Im Rennen um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien ist das ÖFB-Team nach den letzten Spielen gegen Deutschland und Irland noch immer... Andreas Weimann im ÖFB-Team: Wo ist Platz für das „One Trick Pony“?

Andreas Weimann ÖFB Aston Villa

Im Rennen um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien ist das ÖFB-Team nach den letzten Spielen gegen Deutschland und Irland noch immer gut dabei. Spielerisch waren die beiden Partien aus österreichischer Sicht jedoch kein Leckerbissen, was einigen Spielern heftige Kritik brachte. Besonders Andreas Weimann musste sich von Fanseite einiges anhören. Auch nach neun Länderspielen wirkt der 22-Jährige im rot-weiß-roten Dress wie ein Fremdkörper. abseits.at begibt sich auf Ursachenforschung.

In der Sommerpause bekam Weimann bei seinem Verein Aston Villa die prestigeträchtige Rückennummer zehn. Ein Zeichen dafür, wie schnell der Österreicher in der Kaderhierarchie gestiegen ist. Unter dem aktuellen Manager Paul Lambert haben nur Außenverteidiger Matthew Lowton und Stürmerstar Christian Benteke mehr Spiele absolviert. Mit 13 Toren ist Weimann zudem hinter dem Belgier auch der zweitbeste Torschütze.

Rechtsaußen nur im Verein Idealposition

Unter Lambert kommt Weimann in aller Regel am rechten Flügel zum Einsatz. Ließ der Schotte zunächst sein Team noch vermehrt in einer 4-2-3-1-Grundformation spielen, verschob sich diese im Laufe der Zeit immer mehr zu einem 4-3-3. Die primären Aufgaben für Weimann änderten sich dadurch nicht. Im Rahmen des angestrebten Umschaltspiels soll seine Schnelligkeit sowie sein ausgeprägter Zug zum Tor für schnelle Gegenstöße über die Flügel genützt werden. Die nachstehende Grafik zeigt, dass er vermehrt mit Vertikalpässen hinter den gegnerischen Außenverteidiger eingesetzt wird.

Unter Teamchef Marcel Koller lief Weimann in bisher neun Spielen erst einmal – bei der 1:2-Niederlage in Wales – von Beginn an als rechter Flügelspieler im 4-2-3-1 des ÖFB-Teams auf. Doch weder in diesem noch in den weiteren Spielen, in denen er auf seiner nominellen Idealposition eingewechselt wurde, konnte er nachhaltig überzeugen. Darüber können auch die beiden Assists beim 6:0-Sieg über die Färöer nicht hinwegtäuschen.

Umschaltspiel ≠ Umschaltspiel

Der Grund dafür ist, dass sich die Ausrichtung des ÖFB-Teams von jener Villas unterscheidet. Zwar setzen beide Mannschaften auf ein schnelles Umschaltspiel nach Balleroberungen, jedoch geschieht dies in anderen Zonen. Aston Villa ist in die Sparte der klassischen Konterteams einzuordnen. Sie stehen in aller Regel sehr tief und setzen auf ein tiefes Mittelfeld- bzw. Abwehrpressing. So gab es letzte Saison keine Mannschaft, die prozentuell mehr Kontertore erzielt hat als die Villans (12,8%). Gleichzeitig gab es mit den Queen Park Rangers aber nur ein Team, bei dessen Spielen sich der Ball häufiger im Verteidigungsdrittel befand.

Das österreichische Nationalteam geht im Spiel gegen den Ball offensiver ans Werk. Unter Koller hat es sich zu einer wahren Pressing-Macht entwickelt. Man versucht dem Gegner schon beim Aufbauspiel den Ball abzujagen und hat dann kurze Wege zum Tor. Das heißt aber auch, dass die Spieler weniger Platz haben um vom Gegner wegzukommen und technische Schwächen schwerwiegender sind. In der Premier League bekommt Weimann hinter den Außenverteidigern viel Platz, in den Länderspielen kommt seine ausbaufähige Ballverarbeitung zum Tragen und er verliert häufiger den Ball.

Zu eindimensional für die Stürmerposition

Ein weiteres Problem, das sowohl auf der Rechtsaußen- aber noch stärker auf der Solostürmerposition in Erscheinung tritt, sind Weimanns eindimensionale, direkte, zum Tor gerichteten Läufe. Am Flügel wirkt sich das nur bedingt aus, da der Gegner oft seine Außenverteidiger im Aufbauspiel nach vorne schiebt, was Räume in dessen Rücken bietet. Dort ist der durchstartende Flügelspieler dann anspielbar und kann über Steilpässe in den Rücken der Abwehr geschickt werden.

