Anekdote zum Sonntag (203) – Ernst sein ist alles – Teil XI
Sonstiges 31.Dezember.2023 Marie Samstag
Es ist wahre menschliche Größe, jemanden, den man nicht mag, trotzdem fair und objektiv zu bewerten. Weil die „menschliche großen“ Menschen aber leider in der Minderheit sind, kommt ein solches Verhalten nur selten vor. Über den Fußballer und Fußballtrainer Max Merkel ist viel gesagt und geschrieben worden. Auch von mir. Mit seiner turbulenten Beziehung zu Ernst Happel habe ich mich ebenfalls schon beschäftigt. Es ist kein Geheimnis, dass die beiden Rapid-Legenden eine On-Off-Freundschaft, die durch bissige Kommentare und g’schnappige Seitenhiebe gelegentlich zu einer Feindschaft mutierte, führten. Trotzdem verlor Merkel nie den Respekt vor dem Wödmasta. Selbst wenn sie auf menschlicher Ebene im Clinch lagen, resümierte der Wahlbayer ihre gemeinsame Zeit in der Hütteldorfer Abwehr stets ehrfurchtsvoll: „Happel war das Genie, ich der Roboter.“
Kennengelernt hatten sich die beiden Wiener anno dazumal im Rapid-Nachwuchs, später spielten sie gemeinsam in der grün-weißen Kampfmannschaft. Und schon damals krachte es hie und da zwischen den beiden Sturköpfen: Legendär, jener Moment als Max und Ernst während eines Auswärtsmatches in Paris aneinandergerieten und postwendend in entgegengesetzten Richtungen das Feld räumten. Ihre Mitspieler und der Trainer konnten sie nicht dazu bewegen weiterzuspielen. Später richtete der Kolumnist Merkel seinem Ex-Kollegen „nette“ Botschaften via Zeitung aus. Letzterer kommentierte dessen Aussagen stoisch damit, dass man den „Langen“ nicht so ernst (!) nehmen müsse.
Dabei hatten Happel und Merkel Einiges gemeinsam. Nicht nur, dass sie mit Leib und Seele Fußballer waren, auch die Wurzeln der Sportler lagen jeweils im Wiener Westen: Happel erlernte das Kicken im Rudolfsheimer Reithoffer-Park, Merkels Großeltern führten ein Wirtshaus im Penzinger Bezirksteil Baumgarten. Außerdem waren die späteren Erfolgstrainer – wie Merkel in seiner Biografie anmerkte – den schönen Dingen des Lebens gleichermaßen zugetan: Fußball, Frauen, V(F)ergnügen. „Wir hatten zwar kein Geld, dafür viel Zeit.“, erinnerte sich Merkel an die Nachkriegsjahre.
Nach dem Training trafen sich die Rapid-Spieler regelmäßig beim Heurigen zur weiteren Tagesgestaltung. Happel – ein begnadeter Kartenspieler und (leider) Genussraucher – war selbstverständlich mit von der Partie. Eines Abends bandelte er dort mit einer hübschen Blondine an und auch Merkel hatte Glück und fand eine ansprechende junge Dame, die er einladen konnte. Mehrere Vierteln G’spritzer später saßen die Vier im Taxi Richtung Happels Wohnung in einem Penzinger Gemeindebau. Dort angekommen, sollte es bei der illuminierten Runde zur Sache gehen, doch Merkel fühlte sich plötzlich unfähig weiterzumachen.
Aus Happels Schlafzimmerfenster konnte man direkt in die Wohnung im dicht danebenstehenden Gemeindebau blicken; ergo wäre es auch für Happels Nachbarn kein Problem gewesen – bei vorhandenem animo – dem Treiben (!) im Haus nebenan erste Reihe fußfrei zuzusehen. Merkel bat seinen Freund – mit schwerem Zungenschlag – um Diskretion: „Ernst, lass doch die Jalousien herunter, sonst ist es wie bei einem Fußballmatch mit Publikum!“ Der spätere HSV-Trainer knurrte: „Was für Jalousien?“ und wandte sich wieder seinem Aufriss zu. Als Junggeselle hatte Happel nichts für derartiges Interieur übrig und war sehr spartanisch eingerichtet. Max beharrte jedoch auf seinem Wunsch. Genervt ließ der spätere Frankreichlegionär schließlich von seiner weiblichen Bekanntschaft ab, hastete zeternd in die Küche und kam mit zwei Gabeln zurück. Merkel und die beiden Wiener Mädels machten große Augen: In Windeseile zog Happel das Bett ab und befestigte das Leintuch am Fensterrahmen, indem er die Gabeln mit kräftigen Stößen ins Holz rammte. Dann begann sich Ernst wieder mit seinem G‘spusi zu beschäftigen und knurrte dabei seinem Freund Max zu: „Was brauchst noch alles, Langer, damit du in Stimmung kommst?“ Zögern und zaudern war eben nicht Happels Sache: Er war ein Mann der Tat. Und wie auf dem Fußballfeld – Genie und Roboter – hatten sich die beiden Kicker auch in dieser Situation gut ergänzt: Eigentlich ein perfektes Team.
Marie Samstag, abseits.at
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