Kaderanalyse des österreichischen Teams – die meisten Legionäre befinden sich gut im Schuss
Nationalteam 29.Februar.2012 Georg Sander 1
Marcel Koller hat seinen ersten Kader 2012 einberufen und setzt damit ein Ausrufezeichen. Denn wer jetzt nicht dabei ist, ist entweder verletzt oder sollte wirklich überzeugende Leistungen abliefern. Abseits.at hat den Kader, relevante Statistiken, Startelfwahrscheinlichkeit und Alternativen.
Tor: Robert Almer (Fortuna Düsseldorf/1 Länderspiel), Heinz Lindner (Austria/0), Christian Gratzei (Sturm Graz/9)
Der 1,94 Meter große Steirer Robert Almer wusste gegen die Ukraine zu überzeugen. Beim deutschen Zweitligisten Fortuna Düsseldorf ist er hinter Michael Ratajczak die Nummer zwei, bestritt er nur vier Spiele. Noch dazu war er im Dezember wegen eines Mittelhandbruchs ein Monat außer Gefecht. Der letzte Einsatz war aber am vergangenen Montag im Spiel gegen Alemannia Aachen, in welchem er seinen Kasten sauber hielt. Heinz Lindner wurde schon gegen die Ukraine in den Kader berufen, kurioserweise gemeinsam mit Kollege Pascal Grünwald. Der U21-Teamgoalie (14 Einsätze) kam bisher auf insgesamt 72 Profipartien in Österreichs höchsten zwei Spielklassen sowie neun Europacup-Einsätzen. Des Weiteren steht mit Christian Gratzei wohl Österreichs Kompromiss punkto Nationaltorhüter im Kader. Der 31-jährige gebürtige Leobener ist mit 166 Bundesligaeinsätzen und neun Länderspielen die erfahrene Alternative. Allerdings war er nun gut viereinhalb Monate wegen eines Meniskuseinrisses außer Gefecht. Trotzdem möchte Koller „das Freundschaftsspiel nützen, um den Spieler kennen zu lernen.“
Nicht im Kader sind der verletzte Pascal Gründwald sowie die Zukunftshoffnungen Jörg Siebenhandl (Wiener Neustadt) und Lukas Königshofer. Der Rapid-Schlussmann ist zumindest auf Abruf nominiert. Auch Ramazan Özcan, der beim deutschen Zweitligisten FC Ingolstadt seit der zehnten Runde Stammgoalie ist, fand keine Berücksichtigung. Für die Oldies Jürgen Macho (Panionios) und Alexander Manninger (Juventus Turin) ist kein Platz mehr im Team. Ried-Keeper Thomas Gebauer wartet noch auf seinen österreichischen Pass.
Abseits.at-Tipp: Für die Position des Torhüters kommt von der Spielpraxis her eigentlich nur Heinz Lindner in Frage. Ein Festhalten an Almer ist allerdings auch sehr wahrscheinlich.
Verteidigung: Aleksandar Dragovic (FC Basel/14), Christian Fuchs (Schalke/47/1 Tor), György Garics (Bologna/23/1), Florian Klein (Austria/10), Georg Margreitter (Austria/0), Manuel Ortlechner (Austria/7), Markus Suttner (Austria/0), Franz Schiemer (Salzburg/22/4)
Aleksandar Dragovic ist unumstrittener Stammspieler beim FC Basel, auch wenn er zuletzt einen Handelfmeter verschuldete und so seinem Team einen Sieg vermieste. Allerdings zeigte er gegen den FC Bayern eine tolle Leistung. Christian Fuchs wurde folgerichtig einberufen, ist aber angeschlagen. Es fällt vor allem der Name Garics auf. Der Italien-Legionär kehrte nach einer Kreuzbandverletzung zurück ins Team von Bologna zurück, spielte zuletzt im rechten Mittelfeld eines 3-5-2. Er wurde das erste Mal seit dem 1:5 gegen Spanien einberufen, nachdem es zu öffentlichen Streitereien mit Dietmar Constantini kam. Im abseit.at-Interview verriet Koller bereits durch die Blume, dass der Serie A-Spieler seine Alternative für die Dauerbaustelle rechts hinten ist. Hinter den Legionären lauert eine gesamte Austria-Defensive auf einen Einsatz. Manuel Ortlechner wird aber bei Fitness von Sebastian Prödl wohl nicht mehr im Kader aufscheinen. Georg Margreitter scheint hingegen das Rennen gegen Christopher Dibon (Admira), der sich schwer verletzte, und Martin Hinteregger (RB Salzburg) gemacht zu haben. Markus Suttner machte durch starke Leistungen und eine Spielanlage, die der von Christian Fuchs ähnelt, auf sich aufmerksam. Allround-Waffe Fränky Schiemer steht auch zur Verfügung.
