Anekdote zum Sonntag (266) – Ein Fußballwunder in finsteren Zeiten
Sonstiges 16.März.2025 Marie Samstag

Um das Endspiel der deutschen Meisterschaft 1941 zwischen Rapid und Schalke ranken sich viele Mythen und Legenden. Weil Rapid nach sensationeller Aufholjagd noch 4:3 gewann, wurde bald gemunkelt, die NS-Führung habe dem „ostmärkischen“ Verein den Sieg zur Beruhigung der hiesigen Bevölkerung schenken wollen. Für diese Gerücht gibt es aber ebenso wenig Beweise, wie dafür, dass sich die Hütteldorfer der Inszenierung eines (erneuten) Gelsenkirchner Triumphs widersetzt und „gegen das Protokoll“ triumphiert hätten.
Die sportliche Meisterleistung in dunkelster Zeit ist aus Rapid-Sicht vor allem mit dem Namen Franz „Bimbo“ Binder verbunden: Der „Kanonier“ aus St. Pölten machte an diesem Sommertag das Spiel seines Lebens und erzielte innerhalb von zehn Minuten drei Tore. Ein besonderes Match war es aber auch für den Rechtsverteidiger Leopold Gernhardt: Der 21-jährige rutsche nur deshalb in die Startaufstellung, weil sein Kollege Hans Hofstätter zuvor von einem Taxi gerammt worden war und eine Platzwunde am Auge davongetragen hatte.
Gernhardt wechselte 1939 vom ASK Graphia (heute: FC Mauerwerk) zum SCR; bei einem Probetraining überzeugte er mit seiner Schussstärke Rapid-Übungsleiter Nitsch. Das Heimdebüt des kräftigen Jungspundes verlief dann alles andere als glücklich: Gernhardt verschuldete beim 1:2 gegen die Vienna ausgerechnet durch ein Eigentor den Siegestreffer der Blau-Gelben. In seinen ersten beiden Spielzeiten sammelte der Verteidiger nur wenige Einsatzminuten, ehe er im Meisterschaftsfinale aufgestellt werden sollte. Letztendlich läutete der Sieg über Schalke aber Gernhardts große Fußballkarriere ein: Er spielte 16 Saisonen lang in Hütteldorf, wurde Kapitän, siebenmal Meister und einmal Cupsieger. Auch im ÖFB-Team trug er die Schleife, spielte auf diversen Positionen und arbeitete später als Trainer. Leopold Gernhardt war der letzte Spieler der Meistermannschaft von 1941, der im Juli 2009 anlässlich eines Freundschaftsspiels zwischen Rapid und Schalke geehrt wurde. Er starb 94-jährig im April 2013.
Bei jenem Endspiel am 22. Juni 1941 glaubte der kräftige „Poldl“ zunächst sein Team würde in ein fußballerisches Debakel schlittern: Vor der fantastischen Kulisse des Berliner Olympiastadions – rund 80.000 Zuschauer:innen – fragte ihn sein Kollege Franz „Zapferl“ Wagner nachdem die erste Viertelstunde vergangen war: „Heast, hast du schon an Boin berührt?“ Gernhardt schüttelte daraufhin den Kopf. „Zapferl“: „I a net!“ Tatsächlich spielte der Schalker Kreisel die Wiener mit seinem Kurzpassspiel schwindlig und führte nach neun Minuten bereits mit 2:0. Knapp vor der Pause verschoss Binder zudem einen Strafstoß. Als in der 58. Minute Hinz das dritte Tor für die Königsblauen erzielte, schien die Partie gelaufen zu sein. Viele dachten, Rapid würde nun – wie die Admira vor zwei Jahren – mit einer Packung nachhause fahren: Die Floridsdorfer hatten damals so viele Tore kassierte wie „Bimbo“ Binder Geschwister hatte: 9 Stück.
Doch mit dem Anschlusstreffer von Georg Schors in der 62. Minute war der Rapidgeist plötzlich erwacht und auch Leopold Gernhardt fand ins Spiel: Er rettete einen Ball knapp vor der Torlinie und trug dazu bei, dass der Mut seiner Mannschaft wuchs: Plötzlich witterten die Wiener ihre Chance. Nur wenige Momente später folgte „Bimbos“ großer Auftritt: Nach einem Freistoßtreffer in der 63. Minute und einem Elfmetertor in der 65. Minute stand es plötzlich unentschieden und das Berliner Publikum wechselte die Seiten: „Rapid, Rapid!“ hallte es nun durch das Olympiastadion. In der 71. Minute gelang Franz Binder schließlich der Siegestreffer – der St. Pöltner fetzte die Kugel unhaltbar ins Netz. Das Publikum war kurz vor dem Ausrasten. Schalke warf in den letzten Minuten alles nach vorne, konnte jedoch den Ausgleich nicht mehr erzielen. Die Hütteldorfer erhielten den Siegespokal, die „Victoria“, ohne Namensschild überreicht – in der Eile hatte man es nur mehr geschafft das kleine Schild mit der Eingravierung „Schalke Westfalia“ zu entfernen. Der Held des Tages verließ das Stadion auf den Schultern seiner Anhänger.
Das Dritte Reich, das seinen verbrecherischen Krieg mit dem Angriff auf die Sowjetunion an diesem Tag fortgesetzt hatte, gratulierte Rapid zum Meisterschaftsgewinn mit zahlreichen Wehrmachtseinberufungen: Viele Spieler tauschten ihre Trikots bald mit dem Landser-Dress. Franz Binder hatte Glück: Seine Einheit ergab sich 1945 in Bayern den Amerikanern und auch „Zapferl“ Wagner und Leopold Gernhardt überlebten den Zweiten Weltkrieg. Wie beim Endspiel 1941 hatten sie Glück – neben einer wundersamen Fügen brachte Rapid aber auch Herz und Einsatz die einzige Deutsche Meisterschaft ihrer Geschichte ein: Deutscher Meister war eben nur der SCR.
Marie Samstag
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