Rapids Sportdirektor Markus Katzer meinte einmal, dass seine beste Eigenschaft als Profi seine Einstellung war. Tatsächlich gelang die Spielerkarriere des Außenverteidigers, die immerhin neun Jahre in grün-weiß und elf A-Länderspiele umfasste, weil „Mecky“ ein besessener Trainierer war und trotz Rückschlägen hartnäckig blieb.
Katzers Laufbahn begann beim ASK Erlaa im 23. Wiener Gemeindebezirk. Als 11-Jähriger wechselte er in den Admira-Nachwuchs; sein Weg in den Profifußball sollte sich aber trotz dieser Top‑Ausbildungsadresse schwierig gestalten: Schon beim Wechsel in die Südstadt verweigerte der ASK Erlaa dem späteren zweifachen Meister die Freigabe und „Mecky“ musste ein ganzes Jahr lang inoffiziell bei den Mödlingern mittrainieren. Später machte ihm seine körperliche Konstitution einen Strich durch die Rechnung: Vor dem Wachstumsschub saß Katzer als 15-jähriger eine ganze Spielzeit nur auf der Tribüne, weil sein Jugendtrainer keine Verwendung für ihn hatte. Drei Jahre später musste er aus diesem Grund erneut ein Jahr lang seinen Kollegen von den Admira-Amateuren beim Spielen zuschauen. Erst die Jahrtausendwende sollte in der Karriere des Wieners eine neue Zeit einläuten: Als 20‑jähriger empfahl sich „Mecky“ im Trainingslager unter Hans Krankl für die Kampfmannschaft und kam so zu seinem Profidebüt. Er kämpfte wie ein Löwe, etablierte sich als Stammverteidiger und kickte plötzlich in der rot-weiß-roten U 21-Mannschaft. Es ging Schlag auf Schlag: Krankl wurde Teamchef, „Mecky“ A‑Nationalteamspieler. 2004 wechselte der Außenverteidiger schließlich ablösefrei nach Wien-Hütteldorf, wo er die letzte richtige Erfolgsepisode der Rapidler mitprägte: Meistertitel 04/05 und 07/08, das Wunder von Kazan, Champions-League-Gruppenphase 05/06, legendäre Europacupfahrten.
In seiner Blütezeit glänzte der Defensivspieler mit Torgefährlichkeit, Kopfballstärke und zwei starken Füßen; später waren die kritischen Rapidfans mit Katzers fehlender Schnelligkeit und Dynamik unglücklich. Diese Mankos waren aber wohl auch seinen Verletzungen geschuldet: Bänderrisse, Muskelverletzungen. Dreimal brach sich Katzer die Nase, einmal zog sich einen Mittelfußknochenbruch zu. Im April 2008 saß der Rapidler schon im Bus Richtung Wals-Siezenheim als ihn brutale Unterleibsschmerzen plötzlich zum Aussteigen zwangen. Den 7:0-Auswärtssieg über RB Salzburg verfolgte er nach seiner Blinddarm-Notoperation im Spitalsbett. „Rückblickend kam diese Verletzungsanfälligkeit auch, weil ich mich sehr unter Druck gesetzt habe und verbissen war.“, erinnert sich der nunmehrige Rapid-Sportdirektor an seine Leidensgeschichte. Genau diese Einstellung brachte ihm aber auch Vorteile:
Am 15. September 2007 riss sich Katzer im Auswärtsspiel gegen Sturm das Kreuzband und war der Überzeugung, eine Teilnahme an der Heim-EM im kommenden Sommer sei somit für ihn ausgeschlossen. Fußball interessierte ihn die ersten Tage nach der OP daher überhaupt nicht. Erst als Teamchef Josef Hickersberger persönlich anrief um ihn zu trösten, wurde „Meckys“ Ehrgeiz geweckt: „Hicke“ teilte dem Rapidler nämlich mit, dass es ihm furchtbar leidtäte, bei der Endrunde auf ihn zu verzichten. Katzer war nun klar, dass ihn auch „Pepi“ abgeschrieben hatte. Genau deshalb wollte er es wissen: Kaum hatte er das Telefongespräch beendet, begann er mit Training. Markus ackerte wie ein Wahnsinniger und stand nach vier Monaten Pause in einem Freundschaftsspiel für Rapid auf dem Platz. Nach der Winterpause feierte er auch in der Meisterschaft sein Comeback, überzeugte in den kommenden Matches und stemmte schließlich den Meisterteller in die Höhe. Selbst der angesprochene Blinddarmdurchbruch konnte ihn nicht stoppen. Nach einem Heilungsprozess in Rekordzeit fand der Wiener so schnell zurück in die Spur, dass „Hicke“ nichts anderes übrigblieb, als den 28-jährigen in den erweiterten EM-Kader einzuberufen.
Schon das war ein Riesenerfolg für Katzer, doch sich mit diesem Zwischenziel zufrieden zu geben, war nicht seine Sache. Seine Teamkollegen staunten nicht schlecht, als sie in der Vorbereitung auf die Heim-Endrunde seine Laktatwerte sahen. In jeder Trainingseinheit in Lindabrunn und auf Sardinien gab der Ex-Admiraner alles, um in das endgültige Aufgebot hineinzurutschen: „Ich rannte um mein Leben.“ Diese Rücksichtslosigkeit gegenüber seinem Körper wollte ihm dieser jedoch nicht einfach so verzeihen. Die ÖFB-Kicker trugen damals Uhren, die ihren körperlichen Zustand in Zahlen bezifferten. Nun machte sich „Meckys“ hartes Programm bemerkbar, denn auf seiner Uhr konnte er jeden Morgen eine „5“ lesen. Diese Bewertung hätte eigentlich striktes Trainingsverbot bedeutet: Katzer hatte seinen Körper so unnachgiebig ausgebeutet, dass sich dieser kaum regenerieren konnte. Damals war ihm das jedoch egal. Er forderte einfach seinen Rapid-Kollegen und Zimmerpartner Jürgen Patocka auf, kurz seine Uhr am Handgelenk zu tragen, um dem Trainerteam und dem medizinischen Betreuerstab eine „2“ oder „3“ vorzuweisen, damit er mit der Mannschaft trainieren durfte. Patocka tat jeden Morgen, wie ihm geheißen und mit dieser delikaten Schummelei sollte es Katzer tatsächlich in den 23-Mann-Kader des ÖFB schaffen: Markus hatte Gänsehaut als ihm Hickersberger vor versammelter Mannschaft erklärte, er wäre mit von der Partie. Zwar sollte er im Turnier kein Spiel bestreiten, dennoch ist er bis heute stolz Teil des EM-Kaders gewesen zu sein. „Es war einer der größten Erfolge für mich.“, erinnert sich „Mecky“. Josef Hickersberger begründete seine Kaderentscheidung mit den legendären Worten, dass er nicht die besten Spieler, sondern die richtigen Spieler nominiert hatte. Ob Katzers hartes Trainingsprogramm freilich so „richtig“ war, darüber ließe sich trefflich streiten.
Marie Samstag, abseits.at
Marie Samstag
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