0:1 gegen Pasching und Cup-Aus: Selten zuvor spielte Rapid schlechter, Schöttel endgültig gescheitert
Sonstiges 17.April.2013 Daniel Mandl 3
Der SK Rapid Wien erreichte mit der 0:1-Heimniederlage gegen den FC Pasching einen neuen Tiefpunkt. Die Cup-Niederlage gegen den aktuellen Tabellenführer der Regionalliga Mitte wird wohl als eines der schlechtesten Rapid-Spiele aller Zeiten in die mittlerweile 114-jährige Vereinsgeschichte eingehen. Rapid hatte gegen den drittklassigen Klub keine einzige zwingende Torchance…
Peter Schöttel entschied sich für das etatmäßige 4-2-3-1-System, stellte jedoch Pichler neben Gerson in die Innenverteidigung und brachte Heikkinen und Kulovits als Doppelsechs. Dies ist eine Konstellation, die grün-weiße Fans bereits seit zwei Jahren in der Endphase der Pacult-Ära kritisierten, zumal sie in keinster Weise für schnelles Umschaltspiel von Defensive auf Offensive, oder kreativen Spielaufbau steht.
Change a winning team?
Ein Blick auf die Bank verwunderte zunächst. Dort saßen Akteure wie etwa Trimmel oder Burgstaller – Wydra und Sonnleitner bekamen eine Pause. Klar spielt Rapid derzeit allgemein schwach, was Personalrochaden logisch erscheinen lässt. Aber die siegreiche Startelf vom Spiel gegen Wiener Neustadt wurde von Schöttel an vier Positionen geändert und im Laufe der Partie schließlich doch durch die Einwechslungen von Burgstaller, Trimmel und Grozurek aufgefettet. Das Resultat der hilflosen (Ein-)Wechselpolitik Schöttels: Auf dem Platz standen am Ende vier nominelle Flügelspieler, in der Mitte gab es keine Abnehmer und ein inferiorer Stefan Kulovits musste als alleiniger Sechser für den Spielaufbau sorgen.
Novota Rapids Bester, Pasching klar überlegen
Es war Jan Novotas Verdienst, dass Rapid überhaupt so lange im Spiel blieb. Das desolate Dargebotene der Feldspieler und Schöttels völlig konzeptloses Taktikroulette, in dem man einmal mehr die fehlenden Automatismen auf nahezu allen Feldpositionen beobachten konnte, sorgten dafür, dass Rapid gegen Pasching zu keiner einzigen zwingenden Torchance kam. Am Ende hieß das Torschussverhältnis 2:9 aus Sicht Rapids, die Statistik der Torversuche entschied Pasching mit 14:5 für sich.
Weiterhin kein Selbstvertrauen und fürchterliche Körpersprache
Dass sich die Spieler schwer taten, aus der konfusen Spielidee des Trainers Zählbares zu schaffen, ist eine Sache. Die andere Sache ist jedoch das Auftreten einzelner Spieler. Trotz des 2:0-Sieges über Wiener Neustadt war kein Funken Selbstvertrauen sichtbar. Die Körpersprache der Akteure sprach Bände und auf dem Platz war es viel zu ruhig – was man aufgrund der mageren Kulisse von knapp 3.500 Zuschauern auch auf den Rängen belauschen durfte. Einzig Jan Novota bemühte sich, seine Vorderleute wachzurütteln. Novotas Vorteil: Er holte sich im Laufe der ersten Halbzeit mit vier tollen Paraden das Selbstvertrauen, das seine Kollegen auf dem Feld sich nicht zu erarbeiten wussten. Spieler wie der orientierungslose Gerson, der unentwegt trabende Boyd oder der technisch bedenklich schwache Kulovits zogen den Groll des Publikums auf sich. Diese Spieler seien jedoch nur stellvertretend für die gesamte, indiskutabel auftretende Rapid-Elf genannt.
Pasching gewinnt zweite Bälle, Zweikämpfe und bewegt sich gut ohne Ball
Die Rapid-Spieler schlichen über den Platz wie geprügelte Hunde und ließen sich von Pasching vor allem in „kleinen“ Situationen die Schneid abkaufen. Die Oberösterreicher erkämpften sich viel mehr zweite Bälle, gewannen die Zweikämpfe im Mittelfeld aufgrund ihrer höheren Grundaggressivität und selbst das Umschaltspiel funktionierte beim Drittligaklub besser. Zudem zeigte Pasching große gruppentaktische Cleverness im Flügelspiel, was Rapid immer wieder vor Probleme stellte und Pasching Überzahlsituationen einbrachte. Würde Rapid an den Flügeln dieselbe Aktivität ohne Ball an den Tag legen wie der Regionalliga-Tabellenführer, wäre das Schöttel-Team schon einen großen Schritt weiter…
Halbherziges Umschaltspiel von Defensive auf Offensive
In der Mittelfeldzentrale und im Umschaltspiel war Rapid gegen den ehemaligen Bundesligaklub gar überfordert. Der Spielaufbau durch die Mitte funktionierte einmal mehr nur selten, speziell wenn Kulovits oder später Pichler von der offensiven Dreierreihe der Paschinger früh und vor allem mannschaftlich geschlossen gestört wurde. Für die wenigen direkten Momente im Spielaufbau sorgten die Außenverteidiger Katzer und Schimpelsberger, sowie der in der zweiten Halbzeit aktivere Sabitzer. Alarmierend war das Verhalten Rapids bei Ballgewinnen im eigenen Strafraum: Nicht nur in der ersten, sondern auch in der zweiten Halbzeit schalteten oft nur vier bis fünf Spieler ab dem eigenen Strafraum von Defensive auf Offensive um, während Pasching binnen kürzester Zeit mit acht Feldspielern hinter den Ball kam. Anstatt das Heft in die Hand zu nehmen, trabten die Grün-Weißen über den Platz und verließen sich auf den (ausgebliebenen) Genieblitz eines Kollegen.
