Die österreichische Nationalmannschaft trifft heute Abend um 20:30h im Ernst-Happel-Stadion auf die Türkei. Während es für die Mannschaft von Didi Constantini wieder einmal um... Österreich gegen die Türkei – Zwei Mannschaften in Krisensituationen

Die österreichische Nationalmannschaft trifft heute Abend um 20:30h im Ernst-Happel-Stadion auf die Türkei. Während es für die Mannschaft von Didi Constantini wieder einmal um die allerletzte Chance geht (diesmal wirklich), hat die Truppe von Trainer Guus Hiddink die besten Aussichten auf den Play-off Platz hinter Deutschland. Trotz der guten Ausgangslage steckt jedoch auch der türkische Fußball in einer großen Krise.

Das dominierende Thema in den türkischen Medien ist der Manipulationsverdacht rund um Fenerbahçe-Präsident Aziz Yildirim. Insgesamt machten mehr als 60 Spieler, Trainer, Funktionäre und Manager die unerfreuliche Bekanntschaft mit der türkischen Untersuchungshaft. Ganze 19 Meisterschaftsspiele stehen unter Manipulationsverdacht und Fenerbahçe wurde schließlich die Teilnahme an der Champions-League untersagt. Fußballverbandschef Mehmet Ali Aydinlar sprach von der schwersten Krise des türkischen Fußballs.

DRUCK AUF GUUS HIDDINK STEIGT

Wegen diesem Skandal musste die türkische Meisterschaft um 30 Tage nach hinten verschoben werden, sodass die Spieler, die in der türkischen Liga ihrem Beruf nachgehen, bis auf die Länderspiele keine Bewerbsspiele in den Beinen haben. Erst am Wochenende nach der Partie gegen Österreich geht der Meisterschaftsbetrieb in der Türkei wieder los. Unabhängig vom Manipulationsskandal gerät der Nationaltrainer Guus Hiddink unter Druck, da die Medien und Fans weder mit den Resultaten, noch mit der Spielweise des Teams zufrieden sind.

Dabei fing die EM-Qualifikation für den Niederländer gar nicht schlecht an: Sein Team besiegte in den ersten beiden Spielen Kasachstan und Belgien und verlor erst in der dritten Runde erwartungsgemäß gegen Deutschland. Danach gab es jedoch eine überraschende Niederlage gegen Aserbaidschan. Die österreichische Nationalmannschaft durfte dann als Aufbaugegner herhalten, denn die Türken gewannen in Istanbul mit 2:0, wobei Arda Turan und Gökhan Gönül für die beiden Treffer sorgten. Danach folgte ein 1:1-Unentschieden in Brüssel und ein knapper 2:1-Sieg gegen Kasachstan, bei dem das entscheidende Tor erst in der 96. Minute durch Arda Turan fiel.

SO WIRD DIE TÜRKEI SPIELEN

Nominell wird es wohl keine großen Überraschungen geben – die Frage wird sein, in welches System Hiddink seine elf Spieler einbauen wird. Die meisten Medien gehen von einem 4-4-2-System aus, das wahrscheinlich auf ein 4-4-1-1-System hinauslaufen wird, da Kâzım Kâzım vermutlich als hängende Spitze in dieser Formation zum Zug kommen würde. Dieser Variante würde so aussehen:

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Es gibt aber eine interessante zweite Alternative, die Hiddink im Auswärtsspiel gegen Belgien im Juni ausprobierte. Mit dem Spielermaterial, das ihm heute Abend zur Verfügung steht, könnte er diese 4-1-2-3-Variante problemlos spielen:

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DER TORMANN UND DIE ABWEHR-VIERERKETTE

Kein einziger Spieler der türkischen Hintermannschaft hat in dieser Saison ein Meisterschaftsspiel in den Beinen, da sowohl Tormann Volkan Demirel (29), als auch die gesamte Viererkette bei heimischen Vereinen spielen. Volkan Demirel und Innenverteidiger Serdar Kesimal stehen noch dazu bei Fenerbahçe unter Vertrag und man kann davon ausgehen, dass der Manipulationsskandal nicht spurlos an ihnen vorübergegangen ist. Volkan Demirel wird gegen Österreich zum 52. Mal das türkische Tor hüten. Er verfügt über starke Reflexe und ist auf der Linie absolute Weltklasse. Er hat einen großen Siegeswillen und treibt die Mannschaft von hinten an. Seine eher schwache Strafraumbeherrschung ist seine größte Schwachstelle.

In der Innenverteidigung spielen Serdar Kesimal (22) und Egemen Korkmaz (28). Serdar wurde in Köln geboren und spielte beim 1.FC Köln in der Amateurmannschaft, ehe er zu Kayserispor wechselte. Aufgrund seiner starken Leistungen wurde er zu Beginn dieser Saison von Fenerbahçe um vier Millionen Euro aus seinem Vertrag gekauft. Gegen Österreich wird Serdar sein siebentes Länderspiel bestreiten. Neben Serdar spielt Egemen Korkmaz, der erst vergangenen Freitag gegen Kasachstan sein Debüt für die türkische Nationalmannschaft feiern durfte. Der 28-jährige spielte zuletzt drei Saisonen bei Trabzonspor und wechselte ablösefrei zu Besiktas Istanbul.

Während die Innenverteidigung erst einmal in dieser Konstellation spielte, befinden sich in der Außenverteidigung zwei erfahrene Spieler. Links hinten wird Galatasaray-Spieler Hakan Balta auflaufen. Der 28-jährige ist ein verlässlicher Außenverteidiger, der über einen guten Schuss verfügt. Er ist ein lästiger Gegenspieler, den man öfters überspielen muss, da er immer wieder sehr schnell hinter den Ball kommt. Auf der gegenüberliegenden Seite spielt sein Vereinskollege Sabri Sarıoğlu (27), der den verletzten Gökhan Gönül ersetzen wird.

DAS MITTELFELD

Im Mittelfeld wird es gegenüber der Kasachstan-Partie einige Umstellungen geben, da sich Kapitän Emre in der 60. Minute verletzte und Selcuk Inan in der Nachspielzeit die rote Karte bekam. Nuri Sahin und Hamit Altintop sind aus Verletzungsgründen ebenfalls nicht dabei.

Statt Emre und Selcuk Inan werden heute vermutlich Mehmet Topal (25) und Selcuk Sahin (30) auflaufen. Valencia-Spieler Topal musste vor einigen Wochen schon eine Niederlage in Österreich einstecken, als er mit seinem Klub ein Vorbereitungsspiel gegen Rapid Wien mit 1:4 verlor. Am 27. August debütierte er zum ersten Mal in der spanischen Liga gegen Racing Santander und spielte beim 4:3-Sieg 90 Minuten durch. Während türkische Medien und Fans Topal in der Startaufstellung sehen wollen, hat Fenerbahçe-Spieler Selcuk Sahin einen schwierigeren Stand, da ihm immer wieder vorgeworfen wird, dass er taktische Fehler begehe. Dazu kamen letzte Saison zwei Verletzungen, die dafür sorgten, dass der zentrale Mittelfeldspieler nur zwölf Partien von Beginn an spielte.

Auf den Außenbahnen befinden sich zwei Spieler, die der österreichischen Nationalmannschaft große Probleme bereiten könnten. Besonders Atlético-Madrid-Spieler Arda Turan (24) befindet sich in hervorragender Form. Der dribbelstarke Spieler war schon mit 22 Jahren Kapitän bei Galatasaray und hat ein Auge für den tödlichen Pass. Er hatte zwar in letzter Zeit immer wieder muskuläre Probleme, ist aber momentan fit und wird sicher gegen Österreich auflaufen. Sein Duell gegen Florian Klein bereitet Didi Constantini sicherlich die größten Kopfschmerzen. Auf der rechten Seite wird Mehmet Ekici (21) auflaufen, der aber auch im Zentrum spielen könnte. Über die Bayern-München-Amateure gelangte er zum 1.FC Nürnberg, wo er eine starke Saison spielte und auf 32 Einsätze kam. Anfang dieser Saison wechselte er zu Werder Bremen, wo er in den ersten vier Runden allerdings erst einmal von Beginn an in der Mannschaft stand und ansonsten als Joker in die Partie kam. Ekici spielte zwar für deutsche Nachwuchs-Nationalmannschaften, entschied sich in weiterer Folge jedoch für das türkische Nationalteam.

DER STURM

Galatasaray-Spieler Kâzım Kâzım (25) wird entweder als hängende Spitze hinter Burak Yilmaz (26) auflaufen, oder wie im Auswärtsspiel gegen Belgien in einem 4-1-2-3-Sytem als Mittelstürmer beginnen (siehe oben, Variante zwei). Kazim ist kein Stürmer auf den seine Mitspieler lange hohe Bälle spielen können. Wenn er aber einen „falschen Neuner“ spielt und sich zurückfallen lässt, während Yilmaz und Turan als Flügelstürmer für Gefahr sorgen, wäre dieser Sturm nicht leicht unter Kontrolle zu bekommen. Trabzonspor-Stürmer Yilmaz spielte letztes Jahr eine hervorragende Saison und belegte mit 19 Toren hinter dem Brasilianer Alex Rang zwei in der Torschützenliste.

FAZIT

Die Schwächen der türkischen Nationalmannschaft sind am ehesten in der Innenverteidigung zu finden, da diese nicht eingespielt ist und heuer über wenig Spielpraxis verfügt. Ansonsten besteht besonders das Mittelfeld aus zahlreichen technisch erstklassigen Spielern, die Eins-gegen-Eins-Situationen hervorragend lösen können. Gegen Kasachstan erwischte die Mannschaft zwar einen unglücklichen Spielverlauf (ein verschossener Elfmeter und ein aberkanntes Tor), es wurden jedoch auch einige weitere Schwächen sichtbar. Der Sturm hing in der Luft und die Mannschaft stand zu weit auseinander. Die Laufbereitschaft der Spieler war des Weiteren ebenfalls suboptimal. Dieser knappe Sieg dürfte die Mannschaft aber wachgerüttelt haben und die Spieler werden vermutlich mit einer professionelleren Einstellung in die heutige Partie gehen. Der Manipulationsskandal und die damit verbundene Verschiebung der türkischen Meisterschaft belasten zumindest die Spieler, die in der türkischen Liga ihr Geld verdienen. Das Schlüsselduell dieser Partie wird das Duell zwischen Florian Klein und Arda Turan sein.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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