Am Tag der Arbeit und gleichzeitigem Feiertag in Österreich, hatten die zwei Mannschaften von Red Bull Salzburg und Rapid Wien viel Arbeit und eine große Herausforderung vor sich, denn es stand das österreichische Cupfinale in Klagenfurt an. Nachdem Salzburg die Gelegenheit verpasste, am vergangenen Wochenende frühzeitig Meister zu werden, hatte man nun die Chance, dafür einen anderen Titel einzuheimsen, welchen Erfolgstrainer Marco Rose noch nicht erringen konnte. Auf der anderen Seite standen für Rapid einige Millionen auf dem Spiel, denn mit einem möglichen Cupsieg, hätte man sich den Fixplatz für die Europa League-Gruppenphase gesichert und damit den einfachsten Weg zur Europacup-Teilnahme genommen. Aber darüber hinaus wollte man mit den eigenen Fans im Rücken auch den ersten Titel seit 2008 holen und diese lange Durststrecke endlich durchbrechen.
Rapid startet ambitioniert und gut organsiert
Im Vorfeld des Spieles, gab es bei der personellen Lage und den Aufstellungen nur einige wenige Fragezeichen. So musste bei Salzburg Kapitän Ulmer verletzungsbedingt passen, weshalb etwas überraschend Patrick Farkas dessen Position als Linksverteidiger einnahm, nachdem er in dieser Saison zum Teil verletzungsbedingt noch kein Spiel von Beginn an machen durfte. Die Bullen vertrauten dabei auf ihre üblich bevorzugte 4-3-1-2 Grundformation, wobei auf der Position des Achters Routinier Junuzovic den Vorzug vor dem Riesentalent Szoboszlai bekam. Auch bei Rapid gab es ein Fragezeichen auf der Position des Linksverteidigers, da Bolingoli am Wochenende verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste. Der Belgier meldete sich jedoch rechtzeitig fit und musste somit nicht ersetzt werden. Rapid-Trainer Kühbauer entschied sich gegen die Salzburger auf eine 4-2-3-1 Grundordnung zurückzugreifen, wobei er das Zentrum mit der Doppelsechs Grahovac und Ljubicic besetzte, währen Kapitän Schwab eine Etappe weiter vorne anzutreffen war.
Diese Entscheidung vom Trainer der Hütteldorfer war durchaus nachvollziehbar, denn gegen die offensivstarken und zentrumsorientierten Salzburg, galt es in erster Linie diese wichtige Region kompakt und eng zu halten, damit die Bullen nicht ihr übliches Spiel über diese Zone aufziehen konnten. Der Matchplan von Rapid sah dabei vor, bereits das Aufbauspiel der Salzburger so einzudämmen, damit diese Kompaktheit gar nicht herausgefordert werden konnte. Dafür verteidigte man in höheren Zonen in einem 4-4-1-1, wobei auf die beiden „ersten“ Verteidiger Pavlovic und Kapitän Schwab eine Sonderrolle zukam. Stürmer Pavlovic sollte sich beim gegnerischen Spielaufbau nämlich ausschließlich um die Innenverteidiger kümmern und diesen markieren, während Kapitän Schwab sich um den gegnerischen Sechser Samassekou kümmern sollte. Diese Vorgehensweise von Rapid kann man beim ersten Bild auch gleich erkennen:
Salzburg mit dem Spielaufbau, Rapid verteidigt aus einem klaren 4-4-1-1 heraus. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ramalho und Samassekou, die man mittels einer Manndeckung versucht aus dem Spiel zu nehmen. Gleichzeitig lauert Murg bereits auf den Pass auf Linksverteidiger Farkas, um aus seiner Position herauszurücken und den Gegenspieler unter Druck zu setzen.
Die Idee dahinter war recht simpel. Mit der Manndeckung, sollten der unheimlich aufbaustarke Ramalho und Sechser Samassekou aus dem Spiel genommen und der Spielaufbau auf die linke Seite der Bullen gelenkt werden. Man wollte dem anderen Innenverteidiger Onguene, der wesentlich größere Probleme im Spielaufbau hat, zu eben diesen zwingen, indem man ihn schlicht einfach offen und gewähren ließ und nicht attackierte. Darüber hinaus war auf der Position des Linksverteidigers mit Farkas ebenfalls nicht die übliche Besetzung da, weshalb man dahingehend auch weniger Sorgen hatte, diese Region etwas offener zu lassen, als es bei Ulmer der Fall gewesen wäre. Sobald dann Onguene den Ball zu seinem Nebenmann Farkas spielte, rückte Murg auf ihn heraus und sollte ihn stellen bzw. unter Druck setzen.
Und der Plan von Rapid ging auch genauso auf, wie man sich das vorstellte. Onguene agierte überaus vorsichtig und spielte meist nur in die Breite oder den hohen Ball nach vorne, während Farkas wenig Raum für seine Vorstöße nach vorne bekam und ebenfalls meist zu einem ähnlichen Muster wie sein Nebenmann greifen musste. Dadurch bekamen die Salzburger in ihrem Aufbauspiel keine klare Linie und auch kaum Ruhe hinein, weshalb man ungewöhnlich viele lange Bälle bei den Mozartstädtern sah. Das lag zu einem großen Teil an der guten Defensivstrategie von Rapid, aber auch an den schlechten Platzverhältnissen, da sich die Gefahr für Ballverluste dadurch exponentiell erhöhte. Davon profitierten vor allem die Rapid-Spieoler, da sie die hohen Bälle meist abfangen und unter die eigene Kontrolle bringen konnte, aber auch aggressiv ins Gegenpressing gingen und mutig nach vorne rückten, um den Druck auf den Gegner hoch zu halten.
Doch nicht nur dadurch erspielten sich die Wiener ein leichtes Übergewicht an Ballbesitz, denn auch in der Phase mit dem Ball, wählte man eine interessante Strategie aus. Dabei galt es vor allem die eigenen dribbelstarken Flügelspieler in Szene zu setzen, wobei man dahingehend auch einen unterschiedlichen Schwerpunkt legte. Schobesberger war vor allem im Umschaltspiel gefragt, wo er mit seiner Geschwindigkeit in die Tiefe starten sollte. Auf der anderen Seite sollte Murg eher spielerisch freigespielt und in eine Dribbling-Situation gebracht werden, um so in der Offensive für Gefahr zu sorgen und seine Qualitäten ins Spiel zu bringen. Um das zu bewerkstelligen, versuchte Rapid die linke Seite zu überladen und die Salzburger auf diese Seite zu locken, um dann schnell die Seite zu verlagern und den ballfernen Murg in Szene zu setzen. Daher kippte Mittelfeldspieler Ljubicic auch immer wieder auf die linke Seite ab und startete diesen Überladungsversuch, wie man das beim nächsten Bild sehen kann:
Rapid in Ballbesitz, Sechser Ljubicic weicht auf den linken Flügel aus (gelber Kreis) und man startet über diese Zone ein Überladungsversuch, um Salzburg anzulocken und sich über diese Region durch zu kombinieren, ehe man dann ballfern den breitstehenden Murg versucht in Szene zu setzen, damit dieser dann ins Dribbling starten kann.
Auch das klappte in der Anfangsphase einige Male recht gut und man fand speziell Kapitän Schwab immer wieder im Zwischenlinienraum, der dann die Seite verlagern und folglich Murg in Szene setzen konnte, der dann einige Eins-gegen-Eins-Situationenen vorfand.
Salzburg reagiert auf Matchplan von Rapid
Dem Trainerteam von Salzburg blieben die Probleme im eigenen Spiel natürlich nicht verbogen. Vor allem die vielen Ballverluste und unkontrollierten langen Bälle machte ihnen zu schaffen, weshalb Trainer Rose auf der Seitenlinie ziemlich gefordert war. Als erste Reaktionen ordnete man von draußen an, dass zunächst Junuzovic in den defensiven Halbraum abkippen sollte, während Linksverteidiger Farkas nach vorne schieben sollte. Damit wollte man das entstandene Loch in der Formation von Rapid ausnutzen und auch mehr spielerische Qualität in den eigenen Spielaufbau bringen:
Achter Junuzovic (gelber Kreis) lässt sich in den Halbraum zurückfallen, um Onguene in der Spieleröffnung zu entlasten und für mehr Linie und Ruhe zu sorgen, während Farkas nach vorne schiebt und Murg mitzieht.
Darüber hinaus ordnete man anschließend auch noch an, dass die beiden Innenverteidiger ihre Positionen tauschen sollten, um vermutlich einerseits zu sehen, wie Rapid darauf reagieren würde und andererseits Onguene in eine komfortablere Situation zu bringen, da er als halbrechter Innenverteidiger mit seinem rechten Fuß bessere Passwinkel zur Verfügung hat und den Ball auch leichter nach vorne führen kann. Rapid behielt die Strategie die eigene Defensivstrategie bei und Pavlovic wanderte mit Ramalho mit, um ihn nun halblinks zuzustellen.
