Am sechsten Spieltag der Qualifikation zur Europameisterschaft, gastierte Österreich beim Tabellenführer der Gruppe G Polen. Man durfte ein absolutes Spitzenspiel erwarten, da der Erste... Analyse: Österreich punktet in Polen

Am sechsten Spieltag der Qualifikation zur Europameisterschaft, gastierte Österreich beim Tabellenführer der Gruppe G Polen. Man durfte ein absolutes Spitzenspiel erwarten, da der Erste auf den Zweiten traf. Dabei reisten die Österreicher mit dem Ziel nach Warschau, mit den Polen in der Tabelle gleichzuziehen und den ersten Tabellenplatz zu attackieren. Selbstvertrauen für dieses Unterfangen gab der zuletzt eingefahrene 6:0-Kantersieg gegen Lettland, wo man eine gute Vorstellung zeigte und die Offensive den Gegner überrollte. Doch die Polen stellten im Auswärtsspiel ein anderes Kaliber dar, weshalb die Trauben nun wesentlich höher hingen und die Aufgabe ungleich schwerer werden würde.

Never change a winning Team

Nach dem erfolgreichen Auftakt in den Länderspiel-Herbst, gab es für Teamchef Franco Foda wenig Grund Veränderungen in der Mannschaft vorzunehmen. Einzig Innenverteidiger Hinteregger wurde durch Posch ersetzt. Folglich blieb auch das System gleich und man formierte sich zu einer 4-4-1-1-Grundordnung. Die strategischen Schwerpunkte waren allerdings etwas andere als jene im Spiel gegen Lettland, wo man einen mauernden Gegner überspielen musste. Doch so ganz war das trotz der Stärke des Gegners dann doch nicht der Fall, denn die Österreicher wollten dennoch mutig und dominant auftreten und das Heft in diesem Spiel in die Hand nehmen. Von Anfang an agierten die Mannen von Teamchef Foda sehr aggressiv und direkt, setzten die Polen unter Druck und versuchten das Spiel in die gegnerische Hälfte zu verlagern.

Den Schlüssel dafür verortete man dabei im eigenen Ballbesitzspiel, womit man dem Gastgeber zusetzen wollte. Man versuchte das Spiel zu Beginn sehr breit anzulegen und streckte das Spielfeld mit zwei Pärchen auf dem Flügel. Das hatte den Vorteil, dass dadurch die beiden Flügelspieler der Polen nach hinten gedrückt wurden, da sie die österreichischen Außenverteidiger mannorientiert verfolgten. Dadurch wurde die 4-4-1-1-Formation der Polen und der kompakte Block mit zwei Viererketten nach hinten gedrückt und es entstand situativ auch mal eine Fünfer-, oder teilweise sogar eine Sechserkette. Aus diesem Grund konnten die Österreicher oft im Mittelfeld und im zweiten Spielfelddrittel ein klares Übergewicht bzw. eine Überzahl generieren und den Ball um und zwischen den gegnerischen Block ohne Probleme zirkulieren lassen.

Die beiden Stürmer agierten recht eng zueinander und ließen sich jeweils in den Zwischenlinienraum fallen, um als Kombinationspartner zu fungieren und konstante Überzahl in Ballnähe zu schaffen. Abgesichert wurde das Ganze von den beiden Sechsern Baumgartliner und Laimer, wobei letzterer immer wieder aus der Etappe in die Tiefe sprintete und die Offensivkollegen unterstützte. Durch diese strategische Vorgehensweise, erspielten sich die Österreicher wie schon erwähnt ein klares Übergewicht an Ballbesitz und die Polen wurden mehr oder weniger rundum den eigenen Strafraum festgesetzt. Speziell über die rechte Seite waren die Österreicher gefährlich, da der polnische Flügelstürmer Grosicki große Probleme in der Defensive mit dem durchschlagskräftigen Lainer hatte. So brachten die Österreicher viele Hereingaben in den Strafraum und man versuchte über direkte Kombinationen Durchbrüche durch den engen Block des Gegners zu kreieren. Überzeugen konnte man vor allem mit der eigenen Qualität im Passspiel, denn man spielte recht mutig selbst enge Passfenster an und wirkte dabei sehr sicher und stabil. Durch die gute Struktur und die Ballsicherheit, hatte man dementsprechend eine hohe Qualität in der Ballzirkulation.

Giftiges Gegenpressing sorgt für Stabilität

Kombiniert wurde das offensive Auftreten mit einem aggressiven Gegenpressing und aktivem Vorwärtsverteidigen. Die beiden Sechser der Österreicher setzten nach Ballverlust sofort nach und orientierten sich nach vorne, um den Raum eng zu halten und die Bälle wiederzuerobern. Das klappte auch letztendlich sehr gut, weshalb die beiden Sechser auch die meisten Balleroberungen in diesem Spiel hatten (je sechs Stück). Sie montierten den Spielmacher Zielinski ab und es wurden viele lange Bälle bei den Polen erzwungen, wo sich in weiterer Folge Stürmerstar Lewandowski alleine gegen mehrere Spieler behaupten musste. Wobei die Österreicher auch bisweilen recht mutig agierten und „nur“ die beiden Innenverteidiger sich um Lewandowski kümmern sollten.