Im Sturmzentrum hat man weniger Freiheiten, da man von den gegnerischen Verteidigern leicht ins Abseits gestellt werden kann und ein entsprechender Pass ein gutes Timing benötigt, zumal auch der gegnerische Tormann dazwischenfunken kann. Einzig nach frühen Balleroberungen ist ein derartiges Verhalten erfolgsversprechend, da der Gegner in aller Regel erst die defensive Ordnung einnehmen muss. Befindet sich jedoch die eigene Mannschaft im Aufbauspiel, ist ein Stürmer mit derartigem Bewegungsmuster leicht aus dem Spiel zu nehmen, was man auch im letzten Duell gegen Irland sah.

Im obigen Video sieht man, dass sich Weimann in vielen Szenen in die Spitze orientiert und dadurch für seinen Mitspieler nicht oder nur sehr schwer anspielbar ist. Er bewegt sich vom Ball weg, übersieht offene Räume. Dadurch verschwindet er im Deckungsschatten seines Gegenspielers. Da Weimann zudem oft an der Abseitslinie agiert, müssen Pässe auf ihn durch zwei Linien gespielt werden, was routinierte Verteidiger – wie eben die irischen – meist antizipieren und so den Ball einfach abfangen können.

Zu verbindungschwach für die Zehnerposition

In München bekam Weimann zudem aufgrund des verletzungsbedingten Ausfalls von Junzovic eine Chance im zentralen offensiven Mittelfeld. Jedoch interpretierte er diese Rolle anders als der Werder-Legionär, wodurch die Grundformation eher als 4-4-1-1 aufzufassen war. Dabei konnte er aufgrund seiner Schwächen im Passspiel und Dribbling weder die Verbindungen nach vorne herstellen noch schien er besonders gut ins Pressing integriert gewesen zu sein.

Zugegeben, ein Vergleich mit Junuzovic, der seit Kollers Antritt auf dieser Position spielt und dafür wie geschaffen ist, ist nicht ganz fair. Zudem hatten sich die Deutschen mit den aufrückenden Sechsern ein gutes taktisches Gegenmittel zum 4-4-2-Pressing zurechtgelegt. Jedoch sah man bei Weimann durchaus den einen oder anderen individualtaktischen Fehler. So ließ er vor allem in Phasen der zweiten Hälfte das Rückwärtspressing schleifen, wodurch der Rückraum offen war. Das nutzten die DFB-Elf beispielsweise zum zwischenzeitlichen 2:0.

Ausweg Zwei-Stürmer-System?

Die Idee, Weimann als hängende Spitze in einem 4-4-1-1 aufzubieten, ist jedoch nicht ganz weltfremd. Es gilt dabei allerdings zu beachten, dass er dabei sehr stark von seinen Mitspielern bzw. dessen Spielstilen abhängig ist. Mit Martin Harnik an seiner Seite ähnelte die Ausrichtung jener des SC Freiburg, der letzte Saison mit zwei „schwimmenden Neuneinhalbern“ für Furore sorgte. Im Aufbauspiel fehlte dem Duo in Deutschland jedoch die Bindung, was die Frage aufwirft, ob Weimann nicht besser als agiler Spieler um einen statischen Neuner – beispielsweise Marc Janko – besser zur Geltung kommen würde.

Neu wären solche Abläufe für ihn nicht, wie die obige Grafik bestätigt. Kurze Zeit ließ Lambert bei Aston Villa nämlich während der letzten Saison ein 3-5-2 mit Benteke und Weimann als Sturmduo spielen. Benteke diente dabei als Anspielstation für lange Pässe, während Weimann vorrangig mit kurzen Pässen eingesetzt wurde – der Großteil davon wie gewohnt vertikal. Im obigen Beispiel – es ist der 3:1-Auswärtssieg in Liverpool – war die Variante zudem äußert erfolgreich, denn die beiden waren für alle drei Tore zuständig. Da Koller jedoch offenbar eine 4-2-3-1-Grundformation präferiert und Junuzovic im zentralen offensiven Mittelfeld gesetzt scheint, dürfte sich Weimann auch weiterhin am ehesten Chancen am Flügel ausrechen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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