Franz „Bimbo“ Binder gehört zu den großen Alt-Legenden des SK Rapid: Der 1911 geborene Niederösterreicher war für seinen strammen Schuss und seine Torquote bekannt. Als „Kanonier von Hütteldorf“ schrieb er sich insbesondere mit seiner Leistung beim 4:3-Sieg über Schalke im Jahr 1941 in die grün-weißen Geschichtsbücher: „Rapid – Deutscher Fußballmeister“ titelte der „Sport Montag“ und darunter leider auch „Erster Kampftag an der Ostfront“.
Binder kam 1930 vom St. Pöltner Klub Sturm 19 zu Rapid und wurde drei Jahre später das erste Mal Torschützenkönig. Im selben Jahr debütierte er im Nationalteam. Die Spezialität des Angreifers waren (nanonaned) Tore aus jedem Winkel – mit Fuß oder Kopf: „Bimbo“ war kaum zu bremsen, schon nach fünf Saisonen mit den Hütteldorfern hatte er über 100 Treffer erzielt. Der sechsfache österreichische Meister avancierte zu einem echten Fanliebling für den die Pendlerzüge außerplanmäßige Halte einlegten, wenn er seine Familie in St. Pölten besuchte, und um den sich stets zahlreiche Autogrammjäger versammelten. 1949 beendete Binder seine aktive Karriere und formte als Sektionsleiter aus Zeman, Happel und den Körner-Brüdern eine tatkräftige Rapidmannschaft. Bis Ende der 70er-Jahre beehrte der Ex-Stürmer Klubs in Süddeutschland, den Niederlanden und Österreich ehe er sich zurückzog.
Binders Privatleben war ab Mitte der 1950er von der Krebserkrankung seiner Tochter überschattet. Stets galt der Angreifer als bescheiden, ruhig und gutmütig, seine Kämpfernatur ließ er nur am Fußballplatz aufblitzen: Franz stammte aus einfachen Verhältnissen und machte sich nicht viel aus Ruhm und Luxus. Nur wenige wissen, dass er – wenn es darauf ankam – aber auch ein richtiger Schmähbruder sein konnte. Max Merkel – seines Zeichens auch kein schlechter Wuchteldrucker – überlieferte jene Anekdote, die sich auf einer Südamerika-Tournee des SK Rapid zugetragen hatte:
Merkel, der 1946 wieder bei den Grün-Weißen angedockt war, teilte sich für gewöhnlich bei Hotelaufenthalten das Zimmer mit Robert Dienst. In Kali (Kolumbien) bezog er jedoch mit der Stürmerlegende Binder ein gemeinsames Nachtquartier. Es sollte aber kein angenehmer Aufenthalt werden, denn Merkel wurde in den frühen Morgenstunden plötzlich durch einen dumpfen Knall geweckt. Erschrocken blickte er sich um und sah den verdutzen Binder im Pyjama auf dem Boden vor seinem Bett liegen. Der 1,90 Meter-Riese war tatsächlich aus seiner Schlafstatt gestürzt. „Depp!“, murmelte Max: „Jetzt wackelt doch das ganze Haus!“ Der spätere Kolumnist („Max merkelt wieder“) sollte über seinen eigenen Schmäh zwar schmunzeln, aber nur wenige Sekunden später wurde ihm ganz anders: Merkel registrierte, dass sich das gesamte Hotel tatsächlich bewegte. Die Wände zitterten, die Möbel begannen zu rücken: Ein Erdbeben! Nun bekam es der SCR-Verteidiger mit der Angst zu tun.
Am Gang machte sich Lärm breit: Merkel und Binder hörten die Stimmen ihrer Kollegen. Schlaftrunken aber aufgeregt hasteten die Rapidler – die allesamt im 14. Stock des Gebäudes geschlafen hatten – zum Lift. „Bimbo“ jedoch blieb gelassen. Er stand auf und blickte aus dem Fenster, dann wandte er sich Merkel zu und sagte seelenruhig: „Heast Maxl, wenn das wirklich ein arges Erdbeben ist, dann sind wir ohne Lift eh schneller unten als mit.“ Merkel grinste. Gesagt, getan. Das Duo machte es sich wieder im Hotelbett gemütlich und nachdem die Erschütterungen vergangen waren, kehrten auch ihre Mitspieler zurück. Viel Lärm um Nichts.
Marie Samstag, abseits.at
