Personalrotation gegen Bosnien? Diese Spieler könnte sich Marcel Koller genauer ansehen
Nationalteam 30.März.2015 Alexander Semeliker 1
In der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 ist Halbzeit. Das österreichische Nationalteam lacht nach dem 5:0-Auswärtssieg in Liechtenstein mit 13 Punkten ungeschlagen von der Spitze. Ein wichtiger Baustein dafür ist die große Kontinuität, die Marcel Koller eingeführt hat. Im Freundschaftsspiel gegen Bosnien und Herzegowina dürfte er aber etwas rotieren.
Seine Idee, so der ÖFB-Teamchef bei der Pressekonferenz nach der Rückkehr aus Vaduz, sei es, „dass wir uns den ein oder anderen Spieler in unseren Reihen genauer ansehen.“ Wir werfen im Rahmen dieses Artikels einen Blick auf ein paar Akteure, die der Schweizer ins Auge fassen könnte.
Verkannter Verteidigertyp ohne Einsatzchancen im ÖFB-Team
Naheliegend ist es, dass Koller Spielern Einsatzzeit gibt, die aufgrund der auf ihrer Position einzementierten Hierarchie in Pflichtspielen kaum Chancen auf Spielminuten haben. Dazu gehört unter anderem Kevin Wimmer. Der 22-Jährige etablierte sich nach dem Aufstieg beim 1. FC Köln auch in der Bundesliga und es gibt Gerüchte, dass er zu Tottenham wechseln könnte. Im ÖFB-Team gibt es für ihn trotz starker Leistungen auf Klubebene aber kein Vorbeikommen an Aleksandar Dragovic und Martin Hinteregger, die sich perfekt ergänzen.
Während Hinteregger ein sehr antizipationsstarker und taktisch intelligenter Verteidiger ist, ragt Dragovic mit seinem breiten individuellen Fähigkeitenprofil heraus. Er ist wendig, physisch stark und beißt sich regelrecht an seinen Gegenspieler fest, sodass er seine taktischen Mängel weitestgehend verschleiern kann. Wimmer hingegen ein Innenverteidiger, der eher unscheinbar ist. Er hat eine gute strategische Entscheidungsfindung, die oft aber untergeht, weil sie eher selten in Balleroberungen mündet. Ein berühmter Vertreter dieses Verteidigertyps ist Mehdi Benatia vom FC Bayern München.
Bitterer Ausfall für Kavlak
Ein Spieler, der in dieser Partie wohl sicher zum Einsatz gekommen wäre, ist Veli Kavlak. Der Besiktas-Legionär steht aber aufgrund von Problemen an der Schulter nicht zur Verfügung. In der Hierarchie rutschte er zuletzt etwas ab, musste beim 1:0-Sieg gegen Russland von der Bank aus zusehen, obwohl mit David Alaba und Julian Baumgartlinger das Stammduo im defensiven Mittelfeld ausfiel. Nachdem Christoph Leitgeb den aktuellen Lehrgang verletzungsbedingt verpasst, wäre es eine gute Möglichkeit gewesen, sich aufzudrängen.
Alibieinsatz für Ilsanker?
Ebenfalls zum Stammkader im defensiven Mittelfeld zählt seit geraumer Zeit Stefan Ilsanker, der aber mehr oder weniger konkurrenzlos ist um die Backupposition für den defensiven Part der Doppelsechs. Für ihn wird es vielmehr darum gehen, sich besser an die Strukturen im ÖFB-Spiel zu gewöhnen. Im Spiel gegen Russland ließ er sich beispielsweise viel zu stark fallen im Aufbau, sodass es große Staffelungsprobleme gab und der Gegner ein Übergewicht auf der Zentralachse hatte. Außerdem könnte ihm ein Einsatz wieder einen formmäßigen Auftrieb geben. Bei Red Bull Salzburg ließ Ilsanker nämlich in den letzten Spielen seine Konstanz – die Stärke des 25-Jährigen – vermissen.
Wird Sabitzer eine dauerhafte Alternative?
Mehr Raum für Spekulationen würde ein Einsatz von Marcel Sabitzer geben. Dieser könnte sich nämlich als Option für den Stammplatz am rechten Flügel empfehlen. Der 21-Jährige spielt bei Red Bull Salzburg eine enorm starke Saison und entwickelte sich vor allem im taktischen Bereich weiter. Er passt sich verstärkt an die Situation an und trifft abhängig davon dann die passende Entscheidung. Früher versuchte er oft zu stur sein Bewegungsspiel durchzusetzen.
