Anekdote zum Sonntag (159) – Autonautović
Nationalteam 26.Februar.2023 Marie Samstag
Österreichs einziger Popstar Falco sagte einmal süffisant-zynisch über seinen Lebensstil, dass er nur zwei Laster ausgelassen habe: Das Glücksspiel und Autos. Das KFZ ist aber gerade für Fußballer ein wichtiges Statussymbol, deshalb sammeln die kickenden Millionäre Traumwagen wie andere Menschen Briefmarken: So brachte sich Max Kruse mit einem Lamborghini, der in Tarnfarben lackiert war, ins Gespräch, sein Kollege Marco Reus machte dagegen Schlagzeilen, weil er jahrelang führerscheinlos diverse teure Sportwagen gesteuert hatte. Und auch ein anderer Marko hegte schon als ganz Junger eine Schwäche für Nobelkarossen: Als er noch nicht einmal seinen 21. Geburtstag gefeiert hatte, wurde Arnautović der von seinem damaligen Klubkollegen Eto’o geliehene Bentley in der Mailänder Innenstadt gestohlen. Die Häme der Boulevardmedien war dem heutigen Rekordnationalspieler daraufhin sicher, denn der Inter-Legionär galt anno 2010 nicht nur als Riesentalent, sondern auch als enfant terrible und musste bei jedem Fehltritt mit harscher Kritik rechnen.
Einen Fürsprecher hatte der gebürtige Floridsdorfer allerdings stets in Andi Herzog, der ihm als U 21‑Teamchef den Rücken stärkte. Im März 2010 attestierte der Ex-Bremer „Arni“ sogar live im TV, er habe das Potential zum besten österreichischen Fußballer: „Es gab einen Krankl, einen Herzog, einen Polster, einen Prohaska, aber Arnautović stellt sie alle in den Schatten, wenn er sein Potenzial abruft. Das ist mit Abstand der beste Fußballer, der in den letzten 30 Jahren auf dem Fußball-Platz herumgelaufen ist.“ Wenige Wochen vor diesem Interview hatte der einstige Rapid-Regisseur um einen Auftritt des Offensivkickers in seinem U-Nationalteam gebettelt, denn Marko hatte zu diesem Zeitpunkt bereits für das A-Team debütiert. Herzogs Bitte beim Freundschaftsspiel gegen Dänemark die jungen Österreich anzuführen und dabei alle Freiheiten, die ein Kreativspieler braucht, zu genießen, kam Marko trotzdem gerne nach.
Treffpunkt zum Abschlusstraining war der Parkplatz nahe des Trainingsplatzes. Dort trudelten zeitnah alle Nationalspieler ein: LASKler Thomas Piermayr, Julius Perstaller (damals bei Wacker), oder Atdhe Nuhiu, der für Austria Kärnten auflief, parkten ihre Mittelklassewagen. Als nur mehr einer fehlten, konnte man diesen hören, bevor man ihn sah. Ein lautes Dröhnen und Röhren erklang, ehe ein sündteurer Bentley um die Ecke bog. Die U 21-Kicker machten große Augen. Arnautović gab vor seinen Kollegen nochmals Gas, bevor er das Luxusgefährt zum Stillstand brachte. Der Italienlegionär kraxelte lässig aus dem Auto und rief seinen Kollegen: „Will wer eine Runde fahren?“ zu. Jeder wollte. Salopp warf „Arni“ seinen Schlüssel in die Menge.
Teamchef Herzog beobachtete die Szene und nahm sich vor, im Training keinen Schlendrian zu dulden: Marko sollte nicht „posen“, sondern am Feld für geniale Momente sorgen. Das musste er dem damals 20-jährigen jedoch an diesem Tag nicht mitteilen. Der Offensivkicker ließ beim Abschlusstraining die Funken sprühen: Hier ein Chip, da ein „no look-Pass“, eine Flanke hinter dem Standfuß oder ein Kracher an die Latte. Diesmal machten Herzog und Co-Trainer Pfeifenberger große Augen. Im Spiel gegen Dänemark ging die Arnautović-Show weiter: Der Austro-Serbe verwandelte einen Freistoß zum 1:0 und legte das zweite Tor auf. 3:0 hieß es am Ende für die jungen Österreicher.
Für das U 21-Team war es ein Abend wie aus dem Fußballmärchenbuch und vor der Favoritner Abendkulisse sprach Teamchef Herzog salbungsvoll die erwähnten Worte über den Matchwinner. Wenige Tage danach schien Markos Glückssträhne aber zu reißen, als ihm der ausgeborgte Bentley entwendet wurde. Glücklicherweise tauchte das Gefährt im Sommer jedoch wieder auf. Arnautović selbst begann seine Sammlung motorisierter Untersetzer erst drei Jahre später, als er bei Stoke City unter Vertrag war: Vor seiner Villa in der Nähe von Manchester parkten damals ein Mercedes Coupé, ein rot-schwarzer BMW, ein Ferrari und eben ein Bentley. Marko kannte dessen Qualitäten ja zur Genüge.
Marie Samstag, abseits.at
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