Das Spiel der Bullen wurde dadurch wenn überhaupt nur minimal besser. Die meiste Zeit agierte man weiterhin recht fahrig und fehlerhaft, weshalb flüssige und saubere Pässe über mehrere Statioenn kaum zu sehen waren. Salzburg schien wesentlich mehr Probleme mit dem schlechten Geläuf zu haben, als es bei Rapid der Fall war und sie brauchten augenscheinlich länger, um sich auf die Gegebenheiten einzustellen. Die Hütteldorfer spielten wesentlich schnörkelloser und sauberer, kamen auch einige Male gefährlich ins letzte Drittel und brachten den Meister auch mal in Bedrängnis. Doch gemächlich arbeitete sich Salzburg immer mehr in diese Partie und vor allem der neue Linksverteidiger sollte sich vermehrt in den Vordergrund spielen.
Farkas legte mit Fortdauer seine Rolle in der Offensive nämlich immer attackierender aus und schob immer wieder bis in die letzte Linie des Gegners durch, wo er mit Tempo ins Dribbling ging und so über die Seite Druck machte. So war er auch für die erste Möglichkeit der Salzburger verantwortlich, als er nach diesem Muster zum Abschluss kam und den Ball neben das Tor setzte. Damit deutete er seine Gefährlichkeit an, ehe er sich später eine ähnliche Situation nicht entgehen ließ und mit seinem zweiten Abschluss seine Mannschaft in Führung brachte. Damit agierte Salzburg im Stile einer Spitzenmannschaft, denn obwohl man schlecht spielte und fahrig wirkte, reichte eine individuelle Situation aus, wo man die Führung erzielen und sich damit Luft verschaffen konnte. Für Rapid war das besonders bitter, war man doch gut im Spiel und bekam auch Zugriff auf den Gegner, den man mit dem eigenen Matchplan in Schach halten konnte.
Doch für die Hütteldorfer kam es sogar noch dicker. Keine zwei Minuten später, erhöhte Torjäger Dabbur für die Salzburger auf 2:0 und schockte damit die Wiener regelrecht. Gerade Dabbur spielte bei beiden Treffern eine Schlüsselrolle, denn seine kluge Positionierung gab letztlich den Ausschlag, mit dem man die Defensive von Rapid knacken konnte, wie man das bei den nächsten beiden Bildsequenzen sehen kann:
Szene vor dem 1:0, Dabbur lässt sich im richtigen Moment in den Halbraum fallen und wird von Sonnleitner nicht verfolgt, spielt dann den Ball technisch anspruchsvoll auf Farkas direkt weiter in den freien Raum, wodurch dieser vor Strebinger auftaucht und das Tor erzielt.
Szene im Vorfeld des 2:0, Schlager dribbelt diagonal ins Zentrum, Dabbur lässt sich erneut klug in den Halbraum zurückfallen und steht vollkommen frei, da Junuzovic Rechtsverteidiger Müldür bindet und Murg zu spät nach hinten umschaltet. Dabbur bekommt schließlich den Ball, leitet weiter auf Junuzovic und startet sofort in die Spitze durch, um dann den Flankenball von Junuzovic selbst zum 2:0 zu verwerten.
Es reichten also bereits diese Unachtsamkeiten aus, die die Bullen eiskalt bestraften. Für die Wiener hätte es sogar noch schlimmer kommen können, doch Gulbrandsen scheiterte alleine vor dem Tor und ließ diese Gelegenheit auf die Vorentscheidung liegen. So konnte sich Rapid für die gute halbe Stunde und mehr Ballbesitz wenig kaufen und man ging mit einem 0:2 Rückstand in die Kabine.
Salzburg verpasst Entscheidung, Rapid mit dem Mute der Verzweiflung
Nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit, wirkten die Salzburger im Ballbesitz wesentlich sicherer und sauberer, weshalb man in diesen Phasen nun insgesamt zielstrebiger wirkte. Die Frequenz an langen Bällen nahm deutlich ab und man konnte dadurch das Spielgerät länger in den eigenen Reihen halten, um damit auch das Spiel etwas zu beruhigen. Immer wieder versuchte man es dabei über die Flügelzonen und mittels Direktkombinationen für dynamische Durchbrüche zu sorgen, da die beiden Flügelspieler von Rapid in der Defensive bekanntlich so ihre Probleme haben, was ja bereits in der ersten Halbzeit aufgezeigt wurde.
