Marcel Koller berief im Zuge der letzten Länderspiele einige Debütanten ein, die sich im Training und auch in den Spielen beweisen durften. Der Teamchef... Die EM kommt zu früh: Österreichs Megatalente mit rosiger Zukunft

Marcel Koller (ÖFB-Teamchef) am Trainingsplatz_abseits.atMarcel Koller berief im Zuge der letzten Länderspiele einige Debütanten ein, die sich im Training und auch in den Spielen beweisen durften. Der Teamchef will sich mehrere Optionen offenhalten, testete etwa Rapids Florian Kainz oder Mattersburgs Karim Onisiwo. Einige andere einberufene Spieler kamen nicht zu ihren Teamdebüts.

Diese Einberufungen und Spielertests sind wohl der Möglichkeit geschuldet, dass es vor dem Turnier im kommenden Sommer zu einer Verletzungsmisere kommen könnte. Wäre dem so, würde Koller nicht völlig blank dastehen, die Alternativen für den Ernstfall bereits kennen. Tatsächlich kennt der 55-Jährige seinen Stamm bereits sehr gut, wird nur in Ausnahmefällen von diesem abweichen.

Hoffnungsvolle Talente in Gregoritschs U21

Nicht nur das ÖFB-Nationalteam sorgte 2015 für Furore. Geht man einen Stock tiefer, so findet man eine äußerst kompakte und technisch starke Truppe, die von Werner Gregoritsch trainiert wird. Die österreichische U21-Nationalelf ist gespickt mit Top-Spielern, wobei es gerade in den letzten 1 ½ Jahren eine Wachablöse gab und die neuen Supertalente des Landes nun andere sind, als damals. Speziell für drei Spieler kommt die Europameisterschaft 2016 leider noch etwas zu früh.

HSV-Legionär als Toptorjäger

Der Mann der Stunde ist der Sohn des Trainers. Michael Gregoritsch erzielte in fünf EM-Qualifikationsspielen neun Treffer für die U21. Der Offensivspieler ist nicht nur mit allen Wassern gewaschen, sondern auch noch unverschämt flexibel. Beim Hamburger SV kam der 21-Jährige heuer bereits als Rechtsaußen und Linksaußen zum Einsatz, im Team glänzt er als Mittelstürmer oder Halbspitze. Gregoritsch schirmt Bälle ideal ab, verarbeitet sie dank feiner Technik gut weiter und ist zudem schnell und torgefährlich. Sogar als erfolgreicher Freistoßschütze trat er in der laufenden Bundesligasaison bereits in Erscheinung.

Alternative für mehrere Spieler

Keine Frage: Michael Gregoritsch wird über kurz oder lang ein Mann für Marcel Koller sein, auch weil das Wort „Mann“ betont werden muss. Der 193cm große Deutschland-Legionär schaffte im letzten Jahr eindeutig den Sprung vom „Jugendfußball“ zum „echten Fußball“. Seine Flexibilität erlaubt es ihm, den Ersatzmann für mehrere Spieler des A-Teams zu mimen. Natürlich für die Solospitze, aber auch für Arnautovic oder Harnik, wenn auch auf Basis anderer Tugenden. Über kurz oder lang wird Gregoritsch voraussichtlich Rubin Okotie im Nationalteam ersetzen – und auch Marc Janko wird nicht jünger. Mit dem Sohn des U21-Trainers hat Koller in einem 4-2-3-1-System tolle Möglichkeiten im Antizipationsspiel, einen gefährlichen Vollstrecker und langfristig betrachtet wohl auch höhere technische Sicherheit. Dass Gregoritsch bei gutem Saisonverlauf Außenseiterchancen auf einen Kaderplatz bei der EURO haben könnte, ist nicht unwahrscheinlich.

Superdynamischer Nürnberg-Legionär

Ein anderer Spieler, der über kurz oder lang einen Platz in Kollers Elf finden wird, ist Alessandro Schöpf. Der Nürnberg-Legionär wird schon jetzt von mehreren deutschen Bundesligaklubs umworben und spielt seit mehreren Jahren konstant – egal, wo er eingesetzt wird. Schöpf kann auf jeder Position der offensiven Dreierreihe eingesetzt werden, spielt gelegentlich auch als Achter im zentralen Mittelfeld. Er ist keiner, der mit dem Ball tänzelt und alles schön machen möchte, sondern erinnert mehr an Zlatko Junuzovic. Schöpf ist extrem dynamisch, sicher in der Ballführung und mit guter, schnörkelloser Technik ausgestattet. Dass der 21-Jährige auch noch enorm torgefährlich und ein guter Vorlagengeber ist, ist ebenfalls kein Nachteil.

