„Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag.“, soll Ernst Happel einmal gesagt haben. Glücklicherweise gab es nur wenige solcher „verlorenen Tage“ für ihn,... Anekdote zum Sonntag (253) –  Happel im Häf‘n oder Ernst sein ist alles (Teil XIII)

„Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag.“, soll Ernst Happel einmal gesagt haben. Glücklicherweise gab es nur wenige solcher „verlorenen Tage“ für ihn, schließlich bestimmte der Fußball (spätestens) seit dem Augenblick, als ihn seine ballesterischen Qualitäten aus dem Fünfhauser Reithoffer-Park auf die Hütteldorfer Pfarrwiese gebracht hatten, sein Leben. Bei Rapid Wien reifte Happel zu einem Weltklasse-Verteidiger und ebnete so seiner (noch erfolgreicheren) zweiten Laufbahn als Trainer den Weg: Als Coach saß „Aschyl“ erstmals in Den Haag auf der Bank, sammelte Erfahrungen in Rotterdam und Brügge. 1978 entging der Bondscoach im Estadio Monumental in Buenos Aires knapp seinem größten Triumph, wurde ab diesem Zeitpunkt aber trotzdem zärtlich „Wödmasta“ gerufen. Erst als daraus (für seine Enkelkinder) der „Opa Hamburg“ wurde, beschloss Ernst Happel in seine Heimat zurückzukehren und machte aus den Tiroler Skifahrer echte Fußballer. Zwei Meistertitel später sollte er der Nationalmannschaft neuen Schwung verleihen, doch der Erfolgstrainer war noch kein Jahr als ÖFB-Teamchef im Amt als er 1992 seiner schweren Lungenkrebserkrankung erlag. Als erfolgreichster rot-weiß-roter Fußballtrainer holte er in vier Ländern Meistertitel und Cupsiege, gewann den Weltpokal und zweimal den Europapokal der Landesmeister.

Der Fußball legte Happel die Welt zu Füßen und viele Orte durfte der Prototyp eines echten Wieners aufgrund seiner Tätigkeit erkunden. Reisen nach Südamerika waren für den 1925 Geborenen schon als Rapid-Spieler Usus. In den 50er-Jahren verfügten die Hütteldorfer international über einen guten Namen und spielten in Russland, Australien oder im skandinavischen Raum. Wenn in Österreich der Schnee lag, reiste man oft zu mehrwöchigen Turnieren über den Atlantik. Diese Tourneen waren für die Spieler unglaublich; schließlich kam das Vokabel „Fernreise“ damals selbst im Sprachgebrauch gutsituierter Menschen nicht vor. Plötzlich waren die Kicker weit weg von zuhause, spielten vor fußballbegeisterten Menschen an exotischen Orten und nächtigte in gemütlichen Hotels. Bei einer Reise nach Uruguay sollte Ernst Happel aber auch die harte Holzpritsche und die schwedischen Gardinen einer Polizeiwache kennenlernen. Das kam so:

Happel, sein Busenfreund Torhüter Walter Zeman und SCR-Trainer Pepi Uridil saßen in Montevideo in einem Taxi und fuhren zu einem Lokal. Dort angekommen fühlten sich die Österreicher von ihrem Chauffeur allerdings übers Ohr gehaut: Der Kerl verlangte einen viel zu hohen Fahrpreis für die kurze Strecke. Lautstark begannen die Wiener in einem Spanisch-Englisch-Deutsch-Mix zu diskutieren. Der feurige Disput entging auch einer zufällig vorbeikommenden Polizeistreife nicht, die die drei Ausländer schließlich auf die Wache mitnahmen. „Aschyl“ glaubte nun besonders smart zu sein und gab bei der Feststellung seiner Personalien einen falschen Namen an. Zeman und Uridil blieben dagegen bei der Wahrheit. Letztere machte sie – wie das Johannes-Evangelium behauptet – auch frei: Der ranghöchste Polizist telefonierte mit jenem Hotel, in dem die gesamte Rapid-Mannschaft abgestiegen war um zu verifizieren, ob es sich bei den dreien Festgenommenen tatsächlich um Fußballer handelte. Klarerweise waren die Namen Uridil und Zeman bekannt aber von einem Herrn Pasterka – wie sich Ernst Happel kurzerhand genannt hatte – hatte niemand etwas gehört. Während Zeman und Uridil entlassen wurden, blieb ein noch grantigerer Happel in der heruntergekommenen Polizeistation zurück. Murrend bezog der Verteidiger eine Zelle. Erst am nächsten Morgen konnte ihn eine Rapid-Delegation auslösen.

Nicht nur wegen dieser Übernachtung sollte Ernst Happel seine Zeit in Uruguay in Erinnerung bleiben: Auf dieser Reise war er ebenfalls mit keinem Geringeren als Alfredo Di Stéfano aneinandergeraten: Im Match hatte es die spätere Real-Legende gewagt Happel zu foulen, „Aschyl“ hatte postwendend nachgetreten. Der Schiri zeigte beiden die rote Karte, es kam nahe der Outlinie zu einer Rudelbildung. Selbst dem coolen Happel wurde unwohl, als er sich dicht vor einer Masse heißblütiger Südamerikaner, die von Polizisten mit aufgepflanztem Bajonett in Schach gehalten wurde, befand. Irgendwie war er froh, den Gang in die Kabine antreten zu dürfen. Im Stadion versöhnte er sich mit Di Stéfano; beide mussten je zwanzig Dollar an Geldstrafe berappen. Die Reise nach Uruguay – für Happel voller: „teurer“ Erinnerungen.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

cialis kaufen