehr positiv als ernstzunehmende Alternative auf der rechten Seite präsentierte. Außerdem kamen mit Grillitsch, Kainz und Danso einige Newcomer zu Startelfeinsätzen. Die Aufstellung sah somit folgendermaßen aus:
Lindner; Bauer, Danso, Dragovic, Hinteregger; Baumgartlinger, Grillitsch; Kainz, Alaba, Arnautovic; Harnik
Georgien lässt Österreich laufen…
Von Anfang an zeigten sich die Georgier mutig im Ballbesitz und mit dem Willen den Ball flach zu behaupten. Mit Ball agierten sie in einem 4-2-3-1 System in dem die Außenverteidiger sehr hoch postierten und die drei zentralen Mittelfeldspieler sehr flexibel zurückfielen um die Innenverteidiger beim Aufbau zu unterstützen. Es gelang so einige Ballbesitzphasen zu verbuchen und auch teilweise kontrolliert in die österreichische Hälfte zu gelangen. Dies wurde durch das österreichische Pressing, das sich in diesem Spiel über weite Phasen auf einem sehr überschaubaren Niveau bewegte, begünstigt. Die Mannschaft schien nie ganzheitlich geschlossen den Ball zu attackieren und immer nur versucht sein die Räume zu schließen.
Typische Szene aus Halbzeit 1. Harnik presst an, das Mittelfeld ist zu spät und kommt nicht in den Zweikampf. Viel ungenützter Zwischenlinienraum.
Die Intensität ließ auch zu wünschen übrig, vor allem der fehlende Nachdruck aus Mittelfeld und Abwehr ließ Arnautovic und Co. einige Male den Puls in die Höhe treiben. Sinnbildich war eine Situation in der Alaba auf halbem Wege war einen Rückpass zum Tormann im Sprint zu attackieren, nach einem kurzen Blick über seine Schulter abbrach, da der Rest des Teams weit hinten hang.
…und verteidigt clever
Im Ballbesitz hatten die Österreicher ebenfalls große Anlaufschwierigkeiten. Ein Hauptfaktor dafür war das ausgeklügelte Pressing Georgiens. In einer 4-5-1 Staffelung wurde Österreich in der Höhe der Mittellinie empfangen. Rapids Kvilitaia agierte als Speerspitze, der linke Mittelfeldspieler Ananidze zockte ab und an und ging eine Linie nach vor bzw. versuchte schlechte Staffelungen im österreichischen Aufbau zu erkennen und anzulaufen.
Bild 6: Georgien tief im 4-5-1. Die Nummer 10 spekuliert schon auf den Querpass zu Danso.
Auffallend war, dass nicht Kvilitaia als erster Spieler anlief sondern oft ein Achter rausschob und den österreichischen Ballführer attackierte. Somit entging man einem der großen Nachteile des 4-5-1, die offenen Halbräume die durch eine Spitze und die flache Stafflung in der Regel nicht kontrolliert werden können. Österreich spielte den Georgiern noch in die Karten, da sie oft in einer 2-2 Staffelung im Zentrum aufbauten, also die beiden 6er Baumgartlinger und Grillitsch sich vor der ersten Pressinglinie Georgiens den Ball von Dragovic und Danso abholten und somit prinzipiell nur Alaba im Zentrum zwischen den Linien verblieb.
Baumgartlinger holt sich den Ball – Warum?
Nach und nach gelang es den Österreichern aber die Kontrolle über das Spiel zu gelangen und im Ballbesitz das Spiel zu dominieren. Die Außenverteidiger trauten sich eine höhere Feldposition einzunehmen, die Flügelspieler rückten ein und man konnte die Georgier besser nach hinten drücken. Generell kann man sagen, dass die Herangehensweise der Österreicher im Ballbesitz sehr geduldig und auf sehr viel Sicherheit und Kontrolle angelegt war. Sehr geduldig wurde horizontal zirkuliert, kurzen Kombinationen folgten immer wieder Verlagerungen, überraschende Vertikalpässe gab es kaum zu sehen eventuell beim Gegentor wie Roman Mählich wahrscheinlich korrekt vermutete. Durch die konservative Ausrichtung im Ballbesitz erlangten die Österreicher zwar die Kontrolle, das Spiel nahm aber sehr träge Züge an. Da auf ein aggressives Gegenpressing seitens Kollers Truppe verzichtet wurde, und auch die Georgier sehr ruhige Ballbesitzphasen pflegten, nahmen sie immer einiges an Zeit in Anspruch.
