Gerhard „Gerdi“ Springer war als Fußballtrainer eine Ausnahmeerscheinung. Der gebürtige Klagenfurter war eigentlich erfolgreicher Eishockeyprofi, der mit dem Nationalteam 1947 die Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft gewann, ehe er auf die Fußballbank wechselte. Er coachte Rapid, Sturm, Donawitz, Austria Klagenfurt, Wolfsberg, den Villacher SV, den FavAC und Wiener Neustadt. Dem gebürtigen Kärntner mit dem schütteren Haar hätte man seine Vorstellung vom Training optisch nicht gerade zugeschrieben: Gerdi war zwar kein Tyrann, sein Übungsprogramm verlangte den Spielern jedoch viel zu viel ab. Ähnlich wie Felix Magath legte er sehr viel Wert auf körperliche Fitness. Ergänzt wurde dieses Programm durch mühsame Taktiktheorien, die die Elf kaum verstehen konnte. Wie viele seiner Zeitgenossen war Springer mit der modernen Sportmedizin nicht sehr vertraut, so verbot er den Spielern im Sommertrainingslager mehr als ein Viertel Mineralwasser pro Tag. Eine heute unvorstellbare Maßnahme. Springer war der beste Freund von Edi Finger Senior und Taufpate von Edi Junior. Der Cordoba-Schreihals-der-Nation überlieferte folgende Kabinenflüstereien:
Damals gab es kaum Ausländer in der Liga, dennoch herrschte bei Rapid das babylonische Sprachengewirr. Gerdi legte seine Mundart partout nicht ab und die Spieler mussten die Ohren spitzen und die Kreativitätsmaschine in der rechten Hirnhälfte hochfahren um sich zusammenzureimen, was ihr Trainer von ihnen wollte. So machte er seiner Mannschaft folgendermaßen „Mut“, wenn es gegen technisch stärkere Teams ging: „Oiso aufs Gicken kennts vagesn, dös könan die ondaren besa!“ Gerdi schob zielsichere Anweisungen hinterher: „Ball üba die Dribüne nach vurn haun. Dos haast: Pajenk hoch auf Buzek: Kopf-Doa!“ Für alle, die das nicht verstanden haben: Springer gab dem Abwehrspieler Egon Pajenk die Anweisung den Ball auf Buzek, der ein glänzender Kopfballspieler war, zu flanken, der dann den Treffer erzielen sollte. Pajenk war Springers Wunschspieler gewesen. Der 1,91 Meter große und 83 Kilogramm schwere Kraftlackl stellte die „Wüdsau“ (Wildsau) dar, die sich der Ex-Eishockeyspieler für seine Verteidigung wünschte. Auch abseits des Trainings kümmerte er sich um den gebürtigen Steirer und erleichterte ihm die Eingewöhnung in Wien. Rudi Flögel jedoch machte der „Karawanken-Herrera“, wie Springer wegen seines defensiven Spielsystems und seiner Herkunft genannt wurde, (im Gegensatz zu Pajenk) oft das Leben schwer. Er sorgte dafür, dass der Wiener gelegentlich arbeitslos war, wenn er verkündete: „Und dos Middelfööd, dös is nix wie Woossa. Olles laar, do is afoch goa nix.“ Springer war mehr dafür, den Ball rasch in die Spitze zu befördern. Manchmal gab er auch Tipps der besonderen Art. So wurde Alois Jagodic im Match gegen Wacker angewiesen: „Jagodic, dei Bloatz is die Outlinie und waun diesa blaade Edmaia [Anmerkung: Buffy Ettmayer] dahakummt, donn haust eam über die Outlinie und donn gehst hin, gibst eam die Haund und sogst zu eahm: „Grüß Gott im Spiddohl!“ Unvergessen blieben auch Gerdis legendäre Zwischenrufe, bei denen sich mancher Spieler wie im Villacher Leichtathletik Stadion vorkamen: „Laafa, laafa…“, hieß es immer fort von der Seitenlinie. Springer und sein Dialekt – der verdient es wahrlich separat genannt zu werden – blieben zwei Jahre lang bei Rapid, ehe sie Donawitz beglückten. Springer starb im Juli 1999 mit 72 Jahren in seiner Heimatstadt.
Marie Samstag, abseits.at
Marie Samstag
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