Fußball ist mittlerweile so wichtig, dass auch in Kriegszeiten gekickt wird. Der Ukraine-Konflikt ist das beste Beispiel dafür: Champions-League-Spiele kennen keine Kampfhandlungen, keine Rebellen, keine Gewalt und kein Elend. Ist das gut oder schlecht? Sport ist zu einem Geschäft geworden, verleiht aber trotzdem ein Gefühl von Normalität. Im Zweiten Weltkrieg ging es nicht um Geld sondern darum, Durchhalteparolen auszugeben und eine Illusion von Frieden zu schüren. Auf Sparflamme wurde auch noch in den kargen Kriegsjahren gespielt. Wirklich sehenswert waren diese Meisterschaftsspiele in den Gauligen allerdings meistens nicht. Athletisch und jung ist oft gleichbedeutend mit wehrfähig und so stand die „Creme de la Creme“ nicht am Fußballplatz sondern im Landser-Dress am Schlachtfeld. Die wenigen Spieler, die ihren Vereinen erhalten blieben, waren aufgrund beruflicher Engagements unabkömmlich, untauglich oder zu alt für die Wehrmacht.
Als die Versorgungsschwierigkeiten Anfang der Vierzigerjahre auch auf den Verkehr übergriffen, minderten die Reisen zu Auswärtsspielen die Qualität der Liga weiter. So entstiegen am 19. Jänner 1941 nur sechs LASK-Spieler zwei uralten Steyr-Puch. Am Wacker-Platz in Wien-Meidling sollte das Spiel gegen die Wiener Austria stattfinden. Die restlichen LASK-Kicker saßen im Zug fest. Da das Regulativ einen Einsatz von mindestens sieben Spielern pro Team vorsah, musste der dreiunddreißigjährige Trainer Georg Braun die Schuhe schnüren. Eigentlich keine große Sache, wurde Braun doch 1939 als Spielertrainer verpflichtet. Mit so einem Einsatz hätte er aber nicht gerechnet. Auch der Linzer Zeugwart (nach anderen Angaben: ein Zuschauer) musste in die Bresche springen und das schwarz-weiße Trikot überstreifen. Zur Halbzeit führte die Wiener Austria schon mit 8:0, als nach und nach die anderen Spieler eintrudelten und der LASK seine elf Spieler beisammen hatte. Der zusammengewürfelte Haufen konnte jedoch nichts ausrichten und krebste eher wie das Kaninchen vor der Schlange herum. Die Austria, die trotz Kriegswirren und Aderlass nach dem Anschluss, gut funktionierte, spielte die Rumpftruppe an die Wand: Rirsch, Haag, Riegler, Stroh, Müller und Mock netzten. Am Ende hieß es 21:0- in Worten: Einundzwanzig zu Null. Zwei Eigentore hatten die Linzer als Gastgeschenke beigesteuert und damit nicht nur die höchste Vereinsniederlage, sondern auch die höchste Niederlage der österreichischen Fußballgeschichte erlitten. Knappe 55 Jahre zuvor hatte Bon Accord Aberdeen aus Schottland bei Arbroath eine 0:36- Abfuhr eingefahren und sich damit die höchste Niederlage Europas in die Chronik geschrieben.
Gemessen an dieser „Schraub‘n“ kamen die Linzer ja noch gut davon. Verständlicherweise erhoben sie trotzdem Einspruch bei der Liga: Ohne Chance. Es wäre in ihrer Verantwortung gelegen, rechtzeitig vollzählig anzukommen. Die Niederlage blieb ihnen. Fußball war in diesen Zeiten aber ohnehin nicht viel wert. Leider.
Marie Samstag, abseits.at
Marie Samstag
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