Der erste Weltmeister zu Gast in Klagenfurt: Die bewegte Fußballgeschichte Uruguays
Nationalteam 5.März.2014 Daniel Mandl 0
Mit Uruguay kommt heute ein geschichtlich betrachtet namhafter Gegner nach Klagenfurt. Die „Celeste“ wurde bei der letzten Weltmeisterschaft in Südafrika Vierter und konnte 1930 und 1950 den Weltmeistertitel erringen. In den 30 Jahren zuvor spielte Uruguay auf der internationalen Fußballbühne keine besonders große Rolle, aber auch 2014 gelten die Urus als Zünglein an der Waage oder gar Geheimtipp in einer Gruppe mit England, Italien und Costa Rica.
In der Vergangenheit spielte Österreich erst zweimal gegen die Südamerikaner: 1964 verlor man ein Freundschaftsspiel in Wien mit 0:2 und 1954 errang die österreichische Nationalmannschaft mit einem 3:1-Sieg über Uruguay den dritten Platz bei der Weltmeisterschaft. Die Treffer fielen durch Stojaspal, Ocwirk und ein Eigentor – keiner der Torschützen ist heute noch am Leben. Der einzige involvierte Zeitzeuge eines österreichischen Erfolgs über Uruguay ist der heute 86-jährige „Turl“ Wagner.
„Das schwarze Wunder“ und der WM-Titel 1930
In der Frühzeit der Fußballgroßereignisse war das Land mit nur 3,3 Millionen Einwohnern eine große Nummer auf der internationalen Fußballbühne. In den 20er-Jahren holte Uruguay zweimal Olympiagold, 1930 krönte man sich vor eigenem Publikum zum ersten Fußballweltmeister. Die beiden prägenden Figuren dieser Zeit waren José Nasazzi und José Leandro Andrade. Nasazzi war der Sohn eines Italieners und einer Baskin und galt als knallharter, aber spielender Verteidiger als wichtiger Eckpfeiler der erfolgreichen Mannschaft. Andrade galt als einer der besten Spieler der 1920er-Jahre und Prototyp eines damals modernen Flügelspielers. Er wurde „La Maravilla Negra“, also „das schwarze Wunder“ genannt und galt als gefeierter Nationalheld, auch weil es vor ihm praktisch keine dunkelhäutigen Fußballstars gab. Nach seiner Karriere verfiel Andrade dem Alkohol und starb im Jahr 1957 völlig verarmt an Tuberkulose.
Der Weltmeistertitel in Brasilien und der Absturz der „Celeste“
Sein Neffe Victor Rodriguez Andrade führte die erfolgreiche Familiengeschichte aber fort und wurde als Spieler bei der WM 1950 zum zweiten Mal Weltmeister mit Uruguay. Die prägenden Figuren beim völlig überraschenden WM-Titel in Brasilien waren die beiden Finaltorschützen Alcides Ghiggia und Juán Schiaffino, sowie der hochtalentierte Stürmer Óscar Omar Míguez. Später erreichte Uruguay bei Weltmeisterschaften drei vierte Plätze (1954, 1970 und 2010), verlor insgesamt aber zunehmend an Bedeutung auf der internationalen Fußballbühne. Seit dem WM-Titel 1950 konnte sich Uruguay gleich sechsmal nicht für das Turnier qualifizieren – eine ungewöhnliche Statistik für einen zweifachen Weltmeister.
Rekordtorschütze Suárez auf dem Sprung in die „Top-5“
Die vier Rekordspieler der „Celeste“ sind auch heute noch aktiv – und ein fünfter Aktiver wird sich ebenfalls bald in den Statistiken weiter nach oben schieben. Aktuell ist Liverpool-Star Luis Suárez mit 76 Länderspielen der Spieler mit den sechstmeisten Einsätzen für Uruguay. Mit 39 Länderspieltoren ist er allerdings der Rekordtorschütze des Teams und dürfte das auch für lange Zeit bleiben. Wenn Suárez noch in zwei Länderspielen zum Einsatz kommt und den Zähler so auf 78 stellt, zieht er mit Rodolfo Rodriguez gleich, der in den 70er- und 80er-Jahren der Torhüter der Nationalmannschaft war.
Diego Forlán – der Nationalheld als Reservist
Die Top-4 ist voll besetzt mit aktiven Spielern: Diego Pérez (86 Spiele/1 Tor), Maxi Pereira (87/2) und Abwehrchef Diego Lugano (91/9) werden nur vom schon jetzt legendären Diego Forlán (107/36) übertrumpft. Forlán wurde bei der letzten Weltmeisterschaft zum Spieler des Turniers gewählt und ist seit zwölf Jahren Bestandteil des Nationalteams. Heute spielt der 34-Jährige in Japan bei Cerezo Osaka, nachdem er zuvor 1 ½ Jahre bei den Corinthians in Brasilien spielte. In Europa kickte der blonde Nationalheld für Inter Mailand, Atlético Madrid, Villarreal und Manchester United. Alleine in der Primera División erzielte Forlán 128 Tore. Aufgrund der großen Stärke von Luis Suárez und Edinson Cavani ist Forlán mittlerweile aber normalerweise nur noch Reservist im Nationalteam.
Reichen zwei Siege bei der WM 2014?
Aktuell besteht der uruguayische Teamkader fast nur aus Legionären, die meisten von ihnen aus den europäischen Top-Ligen. Bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft trifft Uruguay auf England, Italien und Costa Rica, gilt in dieser Gruppe als Außenseiter mit Chancen. Aufgrund der krassen Außenseiterrolle Costa Ricas ist es in dieser Gruppe aber auch leicht möglich, dass zwei Siege nicht zum Aufstieg ins Achtelfinale genügen. Uruguay steht also eine beinharte Weltmeisterschaft bevor.
Nordirland und Slowenien weitere Testspielgegner
Heute Abend testet Uruguay gegen Österreich. Unmittelbar vor der Weltmeisterschaft wird außerdem gegen Nordirland und Slowenien getestet, wodurch das heutige Freundschaftsspiel gegen die Koller-Elf hohen Stellenwert für die Südamerikaner hat und richtungsweisend für die Kaderauswahl von Trainer Tabárez ist.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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