Anekdote zum Sonntag (255) – Teilzeit-Österreicher
Nationalteam 29.Dezember.2024 Marie Samstag
Bis heute entscheiden sich deutsch-österreichische Fußballtalente mehrheitlich für die erfolgreiche – ergo die deutsche – Nationalmannschaft zu spielen. Martin Harnik ist die Ausnahme: Für den in Hamburg aufgewachsenen Angreifer war schnell klar, dass er für die Heimat seines Vaters kicken wollte. In zehn Jahren sollte der Stürmer schließlich 68 Länderspiele für Österreich absolvieren. Moritz Leitner dagegen spielte einmal für die ÖFB-U17 ehe er sein Glück – nach Blitz‑Staatsbürgerschaftsverleih – beim DFB suchte. Das klappte nur bedingt: Zwar war Leitner drei Jahre lang in der deutschen U21 aktiv, ins A-Team seiner neuen-alten Heimat schaffte es der gebürtige Münchner allerdings nie.
Bei ihrer Suche nach potentiellen Nationalspielern machen die Verbände weder vor fehlenden Staatsbürgerschaften noch vor nicht-vorhandenen Wurzeln Halt: Vor Jahren versuchte der DFB z.B. den als Ausnahmetalent geltenden David Alaba abspenstig zu machen: Alaba winkte jedoch ab, weil er – laut Eigenaussage – trotz Bayern-Internat zu Deutschland keinen ausreichenden Bezug habe. Umgekehrt stellte sich der österreichische Fußballverband bei der Einbürgerung des damaligen Rapid-Kapitäns Steffen Hofmann mehr als „potschert“ an: Der mit einer Österreicherin verheiratete Mittelfeldstratege signalisierte Interesse im rot-weiß-roten Trikot aufzulaufen, doch der ÖFB versäumte jene Frist, die einen Nationenwechsel ermöglicht hätte. Für die Rapid-Legende war das Thema Nationalmannschaft damit gegessen.
Als Hofmann gerade geboren wurde, gelang dagegen die Einbürgerung seines Landsmanns Bernd Krauss. Doch dessen Debüt für Rot-weiß-rot war nicht gerade von Erfolg gekrönt:
Bernd Krauss wechselte 1977 vom BVB zu Rapid Wien nachdem er sich bei den Schwarz-Gelben nicht durchsetzen konnte und nur einmal gegen Köln eingewechselt wurde. Beim österreichischen Rekordmeister schaffte er schließlich den Durchbruch. Augenzwinkernd behauptete Hans Krankl einmal: „Dem haben wir alles gelernt: Bernd Krauss konnte nicht reden, nicht flanken, nicht schießen.“ Der „Piefke“ holte mit den Hütteldorfern zwei Meistertitel und einmal den Cupsieg. Nachdem er in Wien vom Stürmer zum rechten Außenverteidiger umgeschult wurde, machte er auch den damaligen ÖFB-Teamchef Stotz auf sich aufmerksam: Nach Robert Saras Rücktritt sollte Krauss dessen Position im Nationalteam übernehmen. Bernd Krauss zeigte sich ob dieser Aussichten begeistert. Heute meint er rückblickend: „Ich wollte in der deutschen Bundesliga spielen. Das Nationalteam habe ich als Sprungbrett dafür gesehen.“ Rein praktische Gründe sprachen also für eine ruckzuck Einbürgerung des gebürtigen Deutschen und statt „Tach!“ hieß es für den Burschen aus dem Ruhrpott von nun an „Servus!“.
Am 29. April 1981 gab der Neo-Österreicher sein Nationalmannschaftsdebüt ausgerechnet gegen die „alte“ Heimat im Hamburger Volksparkstadion. Und ausgerechnet er brachte die DFB-Elf mit einem Eigentor in der 30. Minute in Führung: Magath schoss, Krauss grätschte und fälschte den Ball mit den Stollen unhaltbar ins eigene Tor ab. Der Gastgeber gewann 2:0 und nicht nur ganz Fußballdeutschland, sondern auch die heimische Presse schüttete Häme über den Unglücksraben aus. „Ich hätte mich am liebsten eingegraben. Die Presse titelte u.a. ,Staatsfeind Nummer 1‘., erinnerte sich der Ex-Profi viele Jahre später. Letztendlich sollte er auf 22 Länderspiele für Österreich kommen und auch beim unrühmlichen Nichtangriffspakt von Gijón1982 seine Füße im Spiel haben.
Durch die Nationalmannschaftsmatches spielte sich Krauss jedoch in den Fokus und er wechselte 1983 zu Borussia Mönchengladbach und somit zurück in die deutsche Bundesliga. Für die „Fohlen“ sollte der umgeschulte Verteidiger bis zu seinem Karriereende 1990 spielen. Bereits sechs Jahre zuvor hatte er die deutsche Staatsbürgerschaft wieder angenommen, nachdem ihn sein Trainer Jupp Heynckes gebeten hatte, einen Ausländerplatz freizumachen: Krauss war demnach nur Teilzeit-Österreicher.
Als Trainer führte er Real Sociedad auf den sensationellen dritten Tabellenplatz und holte 1995 mit Gladbach den DFB-Pokal – das wars aber mit den Kraussschen Erfolgen. Obwohl er der erste Bundesligatrainer war, der mit Viererkette spielen ließ, konnte sich der Ex-Rapidler als Coach nicht etablieren und blieb ein Wandervogel. Seit 2012 hat er keine Trainerstation mehr angetreten. Seine Zeit im Wiener Westen dagegen ist ihm bis heute in guter Erinnerung: „Rapid Wien vergisst Ehemalige nicht. Ich bekomme jedes Jahr eine Saisonkarte zugeschickt.“
Marie Samstag, abseits.at
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