Am neunten Spieltag der Qualifikation für die Europameisterschaft 2020, kam es bei der Begegnung zwischen Österreich und Nordmazedonien zu einer Partie mit vorentscheidendem Charakter. Die Österreicher konnten sich dank der guten Ergebnisse in den letzten Spielen eine starke Ausgangsposition für die Qualifikation für das Turnier erarbeiten und mussten nun nur noch den letzten Schritt gehen. Ein Punkt würde für die Gastgeber dabei schon reichen, um die Teilnahme an der EM-Endrunde zu fixieren. Doch auch die Gäste aus Nordmazedonien hatten noch Restchancen auf die Qualifikation und konnten den Rückstand auf die Österreicher mit einem Auswärtssieg verkleinern. Es war daher alles angerichtet für eine spannende Angelegenheit.
Kompakte Nordmazedonier und der Sabitzer-Fokus
Nach dem schlechten Start in die Qualifikation mit zwei Niederlagen, konnte Teamchef Franco Foda die Leistung seiner Mannschaft stabilisieren und ihr zu einem Comeback verhelfen. Dabei zeichnen sich die Österreicher zwar nicht durch einen spektakulären Spielstil aus, sondern eher durch eine effiziente und kontrollierte Spielanlage. Man hat sich vordergründig auf das 4-2-3-1-Grundsystem verständigt und dabei einige Eckpfeiler gebaut, welche die Mannschaft tragen sollen. Daran änderte auch nichts dieses wichtige Spiel vor heimischer Kulisse und daher gab es in der Aufstellung auch keinerlei Überraschungen. Einzig Laimer bekam vor dem defensiveren Ilsanker den Vorzug und sollte mehr Zug nach vorne mitbringen.
Dieser war auch vonnöten, kam doch mit den Nordmazedoniern eine Mannschaft angereist, die normalerweise auf eine massive 5-3-2-Defensivordnung setzt und ihre Stärken im Umschaltspiel hat. Das änderte sich auch in diesem Spiel nicht, sondern wurde stattdessen sogar noch verschärft. Da Altstar Pandev angeschlagen war und nur auf der Bank platznehmen konnte, entschied sich der Trainer der Gäste nun stattdessen das Mittelfeld zu verstärken und mit einem 5-4-1-System aufzulaufen. Der Plan dabei war wie das System bereits vermuten lässt klar und entsprach auch der üblichen Spielanlage der Nordmazedonier: Kompakt die Räume verschließen und die Österreicher zu Fehlern zu zwingen, um dann über die schnellen Offensivspieler im Konter zuzuschlagen.
Dabei stellten sich die Gäste klarerweise gezielt auf die Österreicher ein. Die einzige Spitze versuchte meist den Passweg ins Zentrum zu verschließen und auch gelegentlich im Bogen die Innenverteidiger anzulaufen und die Verbindung zwischen ihnen zu kappen. Dahinter formierte sich das Mittelfeld, welches immer wieder aus den Positionen nach vorne stechen sollte, um speziell die beiden tiefen Sechser der Gastgeber zu stellen. Darüber hinaus hatten die beiden Sechser der Nordmazedonier eine spezielle Aufgabe, die Marcel Sabitzer betraf. Der Leipzig-Legionär spielt nämlich im Übergangsspiel in die Offensive der Österreicher eine entscheidende Rolle und steht oft als Abnehmer für die vertikalen Zuspiele der beiden spieleröffnenden Innenverteidiger bereit. Das wollten die Gäste klarerweise verhindern und versuchten Sabitzer daher in Manndeckung zu nehmen, damit dieser nicht zur Entfaltung kommen konnte.
Interessant war aber auch die Verhaltensweise der Abwehrkette der Gäste, denn auch wenn die Formation es vermuten lässt, agierten die Nordmazedonier nicht immer nur tiefstehend. Man versuchte nämlich mit dem gesamten Mannschaftsverbund kompakt zu stehen und die Abstände gering zu halten, um in diesem Block den Österreichern nur wenig Raum zu gewähren. Daher rückte die Abwehr der Gäste auch immer wieder nach und so sollte zusätzlich der Zwischenlinienraum verschlossen werden, auch wenn man mit der hohen letzten Linie ein gewisses Risiko einging.
