Haben Sie Flugangst? Angst ist per se etwas Irrationales. Eigentlich müsste man sich im Blechvogel nämlich besonders sicher fühlen, handelt es sich doch um... Anekdote zum Sonntag (95) – Come fly with me, let’s fly, let’s fly away…

Haben Sie Flugangst? Angst ist per se etwas Irrationales. Eigentlich müsste man sich im Blechvogel nämlich besonders sicher fühlen, handelt es sich doch um das statistisch zuverlässigste Verkehrsmittel der Welt. Aviophobie erstreckt sich von einem mulmigen Gefühl beim Einsteigen, schwitzenden Händen bei Turbulenzen bis hin zur völligen Verweigerung die Maschine überhaupt zu betreten. Für Fußballprofis ist es heute nicht sehr passend Flugangst zu haben, sind doch zahlreiche Matchorte nur per Flugzeug zu erreichen.

Dennis Bergkamp war ein prominenter Vertreter jener Kicker, die panisch werden, wenn sie an Bord einer Flugmaschine gehen. Seit einem Zwischenfall mit dem holländischen Nationalteam in den USA fürchtete sich die legendäre Nummer Zehn von Arsenal London vor dem Fliegen. Die Maschine hatte damals Triebwerksprobleme und Bergkamp weigerte sich nach diesem Ereignis je wieder in einen Blechvogel einzusteigen. Er reiste nun immer per Bus oder Auto zu Auswärtsspielen an.

Ganz so schlimm war die Flugangst der Profis Andreas Reisinger, dem langjährigen Rapid-Amateurtrainer, und Kurt Garger, der zurzeit die Vienna coacht, nicht ausgeprägt. Trotzdem stand ihnen die Angst hunderte Meter über der Erde zu schweben im Weg, als sie bei Casino Salzburg spielten und aufgrund der Europacupspiele zahlreiche Airline-Reisen unternehmen mussten. In den 90ern sorgte Salzburg international für Furore und die Reise mit dem Flugzeug wurde für die Profis zum Alltag. Andi und Kurt beteiligten sich an den lockeren Unterhaltungen ihrer Kollegen nur solange bis sie die Abflughalle Richtung Passagiermaschine verlassen mussten. Dann verstummte der Schmäh der gestandenen Mannsbilder und sie gingen stumm Richtung Flieger.

Einmal reiste Salzburg nach Frankfurt und der damalige Sekretär Myrtl wusste, dass Niki Lauda selbst im Cockpit sitzen würde. Er fragte bei einer Stewardess nach, ob der Chef persönlich die beiden Angsthasen, die kreidebleich in ihre Sitze versunken waren, nicht in die Kunst des Fliegens einweisen könne. Das war reine Routine für den Ex-Formel-Eins-Weltmeister. Als die Reiseflughöhe erreicht war, bat er Garger und Reisinger ins Cockpit. Kaum öffnete sich die Türe, tauchte die Schnauze des Fliegers in eine langgestreckte Wolke ein und man konnte gar nichts mehr erkennen. Andi Reisinger erzählte später: „Das war zwar sehr beeindruckend, aber beruhigend war es nicht. Denn in der Wolke sieht man genau – nichts“ Niki Lauda erklärte mit einer Engelsgeduld das Auftriebsprinzip und die vielen Systeme der Maschine. Er wies die beiden Fußballer daraufhin, wieviel Technik für Sicherheit sorgte, dass sich die Geräte gegenseitig kontrollieren bzw. einspringen, wenn eines von ihnen ausfiel. Außerdem berichtete er von seinen Erfahrungen und jenen seines Co-Piloten, er erzählte, welche Schwierigkeiten sie schon gemeistert hatten und so weiter.

Andi und Kurt zeigten sich beeindruckt, beruhigt waren sie allerdings nicht. Lauda und sein Co-Pilot dachten jedoch, sie hätten ihre Schuldigkeit getan und der Grundkurs habe Wirkung gezeigt. Sie lehnten sich schließlich entspannt zurück, der Autopilot flog von alleine. Die beiden Salzburg-Spieler gingen zurück auf ihre Plätze. Doch kaum waren sie dort angekommen, meinte Andi: „So einen Haufen Schalter, Hebel, Knöpfe. Da kann sich doch kein Mensch auskennen! Jetzt hab‘ ich noch mehr Angst als vorher.“ Kurt nickte beipflichtend: „Jetzt, wo du’s sagst – ich auch.“

Marie Samstag, abseits.at  

Marie Samstag

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