Anekdote zum Sonntag (193) – A Fiaker, wie man net alle Tag’ find’t…
Sonstiges 22.Oktober.2023 Marie Samstag
Kultklub, ältester Fußballverein Österreichs, Hohe Warte – diese Schlagworte assoziiert man für gewöhnlich mit dem First Vienna FC. Der sechsfache österreichische Meister lachte Mitte der 50er‑Jahre das letzte Mal am Saisonende von der Tabellenspitze der höchsten Spielklasse, danach mutierten die Döblinger zur Fahrstuhlmannschaft und konnten nur mehr Achtungserfolge verbuchen. Als Talenteschmiede gelten die Wiener jedoch bis heute: Vor Jahrzehnten schnürten bereits Spieler wie Andi Herzog oder Kurt Russ ihre Schuhe für die Kampfmannschaft, in der jüngeren Vergangenheit bildete die blau-gelbe Akademie Spieler wie Arnautović, Demir oder Kalajdžić aus.
Den (bisher) letzten großen Coup peilte die Vienna im Frühling 1997 an: Über Trausdorf, Tulln, die Wiener Austria, den GAK und den späteren Meister, Austria Salzburg, drang der damalige (und heutige) Zweitligist bis ins Cupfinale vor. Besonders das Match gegen die violetten Mozartstädter hatte es dabei in sich: Unter den Augen von Teamchef Prohaska bekamen die Salzburger auf der Hohen Warte schon in der 23. Minute einen Elfmeter zugesprochen, den Edi Glieder postwendend zum 1:0 für die Gäste verwandelte. Die Vienna gab sich daraufhin jedoch nicht geschlagen und glich vor vollem Haus gegen Ende der ersten Hälfte mit einem Fernschusstor aus. Es folgte ein harter Cupfight, bei dem die Salzburger das bessere Ende für sich zu haben schienen, als ein Jokertor vier Minuten vor Schluss den vermeintlichen Siegestreffer brachte. Doch in der Nachspielzeit pfiff Schiri Schüttengruber sen. erneut Strafstoß und Radović verwertete für die Vienna, die sich damit ins Elfmeterschießen rettete. Dort mussten zwanzig Schützen antreten, ehe die Blau-Gelben als Sieger feststanden: Cupfinale! Und die Hohe Warte brannte.
Im Finale sollte man auf Sturm Graz, den Titelverteidiger treffen. Als klarer Außenseiter klammerte sich die Vienna an die Hoffnung, dass der Pokalbewerb eben seine eigenen Gesetze habe. Außerdem hatte man mit Peter Pospisil einen Spieler in der Mannschaft, der bereits ein Cupwunder miterleben durfte: Im Mai 1991 hatte er für Stockerau das Siegestor im Finale gegen Rapid geschossen. Der treue Anhang der Blau-Gelben fieberte jedenfalls dem Match entgegen, ohne an das Spielresultat zu denken. Für die Döblinger Fans war das Cupendspiel jedenfalls ein Fußballfest, das es gebührend zu feiern galt. Daher wurde ein besonderer Plan ersonnen:
Die Fans mieteten sieben Fiaker, die man am Tag des Cupfinales mit blau-gelben Bändern und ähnlichen Dekorelementen festlich schmückte. Die ursprüngliche Idee mit Spielerfrauen bzw. Angehörigen von Vienna‑Profis zu fahren wurde verworfen, weil die Klubführung auf Anfrage der Fans kein Ohrwaschl rührte. Stattdessen ließen sich der harte Kern der blau-gelben Anhängerschaft allein ausstaffiert mit Trikot und voller Vorfreude unter den Blicken verwirrter Wien-Touristen im Pferdekonvoi bis in den Prater kutschieren. Obwohl das Wetter nicht optimal war, blieb das Verdeck der Fiaker offen und zahlreiche Schaulustige fotografierten die Schlachtenbummler in ihren altmodischen Gefährten. Die Fans genossen die Fahrt, winkten den Passanten zu, schwenkten Fahnen und stimmten Gesänge an. Das Cupfinale wurde zum Ereignis bevor der Ball rollte.
Kurz vor dem Happelstadion wurden die Pferdekutschen dann von einem dunklen Rolls-Royce überholt. Der parkenden Nobelkarosse entstieg anschließend ein kräftiger Herr mit Designer-Sonnenbrille und Zigarre. Neugierig betrachtete dieser die anrollenden Fiaker und blieb stehen. Es handelte sich natürlich um den damaligen Sturm-Präsidenten Hannes Kartnig. Als die Vienna-Fans ihre Fiaker verließen, ließ es sich der schwarz-weiße Funktionär nicht nehmen diese auf ihre Aktion anzusprechen. Doch – entgegen allen Erwartungen – gab Kartnig nicht den wortgewaltigen Zampano, zu dem er mutierte, sobald Medienvertreter in der Nähe waren, sondern beglückwünschte die Heimfans freundlich zu ihrer Idee. Kartnig meinte augenzwinkernd: „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich mit euch gefahren. Dann hätte ich mein Auto stehen lassen.“
Letztendlich sollte die Fiaker-Anfahrt der Höhepunkt dieses Mai-Abends 1997 für die Fans der Vienna werden: Der älteste Fußballverein Österreichs stemmte sich zwar gegen die Übermacht aus Graz, hatte jedoch wenig Spielglück: Wie auch schon im Halbfinale gegen Salzburg wurde ein früher Elfmeter gegen die Wiener gepfiffen, den Ivo Vastić zum 1:0 verwandelte. Vor 14.000 Zuschauern besorgte der Ost-Deutsche Jens Dowe in der 74. Minute das 2:0. Den Ehrentreffer der Vienna markierte schließlich ein Eigentor knapp vor Schlusspfiff. Enttäuscht mussten sich die Döblinger mit der Teilnahme am Cupfinale begnügen, während Sturm vor der Dämmerung ihrer kurzen, aber prägnanten Dominanz im nationalen Fußball stand. Die Fans der Verlierer hatten mit ihrem „Fanmarsch“ der besonderen Art jedoch demonstriert, dass Fußball mehr ist als ein Spiel zu gewinnen oder zu verlieren: Fußball ist Gemeinschaft, Erlebnis, Emotion und den Moment leben. Mit solchen Aktionen lässt sich das ganz gut beweisen.
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