Spielkontrolle als Hauptfokus
Wie reagierte Österreich wiederum darauf und was hatte man sich gegen die Nordmazedonier ausgedacht? Die oberste Prämisse der Österreicher lautete von Anfang an: Kontrolle erlangen. Man agierte recht konservativ im Ballbesitz und ging trotz der tieferen 5-4-1-Ordnung nur wenig Risiko in der Positionierung der eigenen Spieler. Obwohl Nordmazedonien mit den meisten Spielern hinter dem Ball in der eigenen Hälfte lauerte, baute Österreich das Spiel dennoch meist mit sechs eher tieferen Spielern vor dem gegnerischen Block auf. Die beiden Sechser der Gastgeber blieben als tiefe Anspielstationen vor der Abwehr platziert, während die beiden Außenverteidiger ebenfalls recht tief verblieben. Damit hatten die Österreicher de facto nominell nur vier Spieler in der Offensive zur Verfügung, die gegen den kompakten Block anspielbar waren und sich durchsetzen mussten.
So sollte gewährleistet werden, dass die Österreicher immer ausreichend Spieler hinter dem Ball postiert hatten und von den gefährlichen Konterangriffen des Gegners nicht überrascht werden konnten. Das war zwar teils übervorsichtig und konservativ, aber in Anbetracht dessen, dass man nur einen Punkt benötigte auch verständlich. Man verließ sich auf die individuelle Qualität der Offensivspieler und darauf, dass sie auch in Unterzahl Situationen auflösen und gefährliche Szenen kreieren können. Das Ballbesitzspiel sah dann so aus, dass man den Ball gemütlich in den eigenen Reihen zirkulieren ließ und die Ketten des Gegners in Bewegung bringen wollte. Man wartete auf die Lücke in der Formation des Kontrahenten und wenn man diese vorfand, war dies der Auslöser für das blitzschnelle und direkte Übergangsspiel. Die Verteidiger spielten dann vertikal in den Zwischenlinienraum, ein Offensivspieler ließ den Ball klatschen und man versuchte mit Tempo und Direktheit die Abwehr des Gegners zu attackieren.
Dabei sah man im Positionsspiel der Österreicher das übliche Muster, welches man mittlerweile etabliert hat. Im linken Halbraum tummelte sich mit Alaba, Sabitzer und Arnautovic ein „Dreieck“, welches miteinander kombinieren sollte. Flügelspieler Lazaro blieb dagegen mehr auf der Außenbahn und sollte für die Breite im Spiel sorgen.
Doch es gab noch einen zweiten Ansatzpunkt, wie Österreich die Abwehr der Nordmazedonier knacken wollte. Da die Abwehr der Gäste versuchte, nachzurücken und den Zwischenlinienraum zu verschließen, öffneten sich damit Räume im Rücken der Verteidiger. Diese versuchten die Österreicher dann auch gezielt zu attackieren und spielten viele lange Bälle, um mit den eigenen schnellen Spielern diese Räume anzuvisieren. Das klappte auch einige Male gut und man hebelte so mehrmals die Abwehr des Gegners aus, wodurch man zu gefährlichen Torchancen kam. In einer dieser Situationen wählte man eine etwas andere Vorgehensweise und Lainer spielte von der Seite einen Ball in den Rücken der Abwehr, den Alaba erlaufen und zum 1:0-Führungstreffer verwerten konnte.
Dieser Führungstreffer passte natürlich perfekt in das Konzept der Österreicher, denn nun konnte man auch mal passivere Phasen einstreuen und dem Gegner den Ball überlassen. So ließ man auch den Spielaufbau der Nordmazedonier gewähren, um quasi den Gegner zum Fußballspielen einzuladen. In weiterer Folge baute man Pressingfallen auf, sobald die Gäste nach vorne spielten. Dann rückte zumindest einer der beiden Sechser nach vorne und versuchte für Ballgewinne zu sorgen und mit dieser Rhythmusänderung den Gegner zu überraschen. Das klappte im ersten Durchgang sehr gut, wodurch die Nordmazedonier kaum konstruktiv nach vorne kamen und immer wieder im Übergangsspiel den Ball verloren.
Dagegen konnten die Österreicher aus diesen Ballgewinnen und nach erfolgreichem Gegenpressing immer wieder Kapital schlagen und den Strafraum des Gegners bedrohen. Die Folge davon waren einige gute Möglichkeiten und alleine Stürmer Arnautovic hätte mindestens einen Doppelpack schnüren können. So blieb es im ersten Durchgang vorerst bei der knappen 1:0-Führung.