Alabas Rolle
David Alaba spielte in diesem Spiel wieder auf der Zehner-Position im offensiven Mittelfeld. Defensiv zeigte er sich wie eh und je sehr bemüht und war sich für keinen Meter zu schade. Aufgrund der oben beschriebenen Probleme im Pressing kam er natürlich auch nicht oft in die gewünschten Szenen der aktiven Balleroberung. Mit dem Ball sah er sich einer schwierigen Ausganssituation konfrontiert. Während er noch gegen Wales zwischen den Linien Freiheiten genoss und dieses auch auszunutzen wusste, machte Teamchef Vladimir Weiss kurzen Prozess und ließ ihn schlicht manndecken. Hier agierten die Georgier sehr abgestimmt, Alaba bewegte sich anschließend mehr in Richtung Spitze und versuchte seinen Manndecker loszuwerden, der ihn dann aber an ein Mitglied der Viererkette übergab. Alaba tat sich schwer in tieferen Zonen die richtigen Räum zu finden und die passende Dynamik mit dem restlichen Mittelfeld in Situationen aufzubauen. Auch die Bindung zu Spitze Harnik war quasi inexistent. Nach seiner Verletzung in der 38. Minute kam Schaub für ihn ins Spiel der auf die rechte Seite ging und dafür Kainz die Alaba-Position übernahm. Fairerweise muss man sagen, dass die österreichische Mannschaft in dieser Phase schon im Aufwind war, ab diesem Wechsel aber nochmal stärker wurde. Kainz bewegte sich sehr klug zwischen den Linien, suchte das Zusammenspiel mit Schaub und Arnautovic und versuchte den Übergang in den Strafraum herzustellen. Natürlich hatte er mehr Raum als Alaba, da auf ihn keine so starke Mannorientierung gespielt wurde, diese starke Phase krönte er mit dem hohen Ball hinter die Abwehr auf Bauer bei der Entstehung zum 1:1.
Österreich drückt kurz an aber erzielt kein Tor
Aus der Halbzeit raus begannen die Österreicher überfallsartig, die Flügel wurden von den hohen Außenverteidigern nur einfach besetzt, die seitlichen Mittelfeldspieler rückten ein und versuchten gemeinsam mit Kainz das Zentrum zu Überladen und sich in den Strafraum zu kombinieren. Hier wurden speziell Ablagen fokussiert oder auch schlichte Doppelpässe.
Baumgartlinger spielt den Ball tief auf Schaub, während sich alles auf ihn konzentriert läuft er im Rücken des Gegenspielers nach vor und bekommt den Ball retour.
Man machte sehr viel Druck und konnte wieder Arnautovic gut ins Spiel einbinden, der sich öfters kurz den Ball auf den Fuß holte und dabei kaum zu trennen war und dann versuchte diagonal ins Zentrum zu spielen, während Hinteregger die Breite gab. Hier fehlte der letzte Druck und auch die passende Abstimmung bei den Laufwegen in den Strafraum um die Georgier zu knacken, die sehr diszipliniert und kämpferisch stark verteidigten.
Verbesserte Staffelung im Spielaufbau. Kainz im Halbraum, Hinteregger erkennt die breite Position von Arnautovic und zieht in die Mitte.
Leider konnte man dieses Level nur 15 Minuten halten, anschließend nahm das Spiel deutlich an Tempo ab, über die verbleibenden 30 Minuten breitet man besser den Mantel des Schweigens. Österreich wirkte leer und agierte nachlässig. Die nötigen schmerzhaften Meter in der Defensive wurden nicht mehr gegangen wodurch man sogar noch zwei gefährliche Abschlüsse durch die Georgier zuließ, offensiv wurde man unpräzise und fehlerhaft.
Georgien kann ungezwungen ins Mittefeld spielen, Österreich steht tief.
Nicht zwingend genug
Summa summarum kann man sagen, dass ein Sieg der Österreicher in Ordnung gegangen wäre, von verdient aber noch ein Stück weit entfernt war. Mental nicht auf der Höhe kamen Kollers Mannen sehr schwer ins Spiel, eine starke Phase von der 30. Bis zur 60. Minute sorgte beinahe für die Führung, gegen Ende hin plätscherte dann alles dem Unentschieden entgegen. Eine weitere Enttäuschung, die der Teamchef-Diskussion in den nächsten Tagen sicher etwas mehr Wind geben wird.
Alexander Diridl, abseits.at
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Alexander Diridl
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