Rechtsaußen „by nature“

Spätestens ab nächstem Sommer wird Schöpf höchstwahrscheinlich in der deutschen Bundesliga spielen. In der zweiten Liga steuerte er für Nürnberg in 49 Spielen je zehn Tore und Assists bei. Alleine in der laufenden Saison wurde er etatmäßig auf vier verschiedenen Positionen eingesetzt – am häufigsten als Rechtsaußen im von Nürnberg oft praktizierten 4-4-2. Zwar ist Martin Harnik im Nationalteam auf der Rechtsaußenposition gesetzt, aber Schöpfs mittelfristiger Vorteil ist, dass die Optionen zu Harnik allesamt „Ausweichspieler“ sind. Jantscher, Sabitzer und Onisiwo spielen in ihren Klubs allesamt nicht rechts, Schobesbergers Leistungen sind für das Nationalteam noch zu wechselhaft, Gorgon ist kein Thema. Schöpfs Zeit im Nationalteam dürfte schon bald kommen – allerdings wohl erst nach der EM und dann in einer ebenso variablen Rolle wie er sie aktuell in Nürnberg innehat.

Unter Zidanes Fittichen

Der dritte künftige Top-Star, für den die EM 2016 noch zu früh kommt, ist Philipp Lienhart, der unter Trainer Zinedine Zidane in der zweiten Mannschaft von Real Madrid in Spaniens dritter Liga spielt. Im U21-Team ist der 19-Jährige gesetzt und die Entwicklung, die Lienhart alleine im letzten Jahr hinlegte, sucht ihresgleichen. Der Spanien-Legionär ist kampfstark, bei Offensivstandards brandgefährlich und vor allem sehr schnell und gut im Spielaufbau. Immer wieder trainiert Lienhart mit der ersten Mannschaft der Königlichen, bei denen er einen Vertrag bis 2019 besitzt.

Mögliche Schlupflöcher in der Innenverteidigung

Die Situation in der österreichischen Innenverteidigung ist mittel- bis langfristig gut für Lienhart. Dragovic sollte auf lange Sicht gesetzt sein und bei Hinteregger wird es darauf ankommen, wie sein nächster Schritt aussieht und ob er sich im Ausland durchsetzen kann. Prödl spielt zwar regelmäßig in Watford, ist aber kein Innenverteidiger für jede Partie, eher einer fürs Abmontieren gegen stärkere Teams. Kevin Wimmer kriegt bei Tottenham Hotspur vorerst kein Bein auf die Erde und rutscht ein wenig aus dem Blickfeld. Wenn Lienharts Entwicklung so weitergeht, wird er sich bald in der Top-4 der österreichischen Innenverteidiger einreihen. Auch gegenüber seinem U21-Kollegen Lukas Gugganig hat er Vorteile. Gegenüber dem wohl noch talentierteren Maximilian Wöber (17) vom SK Rapid hat er einen zeitlichen und entwicklungstechnischen Vorsprung.

Kaum dauerhafte Chancen für andere U21-Spieler

Auch andere Spieler, die aktuell in der U21 für Furore sorgen, könnten 2016 noch den Sprung ins Team schaffen, werden aber auf Dauer keine solche Rolle spielen, wie sie diesen drei Klassespielern vorherbestimmt ist. Christoph Martschinko hat etwa gute Chancen auf einen Kaderplatz in der linken Verteidigung hinter Christian Fuchs, muss aber voraussichtlich nicht nur gegen Markus Suttner, sondern auch gegen Stefan Stangl kämpfen. Valentino Lazaro blieb in seiner Entwicklung ein wenig hängen, muss nach einigen Verletzungen neu durchstarten, bleibt aber dennoch am Radar. Auch Austria-Stürmer Kevin Friesenbichler, der eigentlich Benfica Lissabon gehört, darf nicht außer Acht gelassen werden. Selbiges gilt für Sebastian Wimmer vom VfL Wolfsburg II, der auf der Sechserposition auch einer der unterschätzten Akteure ist. Dies werden aber erst die nächsten Jahre bzw. die Zeit bis zur WM 2018 zeigen, denn für Extremexperimente ist Marcel Koller vor dem großen Turnier in Frankreich 2016 wohl nicht zu haben.

Bewerbung Wandkalender 2016

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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