Franz Hasil war einer der besten und stursten Fußballer Österreichs. Bei Rapid reifte er zu einem kreativen Spielgestalter, der mit feiner Klinge Zuckerpässe in... Anekdote zum Sonntag (82) –  Kein Ball für Emma

_Retro Alter FußballFranz Hasil war einer der besten und stursten Fußballer Österreichs. Bei Rapid reifte er zu einem kreativen Spielgestalter, der mit feiner Klinge Zuckerpässe in die Tiefe spielte. Ernst Happel machte später aus dem „schlampigen Genie“ einen robusten Mittelfeldspieler auf Weltklasseniveau.

Als es jedoch Probleme bei Feyenoord Rotterdam gab, packte Hasil wie eine beleidigte Leberwurst seine Koffer und floh zurück nach Österreich. Mit Feyenoord war er Europa- und Weltpokalsieger und zu einem der besten Spieler der Welt geworden, trotzdem verzog er sich – als er seinen Stammplatz verloren hatte – heimwärts: Lieber spielte er gemütlich in Kärnten als bei einer Spitzenmannschaft um Einsatzminuten zu kämpfen. Vier Jahre hatte der in Schwechat Aufgewachsene bereits in der Provinz verschwendet. Mit 33 Jahren war er fix gesetzt und von zu viel Arbeit befreit. Die Kollegen schauten bewundernd zu ihm auf. „Wenn er wollte, war er Weltklasse. Wie keinem anderen gehorchte dem Franz der Ball.“, erzählte Mitspieler Alois Jagodic. Während besonders die Jungen Hasil anhimmelten, war einer in der Mannschaft nicht sein Freund: Lothar Emmerich, genannt Emma.

Der aus Dortmund stammende Stürmer war ein Torjäger der Spitzenklasse. Bis heute hält er mit 115 Treffen in 183 Einsätzen die drittbeste Quote aller Top-50-Torjäger der deutschen Bundesliga. Als 18-jähriger kam er zum BVB und wurde mit diesem Meister, Pokalsieger und Europapokalsieger. Im Ausland war „Emma“ immer einer der Topscorer – ob in Belgien oder Österreich. Er war im gleichen Alter wie Franz Hasil, aber – im Gegensatz zu diesem – von Ehrgeiz zerfressen. Zu Austria Kärnten war Emmerich dank des Investors Funder gekommen. Hier wurde er zweimal Zweiter in der Torschützenliste, wobei zu bedenken ist, dass die Austria trotz aller finanziellen Bemühungen stets im Abstiegssumpf steckte. Emmerich wollte alles machen: Er bot sich an jeden Freistoß, Elfmeter und Corner zu schießen. Am liebsten hätte er nicht nur jede Flanke gezirkelt, sondern diese dann auch gleich per Kopf verwertet. Hasil war genervt. Er war der Star der Mannschaft und die ewige Ballverliebtheit des Deutschen ging ihm gewaltig auf den Zeiger. Der Niederösterreicher nutzte sein hohes Standing im Team. Als Emmerich anlässlich eines Freundschaftsmatches sich bereits Richtung Feld aufgemacht hatte, hielt der „Has“ seine Mitspieler in der Kabine zurück: „Dass eines klar ist: In den ersten 15 Minuten darf unser Deutscher keinen Ball bekommen. Klar?!“

Die Jungs lachten sich ins Fäustchen. Als das Spiel begann, lief sich Emmerich wie gewohnt vorne frei. Die Mitspieler beachteten ihn jedoch nicht, unterbrachen lieber einen Vorstoß, wenn nur Emmerich anzuspielen war. So ging es rund fünfzehn Minuten lang. Diese erste Viertelstunde zog sich für „Emma“ wie Kaugummi. Bald dämmert ihm, dass hier eine Verschwörung im Gange war. Der Urheber war leicht auszumachen: Der Westfale fluchte und beschwerte sich lautstark beim Trainer: „Der Hasil spielt mich nicht an!“ Hasil reagierte schlagfertig: „Wenn du nicht gleich still bist, siehst du die Kugel auch für die restlichen 75 Minuten nicht!“ Das Kärntner Publikum johlte und sogar die Trainer mussten schmunzeln. So war Hasil. Wenn er wollte Weltklasse im Schmähführen und Ballhalten. Wenn er keine Lust hatte, brachte er es in beiden Bereiche nicht einmal auf Kreisliganiveau.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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