Pepi Ulrich ist ein Teil der österreichischen Fußballgeschichte, obwohl er weder für einen Verein in der heimischen Liga die Schuhe schnürte noch ein einziges... Anekdote zum Sonntag (190) – Feuchte Hosen

Pepi Ulrich ist ein Teil der österreichischen Fußballgeschichte, obwohl er weder für einen Verein in der heimischen Liga die Schuhe schnürte noch ein einziges Länderspiel bestritt: Ulrich werkte stattdessen vor Jahrzehnten als Masseur bei der Nationalmannschaft und beim SK Rapid. Im Viertelfinale der WM-Endrunde ’54 hatte er seinen großen Auftritt, als ÖFB-Goalie Kurt Schmied während der legendären Hitzeschlacht von Lausanne einen Sonnenstich erlitt und eigentlich unfähig war weiterzuspielen.

Da Auswechslungen damals aber nicht erlaubt waren, musste Schmied auf dem Feld bleiben. Pepi Ulrich versorgte den Tormann daraufhin nicht nur mit kühlen Umschlägen, sondern gab auch Kommandos, wohin sich der Goalie zu werfen hatte, denn der fix und fertige Schmied konnte kaum mehr den Ball erkennen. Ulrich blieb bis zum Ende des Matches an der Seite des Geschwächten und sprach ihm stets Mut zu: „Kurtl, du packst das!“ Dass Österreich das Spiel noch drehte und mit 7:5 ins Halbfinale aufstieg, war daher auch dem Masseur zu verdanken.

Nachdem Pepi auch zum Team des SK Rapid gehörte, fuhr er auch auf die großen Tourneen der 50er- und 60er-Jahre mit. Über Weihnachten ging es für die Grün-Weißen viele Jahre lang nach Südamerika, Asien oder Australien, wo man auf Einladung oder auf gut Glück bei Turnieren bzw. Freundschaftsspielen kickte. „Wir waren überall die Pioniere.“, erinnerte sich Fredi Körner einmal an diese glorreichen Tage als der Name Rapid im Weltfußball geläufig war. Oft waren die Hütteldorfer mehrere Wochen am Stück unterwegs. Um dem Lagerkoller vorzubeugen, rannte der Schmäh. Kein Wunder: Happel, Zeman, Merkel und Konsorten waren allesamt Menschen mit einem – wie man in Wien sagt – „leiwanden Hamur“. Wie in Fußballmannschaften (im Übrigen bis heute) üblich, spielten sich die Spaßvögel untereinander auch gerne Streiche. Bei einer ausgedehnten Südamerika-Tour überlegte Pepi Ulrich – allerdings nicht aus Spaß an der Freude, sondern aus Rache – wie er Rapids damaligem Klubarzt Oswald „Ossi“ Schwinger eins auswischen könnte: Schwinger hatte sich wiederholt über Pepis Massagepraktiken lustig gemacht und dieser war in seiner Ehre gekränkt. Er wollte es Schwinger heimzahlen. Fieberhaft holte er sich Rat bei Happel und Co., doch die zündende Idee sollte Pepi schließlich nach dem Einchecken ins kolumbianische Hotel selbst kommen.

Ossi vertraute dem Wäscheservice in den Hotels nämlich nur bedingt; seine Unterwäsche pflegte der Herr Primar per Hand zu waschen und diese anschließend zum Trocknen auf dem Balkon aufzuhängen. In Cali wurde Ulrich neben dem Teamarzt untergebracht und ergriff seine Chance zur Rache: In der Hitze Südamerikas hätten Schwingers Schlüpfer eigentlich im Handumdrehen trocken sein müssen, doch immer, wenn der Herr Doktor seine Leibwäsche überprüfte, musste er zu seinem Verwundern feststellen, dass diese noch feucht war. „Ich versteh‘ das nicht.“, jammerte Ossi gegenüber dem Masseur: „Es ist doch schweineheiß hier, warum trocknet meine Wäsche nicht?!“ Pepi Ulrich zuckte mit den Schultern. In Wahrheit lachte er sich natürlich ins Fäustchen, denn klammheimlich pflegte er regelmäßig über das Gitter, das seinen Balkon von jenem Schwingers trennte, zu greifen, Ossis Unterhosen an sich zu nehmen, diese in Wasser zu tauchen und postwendend wieder bei seinem Nachbarn aufzuhängen. Ulrich wollte den Akademiker für blöd verkaufen und fragte ihn ironisch: „Herr Dr. Schwinger, wissen Sie, vielleicht liegts an der hohen Luftfeuchtigkeit?“ „Kann doch nicht sein, Pepi!“, erwiderte der Chirurg und zählte heimlich, wie viele saubere Unterhosen er noch im Koffer übrighatte.

Als die Schwingersche Leibwäsche auch am nächsten Tag noch feucht war, beschlich den Arzt doch der Verdacht, sein Zimmernachbar könnte die Finger im Spiel haben. Ossi legte sich kurzerhand auf die Lauer und tatsächlich ertappte er Pepi auf frischer Tat:  Als sich der Masseur anschickte die Hosen des Herrn Doktor erneut zu stibitzen, schrie Schwinger auf: „Hab‘ ich dich!“ Damit war das Rätsel um die ewig feuchten Untergatten gelöst.

Ulrich war jedoch zufrieden, schließlich hatte er erfolgreich Rache geübt. Die Rapidler zollten ihm für seinen kreativen Streich Respekt. Es hieß 1:0 für Pepi. Letztendlich sollte Schwingers Zeit bei Rapid kein gutes Ende nehmen. 1969 – lange Zeit nach dem Wäsche-Coup in Kolumbien – wurde der ehemalige Klubarzt aufgrund von „vereinsschädigendem Verhalten“ aus dem Klub ausgeschlossen. Wie es mit Pepi Ulrich weiterging, ist aber nicht bekannt.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag