Österreichs Nationalmannschaft trifft gegen Ende des März auf Moldawien und Finnland. In den letzten Wochen geisterte der Name Moritz Bauer durch die Medien, der... Ein Schweizer für die ÖFB-Viererkette? Das ist Kazan-Legionär Moritz Bauer!

_Marcel Koller 11

Österreichs Nationalmannschaft trifft gegen Ende des März auf Moldawien und Finnland. In den letzten Wochen geisterte der Name Moritz Bauer durch die Medien, der in diesen Spielen zu seiner ersten Einberufung und zum Debüt in der ÖFB-Elf kommen könnte.

Die rechte Außenverteidigerposition war im Nationalteam zuletzt stets eine, die nicht hundertprozentig ideal besetzt war. Während man auf links Ex-Kapitän Christian Fuchs hatte, mit David Alaba einen der Besten seines Fachs hätte und zudem den heuer stark aufspielenden Markus Suttner im Talon hat, stand Florian Klein auf der rechten Seite immer wieder in der Kritik.

„Das ewige Nesthäkchen“

Dabei stabilisierte sich der 30-Jährige nach und nach, war etwa bei der EURO einer der stärkeren Österreicher und auch zuletzt bei weitem kein Hemmschuh für das Nationalteam. Seine Spielweise passte dem geneigten Zuseher oft nicht in den Kram, weil seine Kollegen auf links und zumeist auch sein vorgelagerter Außenspieler eine spektakulärere Veranlagung hatten. Klein ist ein pragmatischer Fußballer, der keine Wunderdinge vollbringt, aber seine Rolle gut herunterspielt.

Klein in Stuttgart auf verlorenem Posten

Obwohl Klein gut ins Team integriert ist, steht Koller nun aber vor einem neuen Problem: Der gebürtige Linzer hat seinen Stammplatz in Stuttgart gleich an mehrere Spieler verloren. Der flexible Jean Zimmer agierte zuletzt als Rechtsverteidiger, davor spielte Kevin Großkreutz oder aber die Schwaben liefen mit Dreierkette auf, wofür Klein die offensive Dynamik fehlte. Auch die Idee Klein als Sechser auflaufen zu lassen, schien keine Zukunftslösung zu sein. Das Resultat daraus: Klein spielte seit 28.November 2016 keine Partie mehr.

Mit Moritz Bauer in die Zukunft?

Nun ist Österreich nicht gerade mit Klasse-Rechtsverteidigern gesegnet, weshalb Koller erfinderisch werden könnte. Moritz Bauer, seit Jänner 25 Jahre alt, ist gebürtiger Schweizer, aber Sohn eines Österreichers und somit schweizerisch-österreichischer Doppelstaatsbürger. Der Rubin-Kazan-Legionär ist somit für das ÖFB-Team spielberechtigt und einer Entscheidung „Pro Österreich“ nicht abgeneigt, da es in der Schweiz derzeit praktisch unmöglich ist, an Rechtsverteidiger-Urgestein Stephan Lichtsteiner vorbeizukommen.

Von den Grasshoppers nach Tatarstan

Seine Profikarriere begann der in Winterthur geborene Bauer bei den Grasshoppers Zürich, wo er sich im Alter von 19 Jahren in die erste Mannschaft spielte. Nach fünf Jahren beim „GC“ standen immerhin 105 Einsätze zu Buche, wobei vor allem die abgelaufene Saison 2015/16 ein Bewerbungsschreiben darstellte. Vergangenen Sommer wechselte Bauer schließlich um vier Millionen Euro zu Rubin Kazan und unterzeichnete einen Fünfjahresvertrag.

