Die katholische Kirche ist in Österreich auf dem Rückzug, daher gehen jährlich auch die Zahlen der Firmlinge zurück. Seit 2003 verzeichnen die Diözesen etwa... Anekdote zum Sonntag (259) –  Der Firmname

Die katholische Kirche ist in Österreich auf dem Rückzug, daher gehen jährlich auch die Zahlen der Firmlinge zurück. Seit 2003 verzeichnen die Diözesen etwa ein Drittel weniger Jugendliche als früher. Vor Jahrzehnten gehörte die katholische Firmung dagegen noch zum guten Ton in sämtlichen Bevölkerungsschichten: Vermutlich wollten aber auch damals eher weniger Teenager ihr Bekenntnis zum christlichen Glauben bekräftigen, sondern schielten vielmehr auf die gemeinsame Freizeitgestaltung in der Firmvorbereitung oder die berühmte „Firmuhr“, die auch in Gestalt eines anderen Geschenkes daherkommen konnte.

Jedenfalls ist es in Österreich bis heute üblich anlässlich des Sakramentsempfangs einen Firmnamen, den Namen eines Heiligen, als weiteren Vornamen anzunehmen. Traditionellerweise wird oft jener des/der Firmpaten/Firmpatin gewählt; manche machen von ihrem „Namensrecht“ aber auch extensiveren Gebrauch. Für die spätere Reporterlegende Hans Huber spielte bei der Qual der Wahl tatsächlich sein Lieblingsfußballer eine große Rolle:

Huber gehört zur alten Garde der österreichischen Sportjournalisten und ist wohl eines der letzten lebenden „Kinder der Donaumonarchie“: Geboren wurde der spätere ORF-Sportchef nämlich 1944 in Prag als Sohn einer k.u.k.-Offiziersfamilie, die auch nach dem Ende des Kaiserreichs in Tschechien geblieben war. Mit vier Jahren kam Klein-Hans nach Wien. Nach der Matura studierte er zunächst Philosophie an der Universität ehe er bei der Austria Presse Agentur als Journalist anfing. Der Weg in die Sportreportage war für den Fußballverrückten (Eigenbezeichnung!) quasi vorgezeichnet. Lange Jahre arbeitete Huber für die Tageszeitung Die Presse und gleichzeitig für den ORF. 1982 wechselte er schließlich ganz zum Fernsehen und blieb bis zu seiner Pensionierung Mitglied der Sportredaktion, die er zwei Jahre lang auch leitete. Bekannt wurde er vor allem als Kommentator bei diversen Ski-, Olympia- und Fußballübertragungen. „Wegen der Schweden- und Israel-Geschichten bin ich in Erinnerung geblieben.“, erinnert er sich an jene legendären Momente bei den Ländermatches 1997 gegen Schweden und 2001 gegen Israel, als er einmal mit der Rückkoppelung des Tons zu kämpfen hatte und das andere Mal von erbosten Fans mit Steinen und Orangen beschossen wurde. Bis heute wird der junggebliebene 81-jährige gelegentlich angesprochen, ob er nicht bald wieder ein Match kommentiere. Darüber kann Huber – nach sechzehn Jahren Pension – nur schmunzeln.

Die Liebe für das Kicken entdeckte Hans Huber schon als Bub. Bevor er als Kommentator Objektivität wahren musste, drückte er der Wiener Austria die Daumen. Bei einer Doppelveranstaltung Anfang der 50er fiel dem Knirps erstmal das technisch-saubere Kombinationsspiel von Aurednik, Stojaspal, Stotz, „Dolfi“ Huber und Co. auf. Er erinnert sich: „Rapid habe ich auch geschätzt, aber die Austria hat mir mehr imponiert: Stojaspal hat alle überspielt, den Tormann zweimal gefoppt und dann hat er entweder geschossen oder nochmals gepasst. Rapid ist dagegen nur nach vorne gestürmt und hat nach einem Stanglpass ein Tor gemacht. Das spielerische Element der Austria hat mir einfach mehr gefallen, auch wenn ich Rapid immer Respekt entgegengebracht habe.“

In der damaligen Veilchen-Mannschaft schätzte Hans besonders seinen (Nach)Namensvetter Adolf „Dolfi“ Huber, der als Mittelstürmer drei Meistertitel mit den Veilchen einheimste. Huber – der Fußballer –  war einst als Nachfolger vom legendären Matthias Sindelar gehandelt worden, hartnäckige Meniskusprobleme verhinderten jedoch eine größere Karriere. Trotzdem blieb „Dolfi“ ein torgefährlicher Techniker, der bis heute drittbester Ligaschütze der Wiener Austria ist.

Als Hans Firmung anstand wollte er seinen Lieblingsspieler besonders ehren und beschloss daher als Firmnamen den berüchtigten Vornamen „Adolf“ anzunehmen. Da Hans viel zu jung war um die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges zu ermessen bzw. eine kritische Aufarbeitung desselben noch gar nicht stattgefunden hatte, dachte er sich bei dieser Namenswahl nichts Weiteres. Als er seinen Eltern jedoch seinen Wunsch mitteilte, schlugen Herr und Frau Huber entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen: Dieser Vorname käme ihnen nicht ins Haus, meinten sie bestimmt. Der junge Hans verstand die Welt nicht. Nach einem kurzen Vortrag über den wohl größten Kriegsverbrecher der jüngeren Vergangenheit probierte es Papa Huber diplomatisch: „Schau, der Sindelar war ja auch ein super Fußballer und das Idol von ,Dolfi‘. Warum nennst du dich nicht ,Matthias‘?“, fragte er seinen Sohn. Der spätere ORF-Sportchef überlegte kurz und willigte schließlich ein: So wurde aus ihm Johann „Hans“ Matthias Huber. Ehre, wem Ehre gebührt.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag