Wenn am Dienstag um 16 Uhr der Pfiff zum Ankick in Erewan ertönt, treffen nicht nur Armenien und Österreich in einem U21-EM-Qualifikationsspiel aufeinander, sondern... U21-EM-Qualifikation: So knackt Österreich Armenien

Wenn am Dienstag um 16 Uhr der Pfiff zum Ankick in Erewan ertönt, treffen nicht nur Armenien und Österreich in einem U21-EM-Qualifikationsspiel aufeinander, sondern auch zwei Fußballwelten.

Auf der einen Seite ein Land mit nur zehn Fußballvereinen und zwei Ligen, auf der anderen Seite ein Stammgast bei Europameisterschaften der Jugendnationalteams. Die Favoritenrolle liegt zwar bei Österreich, doch unterschätzen sollte die Gregoritsch-Elf den aktuellen Überraschungstabellenführer der Quali-Gruppe nicht. Mit sieben Punkten führt Armeniens U21 die Gruppe an, neben zwei Favoritensiegen gegen Gibraltar gelang der Kaukasusrepublik auch ein überraschendes Auswärtsremis in Russland. Lediglich bei der 0:3-Heimschlappe gegen Mazedonien ging der Plan von Trainer Artur Voskanyan gar nicht auf.

Aber auch nach dem 1:0-Heimsieg gegen Gibraltar fand der Trainer einige kritische Worte. „Ich denke, dass die Fitness der Spieler nicht zufriedenstellend ist. Deshalb haben wir es nicht geschafft, schneller zu spielen. Die Gründe dafür sind das niedrige Niveau in der heimischen Meisterschaft und die individuellen Fähigkeiten der Spieler. Wir haben technisch starke Spieler, aber auf diesem Niveau müssen sie schneller spielen. Wenn der Gegner fast mit dem ganzen Team verteidigt, ist es wichtig, alles schnell zu machen“, zeigte sich der 41-Jährige nicht zufrieden.

Neben den verletzten Mittelfeldspielern Alik Arakelyan, Alexander Hovhannisyan und Hakob Hakobyan fehlt den Armeniern auch Innenverteidiger Hayk Sargsyan gelbgesperrt. Außenverteidiger Robert Hakobyan musste gegen Gibraltar schon nach 30 Minuten verletzt ausgetauscht werden, sein Einsatz ist fraglich. „Meiner Meinung nach ist es nichts Ernstes und er wird bereit sein für das nächste Spiel“, hofft der Coach auf einen Einsatz des 20-Jährigen. Damit es gegen Österreich mit einem Punktgewinn klappen kann, ist eine solide Defensivleistung vorauszusetzen. Allerdings ist die Personaldecke gerade dort bei den Armeniern sehr dünn. So könnte etwa Niederlande-Legionär Gor Agbaljan gemeinsam mit Deutschland-Legionär Ruben Pilumyan und Abwehrchef Artur Kartashyan eine Dreierkette bilden. In der Offensive sieht die Sache schon wieder anders aus. Die beiden „nächsten Mkhitaryans“ Hayk Galstyan und Vahan Bichakhchyan sollen für Wirbel sorgen. Unterstützt vom wiedergenesen Spielmacher Petros Avetisyan. Denkbar ist, dass Armenien gegen Österreich in einem 5-4-1 beginnt und dabei sogar ohne echten Mittelstürmer spielt. Bichakhchyan nahm in der bisherigen Quali schon mehrmals die Rolle als „falsche Neun“ ein.

Im letzten Spiel gegen Gibraltar trat Armenien in einer durchaus offensiven Ausrichtung auf. Eine starre taktische Formation wäre schon allein aufgrund der Personalsituation schwierig zu finden gewesen.

Zu Beginn formierte sich die Voskanyan in einem 4-1-4-1, Ruben Pilumyan agierte dabei als abkippender Sechser und die beiden Flügelspieler hielten ihre Positionen. Mit Fortdauer der Partie traute sich Armenien im Ballbesitz mehr zu, die Außenverteidiger rückten auf, Pilumyan ließ sich zwischen die beiden Innenverteidiger fallen und spielte situativ in einer Dreierkette. Während es Hovhannes Ilangyozyan auf die halb-linke Position im zentralen Mittelfeld zog und die Außenbahn für Zhirayr Margaryan dabei frei war, unterstütze Vahan Bichakhchyan seinen Kollegen Grigor Aghekyan im Sturm. Sowohl Erik Vardanyan als auch Petros Avetisyan sind im Normalfall offensive Mittelfeldspieler oder auch zeitweise am Flügel zu finden. Gegen Gibraltar bekam das Duo in der Zentrale auch viele Defensivaufgaben zugeteilt und fungierten als Ballverteiler zwischen Defensive und Offensive. Vardanyan übernahm dabei immer wieder sogar den Part als Solo-Sechser.

Nach der Verletzung von Hakobyan musste Artur Voskanyan sein System ein wenig umbauen. Der „Wing-Back“ konnte nicht positionsgetreu ersetzt werden, so entschied sich der Trainer für eine Offensivvariante. Er brachte Hayk Galstyan neu ins Spiel und stellte Ilangyozyan auf die rechte Außenbahn. Das änderte die Spielanlage insofern, als dass nun mit Galstyan und Bichakhchyan gleich zwei kreative und technisch äußerst beschlagene Spieler hinter Aghekyan für Wirbel sorgten.

Eine wichtige Rolle im Spielaufbau nahm zweifelsfrei Debütant Pilumyan ein. Seine Spielverlagerungen und Laufwege waren jedoch immer wieder ein Stück zu spät. Abstimmungsprobleme, sie seien ihm verziehen. Nach der Pause übernahm Gor Agbaljan diese Rolle. Angedacht war auch schon vor dem Wechsel eine ständige Rochade zwischen Dreier- und Viererkette. Vor allem in Pressingsituationen waren Avetisyan und Pilumyan gefordert jeweils eine Reihe nach vorzuschieben, während Galstyan beziehunsgweise Bichakhchyan hier auch mehr Druck auf die Außenbahnspieler auszuüben versuchten. Dies brachte auch mit sich, dass Ilangyozyan immer wieder in die für ihn ungewohnte Rolle als Außenverteidiger gedrängt wurde. Sollte Hakobyan das Spiel gegen Österreich verpassen, dürfte allerdings dessen Klubkollege David Terteryan und nicht Ilangyozyan als Rechtsverteidiger beginnen.

Das einzige Tor des Spiels fiel durch einen Elfmeter. Avetisyan verwertete nachdem Galstyan im Strafraum gefoult wurde. Ein wenig sinnbildlich für das Spiel und den Kader. Aus Standardsituation wurde Armenien immer wieder gefährlich, Eins gegen Eins-Situation sind vor allem gegen Galstyan und Bichakhchyan zu meiden. Besonders in Strafraumnähe. Obwohl Armenien offensiv in diesem Spiel nicht sonderlich überzeugte, reichte es für drei Punkte. Defensiv funktionierte das Konzept gut. Ein entscheidender Nachteil, abgesehen davon, dass gegen Österreich eine uneingespielte Abwehr aufläuft, ist auch die körperliche Komponente. Kaum ein Defensivspieler ist größer als 1,85. Stürmer wie Marko Kvasina oder Arnel Jakupovic können in Luftduellen wohl lediglich von Kartashyan gestoppt werden. Im zentralen defensiven Mittelfeld fehlten gegen Gibraltar sowohl Stamm-Kapitän Narek Aslanyan, der im Verein zuletzt als Zehner spielte, sowie Vahagn Hayrapetyan (Körpergröße: 1,72m). Besonders bei Standardsituationen für Österreich sind Defensivprobleme vorprogrammiert. Obwohl Armenien drei Mal „zu Null“ spielte, ist die Abwehr wie man auch gegen Mazedonien sah, nicht unbedingt das Aushängeschild des Teams. Österreich muss und wird sich die Schwächen der Armenier zu Nutze machen, um schließlich auch drei Punkte aus dem 1500 Zuschauer fassenden Avan Academy Stadion entführen zu können.

Marcel Yildiz, abseits.at

Marcel Yildiz

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