Stammspieler in Kazan

Bei Rubin ist Bauer über weite Strecken Stammspieler, machte 13 der bisher 18 Ligaspiele mit und steuerte vier Assists bei, was für ihn außergewöhnlich viel ist. Dabei kam er ausschließlich in der rechten Verteidigung zum Einsatz – zumeist in einem 4-4-2 mit Doppelsechs. Die russische Frühjahrssaison startete aufgrund der unwirtlichen Witterungsbedingungen erst am vergangenen Wochenende – heute spielt Rubin zu Hause gegen den FK Orenburg. Bauer, der im ersten Frühjahrsspiel nur auf der Bank saß, hofft auf seinen ersten Einsatz 2017 und muss sich dafür gegen den Spanier Sergio Sánchez durchsetzen, der eigentlich Innenverteidiger ist. Aktuell ist Rubin nur Neunter, hat aber intakte Chancen auf einen Europacupplatz.

Stark an der Seitenlinie

Für das ÖFB-Nationalteam wäre Bauer in der aktuellen Situation sicher eine Bereicherung. Er ist zwar kein Außenverteidiger von ausgesprochen moderner Prägung, könnte dafür aber ein Stabilitätsbringer sein. Der ehemalige Schweizer Nachwuchs-Teamspieler erzielte in seiner Karriere noch kein einziges Profitor, weiß aber seine Seite gut dicht zu machen. Mit Betonung auf Seite: Wenn Bauer in der Defensive zur Mitte einrücken oder aus der Kette herausrücken muss, macht er – vor allem gegen dynamische Flügelspieler – Fehler. Dies war vor allem in Spielen gegen vermeintlich stärkere Gegner immer wieder zu beobachten.

Zwei Sechser sind besser als einer

Bauer spielt seinen Part in Systemen mit zwei Sechsern besser, als wenn aus der Zentrale nur ein Defensiver auf seiner Seite bzw. im Halbraum aushilft. Dies wäre im Nationalteam aktuell durchaus gegeben, weshalb er zu einer guten Rückendeckung für den Rechtsaußen – nach momentanem Stand wohl Sabitzer oder Schöpf – abgeben könnte.

Wenig offensive Aktivität

Offensiv darf man vom Schweizer aber nicht zu viel erwarten: Bauer sucht nur selten das Eins-gegen-Eins, wählt Sicherheitsvarianten, hat daher für einen Außenverteidiger auch immer sehr gute Passquoten. In der laufenden Saison waren es bisher 77%.

Wenige Flanken und „Key Passes“, aber…

Allerdings hat Bauer auch relativ wenige Bälle, weil er stark auf Absicherung bedacht ist und der Spielaufbau bei Rubin vor allem über Yann M’Vila auf der Sechs geht. So kommt er nur gelegentlich zu Offensivaktionen, schlägt für einen Außenverteidiger wenige Flanken, entscheidet sich auch in der gegnerischen Hälfte eher für den einfachen Pass, sucht nur selten „Key Passes“. Einzig die eine oder andere Halbfeldflanke sticht ins Auge, wenn man sich Bauers Wege genauer ansieht.

Schnelligkeit und die wichtigen zweiten Bälle

Ein Stilmittel, das ihn jedoch auch offensiv wertvoll macht, hängt mit seiner Schnelligkeit zusammen. Der 25-Jährige ist durchaus gut zu Fuß und nach Ballverlusten sehr antizipationswillig, wodurch er immer wieder zweite Bälle erobern kann. Ein richtiges Zweikampfmonster ist der Russland-Legionär zwar nicht, aber er verfügt über ein gutes Timing und führt seine Duelle durchaus konsequent und zielgerichtet. Er kann ein Spiel lesen, allerdings müssen eher andere für schnelle Gegenstöße sorgen, wenn ein Ball zurückerobert wurde.

Defensives Upgrade

Der ÖFB könnte mit Moritz Bauer einen defensiv guten Außenverteidiger mit toller Einstellung und Disziplin ins Boot holen. Der Weisheit letzter Schluss ist aber auch er nicht, sonst könnte er sich auch auf einen Konkurrenzkampf mit Stephan Lichtsteiner einlassen. Immerhin ist dieser bereits 33 Jahre alt. Dahinter lauert aber bereits Udinese-Legionär Silvan Widmer. Bauer wäre im Vergleich zu Klein ein defensives Upgrade, offensiv aber keine Topverstärkung. Allerdings ist anzunehmen, dass die Vorderleute vom sicheren Spiel Bauers profitieren werden.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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