Die späten 80er- und frühen 90er-Jahre markieren jene Zeit als die Vienna zuletzt richtig erfolgreich war. Mit dem finanzkräftigen Sponsor Foto Nettig mischten die... Anekdote zum Sonntag (218) – Mehr Licht!

Die späten 80er- und frühen 90er-Jahre markieren jene Zeit als die Vienna zuletzt richtig erfolgreich war. Mit dem finanzkräftigen Sponsor Foto Nettig mischten die Blau-Gelben in der österreichischen Fußballszene mit, international schaffte man es allerdings nicht eine Duftmarke zu hinterlassen: 1988/1989 scheiterte Österreichs ältester Fußballverein in der zweiten Europacup-Runde knapp an Turku PS aus Finnland; ein Jahr später wurde den Döblinger die Auswärtstorregel erneut zum Verhängnis, sodass nach zwei Rémis gegen Olympiakos Piräus Endstation war.

Zuvor traten Russ, Heraf und Ondra aber im ersten Europacupmatch gegen den Valletta FC aus Malta an. Mitte September flogen die Blau-Gelben mit einigen Fans zum Auswärtsspiel auf die Insel zwischen Sizilien und der afrikanischen Küste. Dort mussten die Spieler von Ernst Dokupil erfahren, dass man sie in einem Hotel an einer stark frequentierten Straßenecke untergebracht hatte; die Fans, die sich ihre Übernachtung selbst organisiert hatten, schliefen deutlich ruhiger als die Profisportler. Mitten in der Nacht reichten es den Vienna-Kickern allerdings: Nachdem sie der Straßenlärm der maltesischen Hauptstadt nicht zur Ruhe kommen ließ, übersiedelte der gesamte Tross nach Mitternacht in ein anderes Hotel. Valletta FC war eben nicht die große Fußballwelt, sondern eher eine lästige Auswärtsfahrt.

Kurios auch, was sich beim Abschlusstraining zutrug: Während sich die Wiener auf dem maltesischen Platz die Kugel zuschoben, gingen plötzlich die Lichter aus und auf dem Fußballfeld herrschte absolute Dunkelheit. Niemand konnte das Flutlicht bedienen und wieder einschalten. Coach Dokupil flippte beinahe aus: Zuvor der nächtliche Umzug aus dem Hotel und dann wurde auch noch das wichtige Abschlusstraining gestört. Vienna-Funktionäre begannen den Platzwart zu suchen, doch als sie diesen entdeckten, machte er keine Anstalten sich der Lichtanlage zu nähern. Erst als Vienna-Präsident Heinz Havelka ihn mit maltesischer Lira bestochen hatte, drehte er die Flutlichter wieder auf. Den zornentbrannten Dokupil beruhigte Havelka mit den Worten, dass morgen einfach nur der Auswärtssieg eingefahren werden müsse. Alles andere sei primär.

Tatsächlich erledigten die Vienna-Spieler am 12. September 1989 ihre Pflicht: Den ersten Treffer besorgte ein Valletta-Spieler in der sechzehnten Spielminute ins eigene Tor und zeigte damit jene Gastfreundlichkeit, die der maltesische Verein bei der Wahl des Hotels und den Trainingsmöglichkeiten vermissen hatte lassen. Balzis und Vidreis schossen die Heimmannschaft schließlich k.o. Ein Elfmetertor Vallettas in Minute 63 änderte nichts mehr am Sieg der Vienna; Heraf machte kurz vor Schluss noch das 4:1. Glücklich stiegen Mannschaft und Fans zurück in den Flieger nach Wien. Für die Vienna war der Ausflug also kein „Verlustgeschäft“; auch weil sich Präsident Havelka das Geld für die „Mühen“ des Platzwartes vom maltesischen Fußballverband zurückgeholt hatte. Ein diskreter Hinweis des im Brotberuf als KFZ-Händlers tätigen Havelkas beim Abschiedsbankett genügte und er hatte seine Spesen zurück. Den offiziellen Gang über die UEFA hatten sich die Malteser ersparen wollen.

Leider ging die Reise der Blau-Gelben in der Folge in Griechenland zu Ende, als die Vienna Ende Oktober nur ein 1:1 in Piräus holte. „Dank“ der Auswärtsregel flogen die Wiener nach einem 2:2 im Hinspiel aus dem Bewerb. In Erinnerung blieb den Fans und Spielern dieses Match allerdings aufgrund des regnenden „Obstsalates“: Da die Fans von Olympiakos mit der Leistung ihrer Mannschaft nicht zufrieden waren, bewarfen sie ihre eigenen Spieler nach dem Schlusspfiff mit Orangen und Zitronen. Die Vienna-Spieler kannten sich zunächst überhaupt nicht aus; Olympiakos war doch weitergekommen. Die Polizei machte sich auf den Tribünen breit, um Handgreiflichkeiten unter den Zuschauern zu verhindern, doch die Heim-Fans hatten es auf die wenigen Österreicher gar nicht abgesehen: Sie gratulierten den Vienna-Anhängern zur tapferen Leistung ihrer Mannschaft und waren nur auf ihre eigenen Spieler sauer. Europacup 1988/1989 mit der Vienna – ein Erlebnis trotz wenig sportlichen Glücks.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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