Dieses aktive und dominante Auftreten hatte zur Folge, dass man sich in der gegnerischen Hälfte festsetzte und auch zu einigen gefährlichen Situationen im letzten Drittel kam. Stürmer Arnautovic setzte u.a. einen Kopfball ans Aluminium und scheiterte nur knapp an einem Torerfolg. Doch das aggressive und aktive Auftreten der Österreicher war nicht nur mit positiven Szenen behaftet. Speziell zwischen Minute 20 und 30 wackelten die Gäste ordentlich und hatte man Probleme mit den Polen. Die Österreicher zollten dem eigenen hohen Tempo gewissermaßen Tribut und verloren dadurch etwas die Kompaktheit, wodurch man nicht mehr richtig Zugriff im Gegenpressing erhielt und die Gastgeber zu einigen guten Kontermöglichkeiten kamen, wo u.a. Lewandowski eine Riesenchance vergab.

Nach einigen Minuten des Wackelns, stabilisierten sich die Mannen von Franco Foda wieder und fanden zur eigenen Kompaktheit zurück. Alaba rückte als Lösungsansatz nun stärker ins Zentrum und verstärkte dadurch die Absicherung und den Zugriff im Gegenpressing, auch wenn es auf Kosten der Durchschlagskraft der linken Seite ging. Die rechte Seite verteidigten die Polen nun auch etwas besser, da man Grosicki die Seite wechseln ließ und sich der andere Flügelstürmer Kowacki in der Defensive leichter tat. So blieb es nach 45 Minuten beim Stand von 0:0.

Polen schieben Linien etwas weiter nach vorne

Nach dem Wiederanpfiff, bekam man von den Gastgebern ein wesentlich aktiveres Gesicht zu sehen, als es noch im ersten Durchgang der Fall war. Man schob die eigenen Linien nun weiter nach vorne und stand nicht mehr so tief, um sich nicht mehr hinten so einschnüren zu lassen. Dadurch attackierte man im 4-4-1-1 mit der ersten Angriffslinie etwas höher und presste die Gäste auch situativ an, wodurch sich die Polen zumindest etwas mehr Spielanteile holten. Die Gastgeber probierten es ähnlich wie die Österreicher sehr viel über die Außenbahnen und man versuchte mittels Durchbrüche den eigenen Stürmerstar mit Vorlagen zu füttern. Das funktionierte zwar auch mal, allerdings blieb man sehr eindimensional und ausrechenbar. Das ging alles zum Leidwesen von Spielmacher Zielinski vonstatten, der nur unzureichend in das eigene Spiel eingebunden wurde und dadurch überhaupt nicht zur Entfaltung kam. Polen beraubte sich damit mehr oder weniger selber, da Zielinski riesige Qualitäten im Zwischenlinienraum mitbringt und eine beständige Gefahr sein kann.

Die etwas „mutigere“ Spielweise der Gastgeber, kam den Österreichern nicht ungelegen. Dadurch fand man situativ nun etwas mehr Räume vor, als noch in der ersten Spielhälfte, wo sich die Polen rundum des eigenen Strafraumes verbarrikadierten. Die Mannen von Teamchef Foda nutzten das auch speziell bei zwei Riesenchancen von Stürmer Arnautovic aus, wo man die Polen dank des breiten Flügelspiels streckte und dann im richtigen Moment die Tiefe und den Rücken der Abwehr attackierte. Generell war dies ein Punkt des Matchplans, denn man versuchte laufend mit Hereingaben in den Rücken der Abwehr den Gegner zu knacken.

Die Österreicher kontrollierten auch weiterhin weitestgehend die Partie und die Ballbesitzzeiten blieben konstant hoch, jedoch hatte man mit der Durchschlagskraft einige Schwierigkeiten. Das lag u.a. auch an den beiden Stürmern, die viele Bälle verloren, wobei vor allem Arnautovic zunehmend frustriert wirkte und bisweilen resignierte, wodurch ihm einige ungewöhnliche technische Fehler unterliefen. Durch die mangelnde Genauigkeit im Angriffsdrittel, ließ man einige Möglichkeiten liegen und konnte nicht noch mehr Gefahr erzeugen. Dadurch blieb es letztlich beim torlosen 0:0 und die beiden Mannschaften teilten sich die Punkte.

Fazit

Es war letztlich ein starker Auftritt der Österreicher beim schwierigen Auswärtsspiel in Polen. Man legte einen überaus dominanten Auftritt hin, kontrollierte viele Phasen der Partie und kam letztlich auf 64 Prozent Ballbesitz, was durchaus Bände spricht. Ausschlaggebend dafür war der gute Matchplan, wodurch man die Polen in die Defensive drücken konnte und die sichere Ballzirkulation, die durch die gute Struktur und Positionierung der beiden Sechser ermöglicht wurde. Garniert mit dem giftigen Gegenpressing, verlagerte man weite Teile des Spiels in die gegnerische Hälfte und überzeugte auch meist in der Konterabsicherung, wodurch man bis auf die eine kritische Phase im ersten Durchgang, insgesamt recht wenig zuließ.

Selber kam man zu einigen guten Gelegenheiten und speziell Arnautovic hätte im Alleingang das Spiel entscheiden können. Jedoch fehlte es da an der letzten Kaltschnäuzigkeit, weshalb es letztlich beim 0:0 blieb. Dennoch gibt dieser Auftritt  den Österreichern Mut, denn man hat eindrucksvoll bewiesen, dass man mehr als konkurrenzfähig ist und die anvisierte Qualifikation nach dem misslungenen Start im Bereich des Möglichen ist. Ruft man in den nächsten Spielen konstant dieses Leistungsniveau ab, wird man das große Ziel auch erreichen können.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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