Emanuel Pogatetz musste am Dienstag wegen Knieproblemen absagen. Nicht dabei sind des Weiteren neben dem erwähnten die Verletzten, Bremen-Abwehrspieler Sebastian Prödl udn Christopher Dibon. Martin Hinteregger ist Koller wohl noch zu grün hinter den Ohren, hätte allerdings alle Berechtigung für eine Einberufung gehabt. Immerhin steht der Admira-Spieler auf der Abrufliste. Ansonsten sind noch Ekrem Dag und Tanju Kayhan (Besiktas) auf dieser Liste. Beide kamen in letzter Zeit in Istanbul regelmäßig zu Einsätzen. Der Freiburger Jonathan Schmid, der in den letzten Wochen durch gute Leistungen vor allem im Mittelfeld auffiel, ist keine Alternative. Zu unerfahren und noch nicht einmal mit österreichischem Pass ausgestattet wird hier wohl noch die weitere Entwicklung abgewartet.
Abseits.at-Tipp: Neben den Fixstartern Fuchs und Dragovic wird Garics seine Chance bekommen. Ob Margreitter zu seinem Nationalelf-Debut kommt, ist fraglich, die routinierte Variante wäre Ortlechner in der Innenverteidigung. Auch Schiemer wäre eine gute Möglichkeit, sen letztes Spiel als Innenverteidiger liegt aber schon ein bisschen zurück.
Mittelfeld defensiv: David Alaba (Bayern München/16), Julian Baumgartlinger (Mainz/18), Yasin Pehlivan (Gaziantepspor/13), Jürgen Säumel (Sturm Graz/19)
Hier gibt es einige Überraschungen. Neben den Stammspielern in der deutschen Bundesliga wurden die zwei Türkei-Legionäre Kavlak und Pehlivan einberufen. Der Besiktas-Legionär fällt allerdings mit einer Oberschenkelblessur aus, reiste gar nicht ins Teamcamp ein. Für den Spielzerstörer Yason Pehlivan läuft es bei Abstiegskandidat Gaziantepspor seit Anfang November rund, darf sich vor allem seit dem Frühjahr Stammspieler nennen. Insgesamt stehen schon 18 Einsätze zu Buche. Jürgen Säumel kehrt nun auch ins Team zurück. Nach abenteuerlichen Jahren in Italien und Deutschland fand er bei Sturm in der Heimat wieder zu seiner Form, hat diverse Verletzungen überwunden. Mit mittlerweile 27 Jahren ist er eine erfahrene Alternative. Im Zweifelfsfall kann auch Defensiv-Allrounder Schiemer den Kreativspielern den Rücken freihalten.
Nicht mit dabei ist vor allem Paul Scharner, der sich eine angeknackste Rippe in die Lunge bohrte. Auf Abruf ist lediglich Manuel Weber von Sturm Graz, der einen ordentlichen und modernen Sechser spielen kann.
Abseits.at-Tipp: Marcel Koller hat die Qual der Wahl, denn mit Alaba, Baumgartlinger und Kavlak verfügt er über drei sehr gute Spieler in der Mittelfeldzentrale. Während der Mainz-Legionär eher defensiver agiert, ist Alaba der Gestalter. Denkbar wäre auch, den Bayernspieler nach vorne zu schieben.