Im ÖFB-Team gehört Sabitzer zu den Spielern, die am ehesten eingewechselt werden. Der nächste Schritt wäre ein Platz in der Startelf. Gegen Moldawien bekam er zuletzt die Chance dazu, wurde aber kaum eingebunden. Gegen Liechtenstein war er nach seiner Einwechslung hingegen auffällig, bewegte sich gut einrückend im Zwischenlinienraum. Vom Spielertyp sind Sabitzer und Martin Harnik gar nicht so unterschiedlich, die situationsflexiblere Spielweise und Entwicklungsfähigkeit des Bullen könnten aber mittelfristig den Ausschlag im Duell um den rechten Flügel geben.
Gibt es eine neue Hierarchie im Sturm?
Die Situation im Angriff ist eine interessante. Vor gar nicht allzu langer Zeit galt sie als große Baustelle, da die vorhandenen Alternativen entweder Legionäre waren, die bei ihren Klubs kaum Einsatzzeit hatten, oder Spieler aus der österreichischen Liga, die international nicht aufzeigen konnte. Mittlerweile hat sich diese Situation entspannt. Marc Janko ist mehr oder weniger wieder die erste Wahl, bewies gegen Liechtenstein einmal mehr seinen Torriecher und, dass er ein guter Pressingstürmer ist, wenn die Wege nicht zu lang sind.
Hinter dem Syndey-Legionär konnte Rubin Okotie mit seinen Siegtreffern gegen Montenegro und Russland Pluspunkte sammeln, darf sich darauf aber nicht ausruhen. Mit Marco Djuricin gibt es nämlich schon den nächsten Herausforderer. Der 22-Jährige schaffte es, gemessen an Kollers bisherigem Maßstab, sehr schnell in den Kader und kam gegen Liechtenstein bereits zum Einsatz. Djuricin kann verschiedene Aufgaben übernehmen, denn er ist sowohl körperlich als auch technisch stark und beweist bei Salzburg nun auch, dass er kombinationsstark ist. Gegen Liechtenstein harmonierte er besonders mit Klubkollege Sabitzer gut.
Aufholbedarf hat er jedoch noch im Spiel gegen Ball, was wiederrum die große Stärke von Lukas Hinterseer ist. Dieser war der Aufsteiger des letzten Jahres und fand sich auf Anhieb auch in der zweiten deutschen Bundesliga zurecht. Im Nationalteam musste er sich im Kampf um den Janko-Platz im Herbst Okotie geschlagen geben und muss nun aufpassen, dass er nicht gänzlich aus dem Kader herausfällt. Ein weiterer Pluspunkt des Ingolstadt-Legionärs: er kommt auch für die Rolle von Zlatko Junuzovic infrage.
Wer wird der Backup für links hinten?
Die Außenverteidigerpositionen verursachten bei vielen Fans in der Vergangenheit ebenfalls Bauchschmerzen, doch auch dort hat sich die Situation mittlerweile entspannt. Rechts hinten etablierte sich Florian Klein, links zeigt Christian Fuchs als Kapitän eine in der Prä-Koller-Ära ungekannte Konstanz. Deshalb hat der Teamchef im Länderspiel die Möglichkeit, den jeweiligen Ersatzleuten Einsatzzeit zu geben. Rechts ist György Garics quasi konkurrenzlos, links hinten könnte es in den nächsten Monaten aber eine Veränderung geben.
Koller nominierte für den aktuellen Lehrgang nämlich drei Linksverteidiger: neben Fuchs noch Markus Suttner und Andreas Ulmer, was ein Indiz für die genannte These sein dürfte. Der Austrianer stagnierte in seiner Entwicklung seit dem Meistertitel, während Ulmer bei Red Bull Salzburg Leistungen auf konstant gutem bis sehr gutem Niveau zeigt – auch international. Nun musste sich der 29-Jährige zwar verletzt abmelden, dennoch könnte das Spiel gegen Bosnien für Suttner vielleicht die letzte Chance sein, seinen Kaderplatz zu rechtfertigen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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