Österreich erzwingt offensivere Vorgehensweise des Gegners
Nach der ordentlichen ersten Halbzeit, hatte Teamchef Foda klarerweise wenig Grund, Veränderungen vorzunehmen. Stattdessen lautete die Devise, bei der Chancenverwertung noch konsequenter zu agieren und die Spannung aus diesem Spiel zu nehmen. Und die Spieler hörten auf ihren Trainer, denn nur wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff zum zweiten Durchgang, schlugen die Gastgeber zu: Nach einem Eckball kam der Ball über Umwege zum aufgerückten Lainer, der die Übersicht behielt und zum umjubelten 2:0 traf. Damit waren die Österreicher auf klarem Kurs, die Teilnahme an der EM zu fixieren und dementsprechend euphorisch war auch die Stimmung im Stadion.
Die Nordmazedonier mussten nun drei Treffer erzielen, um den Österreichern einerseits die Party zu vermiesen und andererseits selber noch die Chance auf eine Teilnahme über die EM-Qualifikation am Leben zu erhalten. Daher lösten die Gäste auch mit Fortdauer der Partie die Fünferkette auf und wurden offensiver, um die Minimalchance irgendwie noch zu wahren. Situativ zeigten die Gäste auch mit der offensiveren Ausrichtung, dass sie Fußballspielen können. Speziell mit Elmas und Bardhi hatte man im Mittelfeld zwei technisch beschlagene Akteure zur Verfügung, die sich immer wieder aus engen Situationen befreien konnten und schöne Kombinationen zustandebrachten. Doch konstant konnten die Nordmazedonier dadurch dennoch nicht für Gefahr sorgen, auch wenn man nun immerhin zu einigen Torchancen kam.
Die Österreicher spielten nämlich die restliche Spielzeit kontrolliert ihr Spiel runter und machten dabei den Anschein, dass sie wenn nötig noch ein, zwei Gänge hochschalten können. Man kontrollierte den Gegner mit der eigenen Defensive und den Ballbesitzphasen, die man mit der Führung im Rücken klarerweise noch ausführlicher gestaltete. So bekam man letztlich auch nicht mehr das Gefühl, als könnte dieses Spiel noch in die andere Richtung kippen. Zwar erzielten die Gäste in der Nachspielzeit nach einer Standardsituation noch den (vermeidbaren) Anschlusstreffer, doch dieser kam letztlich zu spät, um nochmal Spannung aufkommen zu lassen. So ertönte nur wenige Momente nach dem Treffer bereits der Schlusspfiff und besiegelte damit nicht nur den Sieg, sondern auch die Teilnahme der Österreicher an der EM-Endrunde.
Fazit
Die Österreicher gaben sich also in diesem Endspurt um die Teilnahme für die Europameisterschaft 2020 keine Blöße und erfüllten ihre Pflichtaufgabe gegen Nordmazedonien mit Bravour. Zwar war das gezeigte Spiel der Gastgeber nicht spektakulär, allerdings kontrollierte man von Anfang bis zum Ende die Begegnung und ließ nie einen Zweifel aufkommen, wer als Sieger vom Platz gehen würde. Man setzte den Matchplan von Teamchef Franco Foda dabei konsequent um und bereitete dem Gegner dabei große Probleme, wodurch man bereits im ersten Durchgang den Sack zumachen hätte können. Das holte man schlussendlich im zweiten Durchgang nach und holte damit souverän die drei Punkte.
Im Endeffekt muss man daher Teamchef Foda und der Mannschaft ein Lob aussprechen. Nach den beiden Niederlagen zu Beginn, brannte bereits der Hut und Stimmen wurden laut, die eine Trainerablöse forderten. Doch man rappelte sich wieder auf und kämpfte sich in diese Gruppe hinein, wodurch man letztlich durch die Siege gegen die direkten Kontrahenten verdientermaßen das Ticket für die Europameisterschaft eintüten konnte. Damit steht der dritte Auftritt auf der Bühne der EM bevor und man hofft diesmal, eine bessere Performance als 2016 abliefern zu können.
Dalibor Babic, abseits.at
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