Mittelfeld offensiv: Andreas Ivanschitz (Mainz/52/8), Jakob Jantscher (Salzburg/9/1), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/16/1), Marko Arnautovic (Werder Bremen/16/5), Martin Harnik (Stuttgart/28/6)
Drei offensive gibt es in Kollers Spielsystem zu besetzen. Die Grenzen zwischen Sturm und offensivem Mittelfeld sind natürlich fließend, weswegen hier Arnautovic und Harnik dabei stehen. Gerade letzterer ließ in den letzten Wochen aufhorchen, erzielte immer zwischen rechtem Mittelfeld und Sturm pendelnd allein im Februar sieben Tore. Insgesamt hält er bei 13 Bundesligatoren und fünf Vorlagen, ist in der Scorerwertung der deutschen Bundesliga auf Platz sechs und somit „besser“ als Franck Ribery. Auch für den Werder-Akteur Marko Arnautovic läuft es gut, er erzielte in den letzten drei Spielen seine Saisontreffer fünf und sechs. Klubkollege Zlatko Junuzovic kam in vier Spielen eben so oft zum Einsatz und verbuchte bereits zwei Vorlagen. Er überzeugte noch dazu mit tollen Laufleistungen. Jakob Jantscher konnte seine Form vom Herbst, die ihm die Einberufung einbrachte, nicht konservieren, spielte zuletzt beispielsweise gegen Metalist unterirdisch. Dennoch ist er ein Flügelspieler, der durch seine Schusstechnik immer für Tore gut ist. Andi Ivanschitz schließlich war zuletzt verletzt, kehrte aber in den vergangenen Wochen wieder ins Team von Mainz zurück. Er bekleidete wie so oft die Position im zentralen offensiven Mittelfeld. Eine weitere Alternative wäre noch Allrounder David Alaba.
Die Rapidler Christopher Trimmel und Christopher Drazan sind auf Abruf, ansonsten drängte sich kaum einer für die offensive Dreierreihe auf. Christoph Leitgeb (RB Salzburg) ist verletzt, Daniel Royer wärmt in Hannover die Bank.
Abseits.at-Tipp: Aufgrund der Formkurve der einzelnen Spieler wäre ein Mittelfeld mit Junuzovic auf links, Harnik auf rechts und Arnautovic in der Mitte denkbar. Das ist allerdings die Hollywood-Variante. Eine defensivere wäre Ivanschitz links, Junuzovic rechts und Alaba vorgezogen.
Sturm: Erwin Hoffer (Eintracht Frankfurt/27/4), Marc Janko (FC Porto/24/10), Guido Burgstaller (Rapid/0)
Marc Janko wechselte, kam, sah und traf. Vier Spiele für Porto und drei Tore und ein rausgeholter Elfer stehen zu Buche. Allerdings waren die Tore gegen Mannschaften aus dem hinteren Teil der Tabelle. Darüber hinaus ist Janko nicht unbedingt das, was man gemeinhin als modernen Stürmer bezeichnet. Aber das ist ein Gomez auch nicht. Und ein Stürmer soll eben treffen. Das tat Jimmy Hoffer unlängst auch. Auch hier war es ein Team aus den hinteren Regionen der Tabelle. Allerdings spielt Hoffer seit der Rückrunde um einiges mannschaftsdienlicher. Eine Umschulung Richtung Versatilität ist wohl auch seine letzte Chance bei der Eintracht – vorerst hat er diese genutzt. Guido Burgstaller, so etwas wie der „Quotenrapidler“ ist einer der Spieler, die Koller kennen lernen will. Von allen Stürmern, Harnik und Arnautovic mit eingeschlossen, ist er der modernste. Der Teamchef traut ihm den großen Durchbruch im nächsten halben Jahr zu.
Abseits.at-Tipp: Koller kann es drehen und wenden, wie er will: Österreich ist von den Namen her Favorit, steht sogar in der FIFA-Rangliste vor Finnland (79.) und somit ist Marc Janko die denkbarste Variante für die Startelf.
Fazit:
Die Grundordnung 4-2-3-1 steht fest, aber vor allem im Mittelfeld verfügt Koller über eine Vielzahl an Spielern, die mehrere Positionen bekleiden können. Das betrifft auch die Halbpositionen im offensiven Mittelfeld. Österreich sollte die Favoritenrolle annehmen und dieses Heimspiel gewinnen. Die Spieler befinden sich jedenfalls größtenteils gut im Schuss.
Georg Sander, abseits.at
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