Sowohl Roland Linz als auch Djalminha waren bereits Protagonisten dieser Serie; heute treten sie im Doppelpack auf. Wir reisen zurück in jene Zeit, als... Anekdote zum Sonntag (262) –  Linz in Madrid

Sowohl Roland Linz als auch Djalminha waren bereits Protagonisten dieser Serie; heute treten sie im Doppelpack auf. Wir reisen zurück in jene Zeit, als jung (Linz) und „alt“ (Djalminha) während ihrer gemeinsamen Zeit bei der Austria einen Städtetrip nach Spanien veranstalteten – sehr zum Missfallen ihres damaligen Trainers Christoph Daum, dessen Zusammentreffen mit einem Rieder Zuschauer in dieser Anekdotenreihe ebenfalls bereits thematisiert wurde.

Nach einem Türkei-Trainingslager der Favoritner gab Daum seinen Spielern vor Beginn der Rückrunde 2002/03 noch drei Tage frei: Djalminha, der Leihspieler von Deportivo La Coruña war, plante an diesem Wochenende seine Kumpels aus der brasilianischen Nationalmannschaft in Madrid zu besuchen. Der Doppelstaatsbürger leckte seine Wunden, schließlich war es erst wenige Monate her, dass er für die WM-Endrunde 2002 von SeleçãoTeamchef Scolari nicht berücksichtigt worden war und mitansehen musste, wie seine Kollegen in Asien ohne ihn Weltmeister wurden.

Djalminha und der Innenverteidiger Júlio César, den die Veilchen von Real Madrid ausgeliehen hatten, luden Jung-Stürmer Roland Linz ein, sie nach Madrid zu begleiten. Linz sagte begeistert zu. An diesem Wochenende stand das Stadtderby an und die spanische Hauptstadt stand unter Strom. Entgegen seinen Erwartungen sollte Roland Linz das – nach dem clásico – prestigeträchtigste La Liga-Duell jedoch nicht live sehen. Die beiden Brasilianer schleusten den unerfahrenen Steirerbua spätabends in ein Nobellokal im Herzen der Hauptstadt. Dort tröpfelten nach und nach sämtliche brasilianische Spieler von Atlético und Real ein. Herzlich begrüßten Djalminha und César ihre Landsmänner, während sich Linz schüchtern im Hintergrund hielt. Der Angreifer konnte es kaum glauben: Plötzlich saß er vis-à-vis von Roberto Carlos und erspähte zwei Plätze weiter das Idol seiner Generation: Ronaldo. Auch Linz hatte noch beim DSV Leoben „Il Fenomeno“ und seine Abnehmerqualitäten nachgeahmt; nach zwei Toren im WM-Finale befand sich der Real-Stürmer damals auf dem absoluten Höhepunkt seiner Karriere.

Für Roland Linz bedeutete dieser Restaurantbesuch aber nicht nur ein Treffen mit den weltbesten Kickern, sondern auch ein Einblick hinter die Kulissen der großen Fußballwelt: Viele der anwesenden Profis waren mit ihren Ehefrauen ins Restaurant gekommen, nach dem Essen verließen die meisten Damen peu à peu das Lokal. Linz staunte nicht schlecht, als wie durch Zauberhand plötzlich andere Frauen auftauchten und sich zutraulich zu den (verheirateten) Spielern gesellten. Das Abendessen entwickelte sich in der Folge zu einer zünftigen Party. „Ich hab‘ gedacht, ich bin im falschen Film.“, erinnert sich der FAK-Stürmer. Viele Spieler schauten tüchtig ins Glas, so auch Ronaldo. „Er trank ein Bier nach dem anderen und war am Ende blunznfett.“, meint Linz.

Nach seiner Rückkehr nach Wien musste Linz im Büro seines Chefs antanzen. Christoph Daum war der Trip seiner drei Spieler zu Ohren gekommen und nun setzte es saftige Geldstrafen. Daum machte sich Sorgen, dass Linz auf die falsche Bahn geraten könnte, wenn er weiterhin mit Djalminha und César unterwegs war. Schließlich galt „Roli“ schon früh als ein Talent, das sich auf seine natürliche Begabung verließ und nicht der Fleißigste war. Ehrlich war der gebürtige Steirer aber schon: Pflichtbewusst erzählte der damals 21-Jährige seinem Trainer sämtliche Einzelheiten des Partywochenendes in Madrid, woraufhin Daum die Bußzahlung verdoppelte. Zähneknirschend griff der Offensivspieler in seine Geldbörse.

Den Initiator des Ausflugs kam eine weitere Madrid-Reise teurer zu stehen: Nur wenige Monate später flog Djalminha erneut nach Spanien und sah sich das CL-Halbfinale Real gegen Juventus an. Vor seinem Rückflug geriet er mit einem Fluglinienangestellten in Streit und verpasste diesem (angeblich) einen Kopfstoß. Zu dumm: Genau wegen derselben Aktion – nur gegen seinen La Coruña-Trainer Irureta – war Djalminha vor der WM 2002 aus der Nationalmannschaft geflogen und zur Austria verliehen worden. Letztere verzichtete in der Folge auf eine Vertragsverlängerung; Djalminha ging zurück zu seinem Stammverein, wo er allerdings nicht mehr Fuß fassen konnte. Nach einer weiteren erfolglosen Saison in Mexiko hatte er als Fußballpensionist für Partys genügend Zeit.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag