Mit den Walisern empfing die österreichische Nationalmannschaft am zweiten Spieltag der WM-Quali den voraussichtlich stärksten und schwierigsten Gruppengegner. Wir haben das potentiell wegweisende Spiel... Nicht gewonnen, aber Selbstvertrauen getankt: ÖFB-Elf holt 2:2 gegen Wales!

Marko Arnautovic - Stoke City, Österreich_abseits.at

Mit den Walisern empfing die österreichische Nationalmannschaft am zweiten Spieltag der WM-Quali den voraussichtlich stärksten und schwierigsten Gruppengegner. Wir haben das potentiell wegweisende Spiel für euch analysiert.

Prinzipielle Ausrichtungen

Die Österreicher begannen wie immer im 4-2-3-1-System, mit der einzigen personellen Änderung in Form von Wimmer als Linksverteidiger. Dies ließ zunächst einige Spekulationen zu, ob man denn mit Dreierkette oder zumindest im Aufbau mit einer verschobenen Dreierkette mit Arnautovic und Klein als Breitengebern agieren würde. Dies blieb jedoch nur Spekulation, Wimmer interpretierte seine Position sehr orthodox, mit zunehmender Spieldauer durchaus hoch.

Im Aufbau gab Baumgartlinger im Zentrum den Fixpunkt, während Alaba vor allem immer wieder auf links abkippte, um Wimmer die Möglichkeit zum Aufrücken zu geben. Das unterbesetzte Zentrum führte dann auch zu einer etwas flügellastigeren Ausrichtung im Angriff, da keiner der restlichen Mittelfeldspieler Achterrollen einnahm.

Die vielversprechendsten Angriffe gingen über Florian Klein, dessen Fähigkeiten in der Offensive zwar oft angezweifelt werden, jedoch zeigte er schon in der Liga für Stuttgart ansprechende Leistungen, so wie auch an diesem Abend gegen Wales. Ebenfalls auffällig waren die eng interpretierten Rollen von Arnautovic und Sabitzer, die immer wieder durch vertikale Läufe hinter die Abwehrlinie mit Pässen von Alaba gefüttert werden sollten. Einer dieser Pässe führte auch zum 1:1-Ausgleich von Arnautovic.

Das 4-4-2-Mittelfeldpressing der Österreicher, das sich in der letzten Qualifikation etabliert hatte, wurde gegen Wales weitergeführt, zeigte sich jedoch auch in 4-1-4-1-Staffelungen. Die Doppelspitze war darauf bedacht, vor allem Allen aus dem Spiel zu nehmen, was teilweise zu einfacher Zirkulation in der Dreierkette mit anschließenden hohen Bällen führte. Lange Zeit hatte Wales kaum Mittel in der Offensive gefunden, einmaliges Aufrücken von Davies mit dem Ball mit anschließendem Vertikalpass führten jedoch in der Folge zu einer Hereingabe von Bale. Diese wurde zwar von Kevin Wimmer gerade noch abgewehrt, der abtropfende Ball kam jedoch genau vor die Füße vor Joe Allen, der das 1:0 erzielte.

In Ballbesitz bauten die Waliser mit ihrer angestammten Dreierkette auf, davor zeigte sich meist Ledley als tiefster Akteur im Mittelfeld, häufig unterstützt von Allen. Die beiden wurden recht einfach vom österreichischen Pressing isoliert. Dies führte zu vielen hohen Bällen aus der ersten Aufbaulinie der Briten, deren Verteidiger keine weiteren Mittel zu finden schienen. Andribbeln, wie es Hinteregger und Dragovic praktizierten, sah man kaum. Dies hätte die Heimmannschaft vielleicht aus der eigenen Kompaktheit locken können. Einmal praktizierte man dies vor dem Führungstor. Dies aber auch nur bedingt, da Österreich in dieser Situation bereits etwas tiefer gestaffelt war.

Im Pressing agierten die Gäste im gewohnten 5-2-3 und attackierten die Österreicher ab dem Mittelfeld. Dieses war aber nicht so stabil wie das Defensivspiel während der Europameisterschaft. Man war bedacht das Zentrum um Alaba und Baumgartlinger zu versperren, jedoch ließ man sich durch Andribbeln von Dragovic und Hinteregger entweder aus der Position ziehen oder die beiden Innenverteidiger konnten Vertikalpässe ins Mittelfeld spielen.

Die sich eng bewegenden Arnautovic und Sabitzer, die immer wieder dynamisch Zurückfielen, so wie es auch Junuzovic tat, bekamen die Mannen von Chris Coleman selten in den Griff. Man stand im Mittelfeld zu instabil, um Passwege zu versperren. Immer wieder konnten die Österreicher durch scharfe Pässe vom starken Klein in die Halbräume und ins Zentrum mit darauf folgenden Ablagen in gefährliche Zonen kombinieren.

Spielkontrolle der Österreicher

Die Österreicher zeigten sich über weite Teile der ersten Halbzeit hinweg dominant. Vor allem über rechts konnte man mit flexiblen Wechselbewegungen von Klein, der oft im Halbraum agierte und Sabitzer für Unordnung in der walisischen Hintermannschaft sorgen. Die Dominanz der Österreicher wurde auch vom anfälligen Flügel der Waliser unterstützt, über den man sich immer wieder nach vorne kombinieren konnte. So wog es nicht allzu schwer, dass das Zentrum oft nur mit Baumgartlinger besetzt wurde, der nur selten naheliegende Passoptionen nach vorne hatte.

In höheren Zonen suchte man Pässe vom Zentrum hinter die Abwehr. Diese wurden über die Flügel gut vorbereitet, Klein konnte mit vielen Ballkontakten den Gegner oft zu sich ziehen, Alaba und Baumgartlinger bewegten sich für Folgeaktionen immer wieder gut frei.

Das Pressing Österreichs war der zweite Grund für die Spielkontrolle der Koller-Elf. Es ermöglichte hohe Kompaktheit mit dem Fokus auf das Isolieren von Stoke-City-Legionär Joe Allen. Dies gelang sehr gut, weshalb Wales große Probleme mit effektivem Aufbau hatte. Der oft zurückfallende und unterstützende Ramsey fehlte verletzungsbedingt, Bale agierte auch zu hoch, um dem Aufbauspiel seiner Mannschaft maßgeblich zu helfen.

Mit Fortlauf der Spielzeit wurden die Österreicher mutiger und die Flügelstürmer sprinteten immer wieder die Halbverteidiger an, taten dies jedoch mit nicht immer optimaler Deckungsschattennutzung (vor allem bei Sabitzer sehr verwunderlich), weshalb die Gäste nun öfter nach vorne kamen. So konnten die Waliser einige, wenn auch wenig versprechende, Angriffe generieren. Gefährlich war man jedoch immer wieder über Standardsituationen, ein weiter Einwurf war auch die Einleitung für das unglückliche Eigentor von Kevin Wimmer. Die Waliser arbeiten bei Standardsituationen verstärkt mit Blocken des Gegners, weshalb Dragovic nicht zum Ball kam, dessen Position um einzugreifen, wäre besser gewesen als die von Wimmer.

Neben dem Ausgleichstreffer fanden jedoch beide Mannschaften kaum eine Großchancen vor, wenngleich die Österreicher über rechts gute Angriffe aufbauen konnten. Hierbei war das weite Ausrücken von Arnautovic und Jankos Binden der Abwehrkette von größer Bedeutung, ebenso wie das kluge Bewegungsspiel von Klein und Sabitzer. Letzterer zeigte sich jedoch eher unauffällig, hatte selten Ballaktionen. Er machte dennoch keineswegs ein schlechtes Spiel, bewegte sich gut und zeigte eine sehr kohärente Synergie mit Klein. Sehr flüssig agierten die beiden in ihren Raumwechseln sehr flüssig und gut abgestimmt, sodass der Rechtsverteidiger immer wieder angespielt werden und mit Dribblings und Diagonalpässen das Spiel ankurbeln konnte.

Pragmatische zweite Halbzeit

Früh nach dem Wiederanpfiff konnten die Österreicher nach einem Ballgewinn nach gutem Pressing auf Allen und schnellem Konter über Arnautovic den Ausgleich erzielen. Junuzovic und Janko hatten Verlagerungsmöglichkeiten klug zugestellt, der zu schwach geratene Rückpass vom von Alaba bedrängten, ehemaligen Liverpool-Spieler Allen wurde zum Verhängnis. Arnautovic konnte auf das walisische Tor zulaufen und blieb Sieger im Duell mit Torwart Hennessey.

Anzusprechen ist auch die Personalie Kevin Wimmer: Der England- Legionär spielte eine unauffällige Partie, agierte auf der Linksverteidigerposition vor allem defensiv solide, hatte  offensiv jedoch keinerlei nennenswerte Aktionen. Er zeigte sich als stabile Alternative, er ist aber nun kein „Geheimnis“ mehr. Gut vorbereitete Gegner können sich auf die Variante Wimmer nun einstellen und vielleicht, im Gegensatz zu Wales, mehr Offensivkraft auf die linke Seite verlagern. Eine verschobene Dreierkette könnte dem Welser vielleicht entgegen kommen. Trotz allem zeigte er sich weitgehend fehlerlos, was vor allem deswegen hervorzuheben gilt, weil Wimmer das letzte mal 2013/14 in der zweiten deutschen Bundesliga für Köln den Linksverteidiger gab.

Das Spiel flachte nun zusehends ab, da die Waliser nun auch das Zentrum und die Halbräume in ihrer eigenen Hälfte in den Griff bekamen. Die Österreicher kamen jetzt größtenteils nur mehr über die Flügel und praktizierten ungefährliche Flanken – zu wenige Torchancen waren die Folge.

Die Gäste hatten nun auf 4-4-2 umgestellt. Dies half maßgeblich dabei, die Gastgeber auf die Flügel zu leiten. In Ballbesitz hatte man nun jedoch nicht nur personelle Probleme, sondern auch strukturelle, weshalb die Spielkontrolle der Österreicher sich noch erhöhte und man zunehmend längere Ballbesitzphasen der Mannschaft um Kapitän Baumgartlinger sah, welche meist nur durch kurze Gegenpressingaktionen unterbrochen wurden.

Die letzte Durchschlagskraft fehlte, wie auch schon in der ersten Hälfte, weshalb man sich nach den abgelaufenen 90 Minuten mit 2.2 trennte.

Fazit

Eine an sich sehr souveräne Leistung der Österreicher, die zwar nicht brillierten, jedoch offensiv sehr effektiv waren. Bei Standardsituationen war man jedoch immer wieder für scheinbare Wackler gut. Das 1:0 hätte man zwar ebenfalls idealer verteidigen können, dies war jedoch eher ein individueller Fehler von Alaba und (bei hohen Ansprüchen) von Wimmer. Individuelle Fehler sind zwar ebenfalls ärgerlich, allerdings nicht so schwerwiegend wie strukturelle Fehler, da diese gezielt vom Gegner angespielt werden können, da sie meist nach immer wieder kehrenden Mustern passieren. Gegen den vermutlich stärksten Gruppengegner konnte man also eine Niederlage verhindern und erneut etwas Selbstvertrauen nach der enttäuschenden EM tanken.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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