Statistikanalyse: So viel Zeit verbrachten die ÖFB-Teamspieler in Österreich
Nationalteam 24.März.2016 Alexander Semeliker 0
Am Montag erfolgte für das österreichische Nationalteam der Startschuss für die Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Frankreich. Im Kader für die ersten beiden Testspiele steht dabei nur ein einziger Spieler aus der österreichischen Bundesliga. Doch sagt das wirklich etwas über die Qualität der heimischen Liga aus?
Neben der hohen personellen Kontinuität kann gibt es eine weitere Entwicklung, die man seit der der Bestellung von Marcel Koller zum ÖFB-Teamchef erkennen kann: die Legionäre nehmen bei den Einberufungen einen immer größeren Anteil ein. Was auf den ersten Blick wie ein weiteres vernichtendes Urteil für die österreichische Bundesliga wirkt, kann aber auch auf eine andere Weise interpretiert werden.
Alternative Sichtweise auf die Bundesliga
Eine einfache Milchmädchenrechnung: wenn immer die gleichen Spieler ins ÖFB-Team einberufen werden, die Quote an Legionären aber größer wird, bedeutet das, dass Nationalspieler von der heimischen Liga ins Ausland wechseln. Berücksichtigt man die positive Entwicklung des ÖFB-Teams, dann lässt das in weiterer Folge den Schluss zu, dass die entsprechenden Akteure in der österreichischen Bundesliga ebenfalls besser wurden. Ausgehend von dieser Überlegung sehen wir uns im Folgenden ansehen, wie lange die ÖFB-Teamspieler hierzulande aktiv waren.
Stichprobenumfang und Methodik
Berücksichtigt werden alle Spieler, die unter Koller mindestens fünf Einsätze hatten oder im Laufe der abgelaufenen EM-Qualifikation in den Kader einberufen wurden. Insgesamt umfasst diese Stichprobe 34 Spieler, die zum Großteil noch immer mindestens zum erweiterten Kader zählen. Lediglich Emanuel Pogatetz, der von Koller 15-mal eingesetzt wurde, fällt wohl mit Sicherheit aus diesem Topf heraus.
Die Datengrundlage bildet die Einsatzzeit der Spieler in Profiligen. Der Einfachheit halber wird dies durch die Anzahl an Spielminuten in der höchsten und zweithöchsten Spielklasse eines Landes definiert. Diese Einsatzzeit wird in drei Kategorien verteilt: österreichische Bundesliga, Erste Liga und ausländische Ligen. Außerdem gibt es bei der Auswertung eine weitere Unterteilung in Spieler, die lediglich im Kader standen, und solchen, die mindestens fünf Länderspiele unter Koller bestritten. Quelle für die Daten ist transfermarkt.at.
Absolute Einsatzzeit in der Bundesliga
In der nachstehenden Grafik sind die Ergebnisse für die absolute Einsatzzeit der Teamspieler in der österreichischen Bundesliga zu sehen. Aufgetragen ist jeweils der prozentuale Anteil an Spieler, auf die das jeweilige Kriterium zutrifft. Man erkennt dabei einen leicht nichtlinearen Zusammenhang. Der Spieleranteil sinkt bei gleichbleibender Steigerung der Einsatzzeitgrenze nicht im selben Maße.
Von den 34 hier betrachteten Spielern standen 21 (also 61,8%) mindestens 5.000 Minuten in der österreichischen Bundesliga am Rasen. Exakt die Hälfte aller Spieler absolvierte zudem mindestens fünf Spieler unter Teamchef Koller. Erhöht man die Grenze wird der Anteil naturgemäß immer kleiner, da die heimischen Klubs schlicht nicht die Möglichkeit haben, dermaßen gut entwickelte Spieler zu halten. Nur sechs Spieler können mindestens 15.000 Bundesligaminuten – das entspricht mindestens 167 Einsätzen – vorweisen und nur ein einziger, Christoph Leitgeb, steht über der 20.000er-Marke.
Auf der anderen Seite gibt es auch fünf Spieler, die ihre Schuhe überhaupt nie für einen österreichischen Bundesligaklub schnürten: David Alaba, Marko Arnautovic, Martin Harnik, Kevin Wimmer und Andreas Weimann. Die restlichen Spieler, die unter die 5.000-Minuten-Grenze fallen sind hauptsächlich Spieler, die aufgrund ihres Potenzials rasch wechselten – zum Beispiel Julian Baumgartlinger und Sebastian Prödl – oder schlicht überraschend schnell einberufen wurden – zum Beispiel Valentino Lazaro, Philipp Schobesberger und Marco Djuricin. Letztere fallen jedoch aus dem 5+-Spiele-Raster.
Relative Einsatzzeit in Österreich
Zieht man die absolute Anzahl an Einsatzminuten als Maßstab heran, so bekommt man ein Gefühl, welchen Entwicklungsanteil die österreichische Liga hatte. Allerdings bedeutet eine hohe Anzahl an Einsatzminuten in der Bundesliga nicht zwingend, dass der entsprechende Spieler ein unbeschriebenes Blatt im Ausland ist. Zlatko Junuzovic und Markus Suttner hatten zum Zeitpunkt ihrer Wechsel beispielsweise in etwa dieselbe Anzahl an Bundesligaminuten am Konto. Während erster aber bereits seit Jahren fixer Bestandteil in der deutschen Bundesliga ist, zog letzterer erst im letzten Sommer nach. Aus diesem Grund folgt nachfolgend eine weitere Auswertung.
Als Kriterium wird hier der Anteil der Profiligaminuten, den die Spieler entweder in der ersten oder zweiten österreichischen Liga erzielten, herangezogen. Vereinfacht gesagt, lässt sich damit herausfinden, wie viel Prozent seiner Karriere ein Spieler bisher in Österreich verbrachte. Auffällig ist, dass Quoten nun merkbar höher sind als in der Grafik zuvor. So absolvierte jeder Fünfte ÖFB-Kaderspieler seine gesamte Profiligaspielzeit in der österreichischen Bundesliga. Das bedeutet allerdings nicht, dass er die gesamte Zeit über auch bei einem österreichischen Klub unter Vertrag gestanden ist – siehe Heinz Lindner.
Die Zahl der Spieler, die die „niedrigste“ Hürde nicht nehmen, ist mit sechs durchaus überschaubar, wobei es hier eine klare Trennung gibt. Prödl (23%) und György Garics (23,8%) sind nämlich recht knapp an dieser Grenze, während Arnautovic, Harnik und Weimann nie für einen österreichischen Erst- oder Zweitligisten aufliefen. Wimmer kann bekanntlich eine Saison als Erste-Liga-Stammspieler beim LASK vorweisen und Alaba machte als 15-Jähriger fünf Partien für die FAK-Amateure, ehe er zum FC Bayern wechselte.
Alexander Semeliker, abseits.at
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