Irgendwie hat Martin Hiden etwas Altersloses: Natürlich ist der 51-jährige mittlerweile ergraut und es zeigt sich die eine oder andere Falte in seinem Gesicht,... Anekdote zum Sonntag (241) – Maschine brennt

Irgendwie hat Martin Hiden etwas Altersloses: Natürlich ist der 51-jährige mittlerweile ergraut und es zeigt sich die eine oder andere Falte in seinem Gesicht, doch der Talente-Manager des SK Rapid hat seinen bubenhaften Charme behalten, weshalb er fast wie aus der Zeit gefallen wirkt. Hiden ist einer der erfolgreichsten Spieler der heimischen Bundesliga der letzten Jahre: Er holte vier Meistertitel, zwei Cupsiege, spielte auf der Insel, in der Champions League und zehn Jahre im Nationalteam. 2011 hängte er seine Schuhe bei den RB Juniors an den Nagel und stieg ins Trainergeschäft ein.

Begonnen hat alles in Graz: Der gebürtige Weststeirer kam als Fünfzehnjähriger ins Jugendinternat der Blackies; nicht einmal fünf Jahre später war er Stammspieler in deren Kampfmannschaft. Über Austria Salzburg heuerte er als frischgebackener Meister 1997 bei Rapid Wien an: „Ich kann in der Abwehr alles spielen.“, sagte er zu seinem Einstand bei den Grün-Weißen. Diese Flexibilität half, als der FC Liverpool in der Winterpause 97/98 Erkundigungen über den damals 24-jährigen einholte. Einmal in England zu spielen – das war Hidens Jugendtraum gewesen. Tatsächlich schien der Wechsel im Sommer schon fixiert und Hiden flog mit Rapid zur Saisonvorbereitung nach Dubai. Dort erzählte ihm sein Manager jedoch, dass es jemanden gab, der ihn kennenlernen wollte: Plötzlich saß der Defensivspieler der schottischen Trainerlegende George Graham gegenüber, der gleich zur Sache kam: „I want you!“, ließ ihn der Leeds-Coach wissen. Die Vereine einigten sich auf einen Transfer.

Der Kultklub aus West Yorkshire war eine ehrenwerte Station für den Verteidiger und der Ex-Rapidler wusste sich zu behaupten: „Bis zu meinem Kreuzbandriss gegen Manchester habe ich eigentlich immer gespielt.“, bemerkt Hiden in seiner nüchternen Art. Obwohl die ganz großen Zeiten für Leeds damals schon vorbei waren, war der Verein noch fest in der Premier League etabliert: Im Tor stand mit Nigel Martyn Englands Nummer Zwei, vorne spielte Kultstürmer Jimmy Floyd Hasselbaink, der 1999 Premier-League‑Torschützenkönig werden sollte. Die schillerndste Figur bei den Peacocks war aber Lee Bowyer: Bowyers Sünderregister begann als er 17-jährig positiv auf Cannabis getestet wurde und aus dem U18-Nationalteam Englands flog. Später stand er wegen Schlägereien mehrfach vor dem Strafrichter und hält bis heute den Rekord für die meisten gelben Karten in der Premier League.

Für Martin Hiden waren die drei Saisonen, die er in England verbrachte, zwar sportlich durchwachsen, insgesamt aber „eine coole Zeit“. Das, obwohl er eine massive Schrecksekunde über sich ergehen lassen musste: Hiden und seine Leads-Teamkollegen erlebten den Albtraum vieler Flugreisender: Es war der 30. März 1988 und ein Auswärtsspiel bei West Ham stand auf dem Programm. Leeds United flog nach London, verlor 0:3 und hetzte wieder zum Flughafen zurück. So weit, so normal. Doch als die Chartermaschine in London-Stansted abhob, kam es zu Schreien in der Kabine. Hiden sah zum Fenster hinaus und musste feststellen, dass das rechte Triebwerk brannte. Der Flieger war bereits in der Luft, die Piloten mussten notlanden. Die wenigen Sekunden, die diese Prozedur in Anspruch nahm, wurden für das Team und den Staff zu einer qualvollen Ewigkeit: Das Flugzeug rutschte über die Landebahn hinaus mitten ins Gras, das Rad unter der Nase brach ab und selbige kippte in die Erde. „Für mich dauerte es furchtbar lang, bis ich durch den Notausgang aus der Maschine kam.“, erinnerte sich der 50-fache ÖFB-Teamspieler. Den hartgesottenen Leeds-Spielern schlotterten anschließend die Knie, es soll auch der eine oder andere eine Träne verdrückt haben. Der Schock saß so tief, dass die Spieler den angebotenen Ersatzflieger sausen ließen und mit dem Bus zurück nachhause zockelten. Die Bruchlandung war eine echte Watschen nach einer desaströsen Niederlage. Das Sportliche rückte naturgemäß in den Hintergrund.

Auch Hidens Eltern erlebten unruhige Stunden: Als sie frühmorgens in den Nachrichten von dem Unglück hörten, versuchten sie sofort ihren Sohn zu erreichen. Doch der Verteidiger hatte sein Handy abgedreht, nachdem es nicht mehr zu klingeln aufhört hatte. Nach grausamen Stunden des Wartens bekamen die Hidens Martin endlich an den Hörer, der ihnen versicherte, es sei alles gut gegangen. Die englische Presse titelte „The Great Escape“ und strich das herausragende Verhalten der Piloten hervor. Martin Hidens weitere Zeit in England verlief gottseidank weniger spektakulär – zumindest in dieser Hinsicht.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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