Der langherbeigesehnte Auftakt in die Qualifikation für die Europameisterschaft stand für das österreichische Nationalteam endlich bevor und man war klarerweise höchstgewillt, für einen passenden... Analyse: Österreich startet souverän in die EM-Qualifikation

Der langherbeigesehnte Auftakt in die Qualifikation für die Europameisterschaft stand für das österreichische Nationalteam endlich bevor und man war klarerweise höchstgewillt, für einen passenden Start und drei Punkten zu sorgen. Allerdings kam mit Aserbaidschan ein Gegner angereist, der nach fünf Siegen in Serie viel Selbstvertrauen vorweisen konnte und den es nicht zu unterschätzen galt. Für passende Rahmenbedingungen sollte ebenfalls gesorgt sein, durfte das Nationalteam doch zum ersten Mal in der neuen Arena in Linz auflaufen und dabei noch dazu auf reichlich Unterstützung bauen, da das Stadion ausverkauft war.

Zahlreiche Ausfälle, wackeliger österreichischer Beginn

Für Teamchef Ralf Rangnick war die Zusammenstellung der Mannschaft alles andere als einfach, mussten im Vorfeld doch bereits einige Spieler ihre Teilnahme am ÖFB-Lehrgang absagen oder kamen angeschlagen zum Nationalteam. Unter anderem sollten mit Alaba, Schlager und Arnautovic drei Schlüsselspieler definitiv ausfallen, die es nun zu ersetzen galt.

Ralf Rangnick entschied sich für dieses Spiel gegen Aserbaidschan auf ein 4-4-2 System zu setzen, bei dem Seiwald und Sabitzer das Zentrum bildeten und von Wimmer und Laimer flankiert wurden, während an vorderster Front Gregortisch und Baumgartner als Duo agierten. Dabei erwartete man die Österreicher in Punkto Spielanlage wie man sie unter Teamchef Rangnick kennt, nämlich äußerst aggressiv und mit einer hohen Intensität sowohl im Spiel mit, als auch gegen den Ball.

Doch das sollte in der Anfangsphase überhaupt nicht der Fall sein. Man schien hier keinen Zugriff auf den Gegner zu erlangen und so stellte sich eine Form der Passivität ein, die man von der österreichischen Mannschaft nicht wirklich gewohnt ist. Selbst „Pressingmaschinen“ wie Laimer oder Gregoritsch fanden nicht in ihren Rhythmus und liefen meist nur hinterher. Was waren die Gründe dafür?

Zunächst einmal wurde man sicherlich vom Mut der Gäste überrascht. Aserbaidschan lief mit einem 4-3-3 System auf, welches alles andere als destruktiv agieren sollte. Der Kontrahent verfügte nämlich über ein spielstarkes Mittelfeldzentrum, welches sich immer wieder aus Pressing-Situationen lösen sollte und dies auch zunächst vollbrachte. Mit Chipbällen überwanden die Aserbaidschaner die erste Pressinglinie der Österreicher und wollten hier im Aufbau wenig riskieren, um nicht in die Falle der Gastgeber zu tappen.

Im Mittelfeld sah dies dann aber völlig anders aus, denn hier bildete die Aserbaidschaner immer wieder „Dreiecke“ und kreierte so Überzahl in Ballnähe. Speziell über die Halbräume und seitlichen Zonen befreite man sich immer wieder mit wenigen Kontakten aus der Umklammerung des Gegners und fand damit einen Weg in Richtung des letzten Drittels. Dadurch entstand der Eindruck, dass die Österreicher immer wieder zu spät kamen und viel Druck auf die Abwehrlinie lastete, um die Angriffe der Gäste zu verteidigen. Hier gab es dann auch einige brenzlige Situationen, die man allerdings zumeist gerade noch klären konnte.

Rangnick zieht Notbremse und adaptiert das System

Es wirkte alles recht unrund bei den Österreichern und man fand nicht wirklich in den gewohnten Rhythmus hinein. Auch im Ballbesitz tat man sich schwer, gegen die etwas unorthodoxen Verteidigungspraktiken des Gegners, Lösungen zu finden. Die Gäste formierten sich zu einem 4-3-3/4-1-4-1, versuchten hier das Zentrum zuzumachen und setzen auf viele Mannorientierungen, wodurch immer wieder eine gewisse Unordnung in die Struktur hineinkam.

Allerdings konnte die Gastgeber dies noch nicht wirklich ausnutzen und fand zu selten den Zwischenlinienraum, weshalb auch die Vertikalpässe aus der Abwehr heraus Seltenheitswert hatten. Es ging viel über die Flügel, allerdings gingen die Gäste hier sehr robust zu Werke und sind offensichtlich angewiesen worden, die Österreicher hier laufend zu doppeln.

So überrascht es auch nicht, dass Aserbaidschan nach den ersten 15 Minuten knapp 60(!) Prozent Ballbesitz verbuchte. Das war sicherlich so nicht angedacht und gerade als „Pressingmannschaft“ sollte so etwas gegen einen klar unterlegenen Gegner nicht vorkommen. Daher sah sich Teamchef Rangnick auch genötigt, einige Adaptionen vorzunehmen, die sowohl personeller, als auch systematischer Natur waren. So tauschten Laimer und Baumgartner de facto ihre Positionen, womit der bis dato unsichtbare Laimer ins Zentrum geschoben werden sollte, um mit seiner Pressingstärke für einen besseren Zugriff auf den gegnerischen Ballbesitz zu sorgen.

