Die Zeiten, in denen Ronald Gërçaliu (sprich: Görtschaliu) als Ausnahmetalent galt, sind lange vorbei. Der mittlerweile 37-jährige spielt aber immer noch Fußball und das... Anekdote zum Sonntag (177) – Der rasende Ronny oder Herr Rat ist ratlos

Die Zeiten, in denen Ronald Gërçaliu (sprich: Görtschaliu) als Ausnahmetalent galt, sind lange vorbei. Der mittlerweile 37-jährige spielt aber immer noch Fußball und das beim FC Kitzbühel in der Tiroler Landesliga. Gërçaliu, der in Tirana geboren wurde und mit zwölf Jahren ins Sturm‑Internat kam, lebt mit seiner Frau und den beiden Söhnen heute in Innsbruck, nachdem er mit nur 31 Jahren seine Profikarriere nach Auf und Abs beenden musste.

Gërçaliu debütierte 19-jährig für das österreichische Nationalteam. Kurze Zeit später wechselte er unter turbulenten Umständen von Sturm zu Salzburg – ein Transfer, der noch ein juristisches Nachspiel haben sollte. Zunächst konnte sich der Verteidiger aber bei den Mozartstädtern nicht durchsetzen, seine Karriere nahm erst nach einer Leihe zur Wiener Austria wieder Fahrt auf. Als Veilchen wurde der Doppelstaatsbürger auch wieder Teamspieler und gehörte zum Kader der Heim-EM 2008. Letztendlich war dies allerdings nur ein kurzes Aufflackern seiner großen Aspirationen, denn ab Ende 2008 brachte der rothaarige Defensivkicker keine Konstanz mehr in seine Laufbahn: Bei Ingolstadt begann Gërçalius Knie zu streiken, der Verein zeigte wenig Verständnis: „Die haben geglaubt, ich hätte sie reingelegt und schon verletzt den Vertrag unterschrieben. Deshalb habe ich dort 14 Monate lang kein Geld gekriegt.“ Auch bei Łódź, Aue, Cluj, Altach und Tirana war der Hund drin: Selbst wenn „Ronny“ auf dem Platz Leistung zeigte, führten die wirtschaftlichen oder logistischen Umstände dazu, dass er rasch wieder seine Koffer packen musste. 2017 zog der gebürtige Albaner einen Schlussstrich unter seine Profikarriere und unterschrieb beim Regionalligisten SC Schwaz.

Als Jung-Profi hate sich der Außendecker schnell einen schlechten Ruf zugelegt – ein Missverständnis, wie er behauptet: „Ich war immer einer, der sehr direkt war, ich sag’ es jedem ins Gesicht. Das kommt nicht gut an.“ Sein damaliger Trainer bei Altach, Damir Canadi, stieß ins gleiche Horn: „Sein Image ist nicht positiv, davon wussten wir auch. Für mich ist er aber das genaue Gegenteil seines Rufes: Er hat sich sehr gut ins Team eingefügt und kann uns sicher weiterhelfen.“ Image hin oder her: Tatsache ist, dass man in Fußballfachkreisen schon über den jungen Ronny munkelte, dass er zwar ein umtriebiges Defensivtalent, aber nicht die hellste Kerze auf der Torte sei. Dieser Ruf könnte auch durch folgende Anekdote bestätigt werden:

Im Winter 2007 musste Ronald vor dem Salzburger Landesgericht erscheinen. Er war als Zeuge im Prozess zwischen Ex-RB-Salzburg-Trainer Kurt Jara und Didi Mateschitz geladen. Jara hatte den österreichischen Milliardär wegen Kreditschädigung geklagt. Grund dafür waren öffentliche Aussagen Mateschitz, die Trainerlegende hätte an Transfers finanziell mitgeschnitten. Hauptperson des Gerichtstages am 22. Februar 2007 sollten jedoch weder Kläger noch Beklagter, sondern der Zeuge Ronald G. sein: Der Rotschopf zauberte dem vorsitzenden Richter mehrmals Erstaunen ins Gesicht. Es ging um ein Schriftstück, dass der an die Austria Verliehene einst unterzeichnet hatte und von dem er angab, er habe geglaubt, dass es sich um einen Werbevertrag handle. Dann haben Sie das nicht ansatzweise gelesen. Aus dieser Urkunde ergibt sich, dass sie von ihrem Manager Hagmayr nicht mehr vertreten werden.“, musste sich Gërçaliu vom konsternierten Herrn Rat anhören lassen. „Um ins Schlaraffenland nach Salzburg zu kommen, hätten sie ja alles unterschrieben, sogar ihr Todesurteil.“, wetterte der Richter außerdem. Ronny zuckte nur mit den Schultern, er hatte der Verwirrung des Hohen Gerichts nichts entgegenzusetzen.

Das Beste sollte jedoch zum Schluss kommen: Nachdem die Einvernahme Gërçalius beendet war, wurde der Kicker vom Richter gefragt, ob er Gebühren – wie z.B. Fahrtkostenersatz – geltend machen wolle. Der Profi bejahte dies und wies daraufhin, dass er extra aus Wien mit dem Auto angereist sei. Der Herr Rat fragte daraufhin, wie viele Kilometer er gefahren sei. Nonchalant zuckte der Profi mit den Schultern, wog den Kopf hin und her und sagte schließlich: „Naja, so im Schnitt 160“. Der Richter schloss kurz die Augen und atmete durch. Die Zuschauer lachten. Schließlich erklärte der Richter, er meine, wie viele Kilometer Gërçaliu zurückgelegt habe und nicht mit welcher Durchschnittsgeschwindigkeit er unterwegs gewesen sei. „Aso!“, rief Ronny erstaunt aus, musste dann aber zugeben, die genaue Anzahl nicht zu kennen.

Zumindest dieser Prozesstag endete auch für Kurt Jara mit einem Lächeln, letztendlich musste der Ex‑HSV-Coach aber eine Niederlage einstecken, weil seine Klage abgewiesen wurde. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht sollte wiederum Mateschitz den Kürzeren ziehen, weil Jara vom Vorwurf der „Ungereimtheiten bei Spielertransfers“ freigesprochen wurde. Die Anfechtung der ihm gegenüber ausgesprochenen Entlassung verlor der gebürtige Innsbrucker aber genauso wie den Kreditschädigungsprozess. Die Zeit bei Salzburg sollte Jaras letzter Trainerjob bleiben, seither genießt er seine Freizeit als Fußballpensionist. Die letzte Anekdote von Ronald Gërçaliu dagegen war der Zwischenfall mit dem Kilometergeld nicht. More to come…

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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