Nackte Angst und wenig Charakter
Rapid präsentierte sich als Mannschaft, in der jeder Spieler Angst hatte, einen Fehler zu begehen. Die Verantwortung wurde weitergegeben, kein einziger Spieler verlieh dem Spiel Rapids über längere Zeit Esprit oder Spielwitz. Vor allem aber spielte Rapid wie eine Mannschaft, die nicht vor wenigen Tagen den ersten, befreienden Sieg nach langer erfolgsloser Zeit einfuhr. Das Argument des bitter notwendigen Erfolgserlebnisses als Selbstvertrauensimpfung hält nicht, wenn Rapid nur wenige Tage danach gegen einen unterklassigen Gegner eines der schlechtesten Spiele der Vereinsgeschichte abliefert. Eine Mannschaft, die sich aufbäumt, sich aus einer Krise befreien will, zum Trainer steht oder schlichtweg Charakter hat, hätte von Minute 1 bis zu Minute 90+ eine völlig andere Herangehensweise an dieses wichtige Spiel an den Tag gelegt.
Schöttel stellte dieses Team zusammen – und nicht mal für wenig Geld!
Schöttel erklärte nach dem Spiel im Interview völlig konsterniert, dass er speziell die erste Halbzeit nicht verstanden hätte. Abgesehen von seinen eigenen Fehlern, der blutleeren Darbietung seiner Mannschaft und der Unwilligkeit bissigen Paschingern zumindest kämpferisch alles entgegenzusetzen, muss Schöttel verstehen und einsehen, dass dies die Truppe war, die er sich über fast zwei Jahre zusammenstellen durfte. Durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Fußballer, keine Typen, ein unausgewogener Kader und keinen einzigen Spieler, der sich für höhere Aufgaben zu empfehlen versucht. Und das alles zu einem Gesamtpreis, der sich in derselben Region bewegt wie die letzten beiden Meistermannschaften Rapids!
Schöttel gescheitert
Peter Schöttel ist als Rapid-Trainer gescheitert und kann das Ruder nach der gestern gebotenen sportlichen Bankrotterklärung nicht mehr herumreißen. Die Hauptschuld am kurzfristigen Scheitern Rapids tragen die Spieler – doch Schöttel ist es, der diesen unzulänglichen Kader ohne polarisierende Individuen zusammenstellte. Konsequenzen sind daher beim größten Fußballklub des Landes unabdingbar.
Krisensitzung
Heute findet eine Krisensitzung in Wien-Hütteldorf statt. Als vor etwa einem halben Jahr scharfe öffentliche Kritik gegen den Verein, auch von abseits.at, laut wurde, konnte sich Rapid dank schneller personeller Reaktionen (Schulte, Sabitzer, Boskovic) und der guten Rhetorik des Präsidenten kurzfristig wieder entfesseln. Die fadenscheinigen Erklärungsversuche auf Manager- und Präsidiumsebene hinterließen jedoch Misstrauen bei den Fans. Die Vertrauenskluft wurde immer größer, Rapid wurde genauer beobachtet, die Handlungen der Verantwortlichen stärker hinterfragt.
Aktion statt Reaktion
Auch wenn Präsident Edlinger und Sportdirektor Schulte als Personen gelten, für die Kontinuität und Loyalität das höchste Gut sind (was grundsätzlich positiv zu bewerten ist), erfordert die aktuelle Situation dringend Taten. Wurschtelt sich Rapid weiter durch die Saison, verlieren sämtliche Verantwortliche auch noch den letzten Funken an Glaubwürdigkeit. Bei der heutigen Krisensitzung muss es also eine Reaktion von höchster Ebene geben. Und danach sollte die lethargische, aber in Hütteldorf seit vielen Jahren gelebte „Reaktionsmentalität“ ein Ende haben. Rapid darf nicht immer erst nach haarsträubenden Spielen oder Fanprotesten reagieren, sondern selbständig und unabhängig von seiner Umwelt agieren. Um den totalen Crash im Klub zu verhindern, ist ein „Domino Day“ vor dem Wiener Derby am Sonntag daher dringend zu empfehlen.
SK Rapid Wien – FC Pasching 0:1 (0:0)
Gerhard-Hanappi-Stadion | 16.April 2013, 18:00 Uhr | 3.450 Zuschauer | Schiedsrichter Kollegger
SK Rapid Wien: Novota; Schimpelsberger, Gerson (31. Burgstaller), Pichler, Katzer; Heikkinen, Kulovits; Schaub (59. Trimmel), Boyd (74. Grozurek), Sabitzer; Alar.
FC Pasching: Berger; Kerschbaumer, Grasegger, Kablar, Prettenthaler; Perchtold, Krammer; Schobersberger (85. Blutsch), Sobkova (89. Mössner), Kovacec (83. Hamdemir); Casanova.
Tor: 0:1 (61.) Casanova
Gelbe Karten: Katzer, Pichler, Kulovits, Alar; Krammer, Grasegger.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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