Rapid auf der anderen Seite tat sich spielerisch schwer, die gut organisierte Abwehr der Salzburger auszuspielen und war dadurch in erster Linie auf Flanken aus dem Spiel oder nach Standardsituationen beschränkt. Dennoch konnte man auch mit diesem Mittel – dank der eigenen Kopfballstärke und den scharf angetragenen Flanken – einige Male für Gefahr sorgen, wo u.a. Müldür die Latte traf. Auf der anderen Seite kam auch Salzburg ebenfalls zu einigen guten Gelegenheiten, wo u.a. Dabbur aus kurzer Distanz an Strebinger scheiterte. Rapid erhöhte mit Fortdauer immer mehr das Risiko, brachte mit Knasmüllner auch eine zusätzliche Offensivkraft für Sechser Ljubicic und versuchte so, den Anschlusstreffer zu erzwingen, weshalb das Spiel auch etwas munterer wurde.
Man blieb allerdings spielerisch zu farblos und gegen die immer tiefer stehenden Bullen war es schwer, Lücken und Lösungen zu finden. So blieb man weiterhin überwiegend durch Standards gefährlich, wo man zwar durch Sonnleitner auch den Anschlusstreffer erzielte, dieser jedoch vom Schiedsrichter aberkannt wurde. Auf der anderen Seite vergab der eingewechselte Daka alleine vor dem Torhüter und setzte den Ball nur knapp daneben. Als es ganz so schien, als wäre die Partie entschieden, machte sie Torschütze Farkas wieder spannend, indem er sich kurz vor Schluss noch einen Platzverweis einfing. Doch auch in Unterzahl, hatten die Salzburger wenig Mühe, die Angriffsbemühungen der Wiener zu unterbinden und waren in erster Linie mit hohen Bällen in den Strafraum konfrontiert, die sie Verteidigen mussten. Da man bis zuletzt in der Strafraumverteidigung souverän blieb, konnte man das 2:0 trotz Unterzahl über die Ziellinie bringen und damit den österreichischen Pokal in die Höhe stemmen.
Fazit
Es war keine Glanzleistung der Salzburger in diesem Cupfinale und man hatte wesentlich mehr Probleme, als man es sich wohl gedacht hätte. Doch gerade in solchen Situationen zeigt sich auch die Klasse einer Mannschaft, dass man dennoch nur wenige Situationen braucht, um vorne ein Tor zu machen und sich damit Sicherheit zu holen. Im zweiten Durchgang traten die Bullen dann wesentlich selbstsicherer und sauberer auf, punkteten mit gefährlichen Umschaltaktionen über die Flügel und vor allem mit einer starken Strafraumverteidigung, womit man die Angriffsbemühungen des Gegners in Schach halten konnte. Letztendlich machte man es sich durch die eigene Chancenverwertung und der roten Karte selber etwas spannender als nötig, doch am Ende reichte es trotzdem für den Sieg und Trainer Marco Rose durfte zum Abschied noch einmal den österreichischen Pokal gewinnen und den mitgereisten Fans präsentieren.
Die Gemütslage bei Rapid war dagegen klarerweise wesentlich düsterer und niedergeschlagener. Dabei startete man sehr gut in diese Partie, bekam dank des guten Matchplans sofortigen Zugriff auf den Gegner und war sogar die bessere Mannschaft. Doch die wenigen Unachtsamkeiten wurden dann nicht nur gnadenlos, sondern auch gleich doppelt bestraft. Mit dem 2:0 Rückstand war die Ausgangslage dann natürlich wesentlich schwieriger, da sich Salzburg immer mehr zurückzog und die Hütteldorfer kommen ließ. Rapid fand dadurch in der zweiten Halbzeit kaum spielerische Lösungen und beschränkte sich auf Standards und Flanken in den Strafraum, wodurch man dennoch einige Male gefährlich wurde und das Spiel sogar noch einmal spannend hätte machen können. So musste man sich letztendlich geschlagen geben und den Traum auf einen Titelgewinn wieder einmal auf das nächste Jahr verschieben. Dennoch kehrt man mit erhobenem Haupte aus Klagenfurt zurück und bot der stärksten Mannschaft des Landes ordentlich Paroli.
Dalibor Babic, abseits.at
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