Da auch Sabitzer eine Etappe nach vorne geschoben wurde, entstand eine äußerst interessante Raumaufteilung, nämlich eine Art 4-1-3-2/4-1-4-1. Diese variierte aufgrund der Positionierung von Baumgartner, der zwischen Sturmzentrum und Rechtsaußen pendelte. Mit Wimmer, Sabitzer und Laimer hatte man aber nun eine äußerst starke Pressingreihe im offensiven Mittelfeld, die man auf das Dreieck der Aserbaidschaner im Mittelfeld ansetze, um deren Überzahl zu neutralisieren.

Diese Umstellung sollte sich auch recht rasch als goldrichtig erweisen und für einen deutlich besseren Zugriff sorgen. Nun konnten sich die Gäste nicht mehr so leicht im Mittelfeld befreien und Freiräume kreieren, da die Österreicher ihre Intensität und Aggressivität besser auf das Feld brachten, wodurch immer mehr Ballgewinne daraus resultierten.

Aber auch im Spielaufbau wies man die Innenverteidiger und speziell Kevin Danso an, die Mannorientierungen auszunutzen und ins Mittelfeld zu dribbeln. Das führte dann auch zur schön herausgespielten Führung Österreichs, als Danso ins Mittelfeld dribbelte und die erste Pressinglinie aushebelte, eher über Wimmer und Baumgartner der Ball zu Kapitän Sabitzer kam, der den Ball ins lange Eck zum 1:0 beförderte. Wenige Augenblicke später sollte sich auch das verbesserte Pressingspiel bezahlt machen und man erzwang einen Ballverlust auf der Außenbahn, wovon Stürmer Gregoritsch profitierte und wenige Sekunden nach der Führung zum 2:0 traf und damit für einen Doppelschlag sorgte. Nun nahmen die Österreicher so richtig Fahrt auf und spielten ihre Dominanz in allen Aspekten und Phasen des Spiels aus.

Speziell das Dreieck Wimmer, Sabitzer und Baumgartner schaffte es immer wieder im Zwischenlinienraum anspielbar zu sein und für kreative Lösungen im Kombinationsspiel zu sorgen, weshalb die defensive Organisation des Gegners laufend herausgefordert wurde. Und hier rächten sich die teils chaotischen Zustände bei den Aserbaidschanern, die immer wieder große Lücken, speziell in der Verteidigungslinie, offenbarten.

Mal wurde nicht durchgesichert und entstanden große Lücken auf den Flügelzonen, weil man zu raumorientiert agierte, um dann wieder zu aufgefächert zu stehen und die Abstände zu groß werden zu lassen. Hier fehlte sichtlich eine ordnende Hand in der Abwehr und die Folge war, dass man laufend unter Druck stand und ordentlich ins Schwimmen kam.

Die Österreicher nutzten das clever aus und bespielten diese Freiräume, wodurch man immer wieder zu aussichtsreichen Angriffssituationen kam. Mit Gregoritsch hatte man eine physische Präsenz im Straufraum und einen klassischen Zielspieler, während aus der Etappe immer wieder Wimmer und Sabitzer mit viel Tempo in die Spitze kamen und Druck ausübten.

Der Trainer von Aserbaidschan versuchte zur Halbzeit mit einem Dreifachtausch und einem Wechsel auf ein 4-4-2 nochmal das Ruder herumzureißen, um seiner Mannschaft zur dringend benötigten Stabilität zu verhelfen. Doch keine fünf Minuten nach Wiederanpfiff fanden die Gastgeber mehrere gute Angriffssituationen vor und nagelte Kapitän Sabitzer einen Freistoß in toller Manier ins Tor zum 3:0.

Damit sorgte man auch für die Vorentscheidung und ab dem Zeitpunkt war klar, dass sich die Österreicher keine Blöße mehr geben würde, da man auch unaufhörlich weiter nach vorne spielte. Zwar kassierte man aufgrund einer Fehlerkette den 1:3 Anschlusstreffer, allerdings legte man kurze Zeit danach das 4:1 per Standardsituation nach und stellte den alten Vorsprung wieder her. Man fand auch danach noch einige tolle Möglichkeiten vor, doch es sollte kein weiteres Tor mehr fallen.

Fazit

Es war insgesamt ein überzeugender Auftritt der österreichischen Nationalmannschaft, die der Rolle als Favorit gerecht wurde und sich gegen Aserbaidschan letztlich keine Blöße gab. Zu Beginn deutete allerdings wenig darauf hin, dass es letztlich ein Spaziergang werden würde, hatte man doch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen und war speziell der mangelnde Zugriff im Pressing ein großes Problem. Hier muss man Teamchef Ralf Rangnick loben, der bereits nach einer Viertelstunde die richtigen Schlüsse daraus zog und mit seinen Umstellungen hin zum 4-1-3-2/4-1-4-1 den Umschwung herbeiführte.

Nach der Umstellung sollte man das gewohnte Gesicht der Österreicher sehen und mit der hohen Intensität und dem Pressing überforderte man den qualitativ unterlegenen Gegner, so dass dieser immer mehr Fehler beging. Daher wurde es letztlich auch ein ungefährdeter Sieg und man startete mit drei wichtigen Punkten in die EM-Qualifikation. Einen bitteren Nachgeschmack hinterließen allerdings die vielen angeschlagenen Spieler, sodass man nun hoffen muss, dass diese bis zum nächsten Spiel am Montag rechtzeitig wieder fit werden.

Dalibor Babic

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