Austria Salzburg – eine Erfolgsgeschichte dank Red Bull?
Sonstiges 21.Juni.2015 Werner Sonnleitner 1
Ziemlich genau zehn Jahre nach dem Abschied aus dem Profifußball, kehrt die Austria aus Salzburg heuer dorthin wieder zurück. Kaum ein heimischer Fußballinteressierter kann diesen Verein komplett ignorieren. Wir gehen dem Phänomen der jungen Austria auf die Spur. Immerhin ein Parade-Beispiel, dass ein schmerzhafter Neustart oft langfristig die bessere Alternative zum „Dauer-Kriseln“ ist.
Austria Salzburg – Steiler Aufstieg, tiefer Fall
In der Mozartstadt wurde man fußballtechnisch in den goldenen 90ern verwöhnt. Unter der Leitung von Otto Baric, mit seinem Präsidenten Rudi Quehenberger im Rücken, starteten die Violetten einen wahren Höhenflug. So holte man 1993/94 erstmals die Meisterschale an die Salzach, während man gleichzeitig auf der Erfolgswelle durch Europa surfte. Otto Konrad und Co. wurden erst im Finale des UEFA Cups denkbar knapp von Inter Mailand geschlagen. Im darauffolgenden Jahr klappte es mit der Titelverteidigung und auch der Einzug in die Champions League glückte gleich beim ersten Anlauf. 1997 wurde der Titel zum dritten Mal geholt, es sollte die letzte violett-weiße Meisterfeier in Salzburg werden.
Danach begann langsam aber sicher der Niedergang. Sportlich konnte man international die gestiegene Erwartungshaltung nicht mehr erfüllen, national versank man im Mittelmaß. Wirtschaftlich wurde der Verein umgebaut und in eine neu gegründete AG ausgelagert. Eine Liste von Fehleinkäufen, Trainerwechseln und unglücklichen Entscheidungen führte den Klub fast in die Zweitklassigkeit und finanziell an den Rand des Abgrunds.
So übernahm Red Bull im Frühjahr 2005 die ausgelagerte AG und wurde damit 100% Eigentümer des Vereins. Fast symbolisch ging mit Heiko Lässig gleichzeitig, das zu diesem Zeitpunkt letzte Überbleibsel aus der erfolgreichen Generation und außerdem der Kapitän der Violetten von Bord.
Red Bull übernimmt
Damals, vor ziemlich genau zehn Jahren gingen für zahlreiche violette Fans in Salzburg die Lichter aus. Aus ihrem geliebten Traditionsverein wurde – so deren Ansicht – ein Marketingkonstrukt, mit dem der wahre Austrianer nichts mehr zu tun haben wollte. Der Brausehersteller aus Fuschl packte die Chance am Schopf, fing einen dahinsiechenden Verein mit großer Vergangenheit aber unsicherer Zukunft auf, um ihn nach seinen eigenen Vorstellungen neu aufzupäppeln bzw. umzugestalten.
Vereinsfarben plus Logo wurden ausradiert und ersetzt. So war es wenig verwunderlich, dass sich in der Premieren-Saison 2005/06 das Fanlager tief spaltete. Mit der „Initiative Violett Weiß“ wollte die große Mehrheit im Fanblock die Vereinstradition retten. Ein aussichtloses, weil ungleiches Duell: Da der global agierende Getränkeriese, dort – überspitzt formuliert – eine Gruppe Fußballromantiker. So kapitulierte man schließlich wenig überraschend und überließ Red Bull das Feld.
Ein Fanprojekt – die neue Austria
Und genau das sollte sich im Nachhinein – oder zumindest mittlerweile – als Glücksfall für die Initiatoren herausstellen. Wer weiß, hätten die Red Bull Verantwortlichen damals dem Vorschlag der Fans einer violetten Kapitänsschleife eingewilligt, wäre vieles in Salzburg bzw. Maxglan wohl anders gelaufen. Die alte Austria wäre in das neue Red Bull Projekt integriert worden, vom jetzt so verhassten Rivalen geschluckt und wohl komplett ausgelöscht.
Gerade und wohl nur wegen dieser „feindliche Übernahme“ wurde der Klub über die Stadt- bzw. Landesgrenzen hinaus populär. Viele Fußballfans begeisterte einerseits der Neustart des bekannten Nachfolgevereins in der untersten Salzburger Liga gleichermaßen, wie die Ablehnung gegen einen neuen, finanzstarken Liga-Dominator.
In ganz Österreich und darüber hinaus gab es viele Solidaritätskundgebungen von anderen Fangruppen. Die Austria stand für viele für das Gegenstück im Kampf gegen die Kommerzialisierung im Profifußball. Selbst deutsche Fernsehsender und Fußballmagazine griffen später die Initiative und deren Ideen auf.
Doch fast hätte sich die neue Austria ebenso einer feindlichen Übernahme (wenn auch im kleineren Ausmaß) schuldig gemacht: Mit PSV Salzburg ging man eine Spielgemeinschaft ein, um 2005/06 in der Landesliga starten zu können. Dort wurden deren Vereinsfarben auch ausradiert. Aus rot weiß wurde violett weiß. Vorübergehend.
Denn schon nach einer Saison ging man wieder getrennte Wege. 2006/07 begann man als eigenständiger Verein, mit neuem Kader (großteils aus dem Fanlager) in der untersten Liga – der 2. Klasse Nord A. Von dort gelang mit vier Aufstiegen in Serie der Durchmarsch in die Regionalliga West. Wo man sich von 2010 bis zuletzt kontinuierlich Richtung Erste Liga heran tastete. Letztes Jahr noch knapp in der Relegation gescheitert, gelang heuer das Comeback in den Profifußball.
Das Resümee
Fans und Sympathisanten packten gemeinsam an und führten den neuen Verein wie am Computer beim Fußballmanager durchs Unterhaus und sämtliche Ligen zurück ins Profigeschäft. Immer irgendwie beäugt von zahlreichen neugierigen Fußballfans aus dem ganzen Land. So entstand für viele irgendwie eine Art Exempel, eine klassisches Beispiel für einen Klub von Fans für Fans. So, und wohl nur so konnte sich ein kleiner Mythos, manche sprechen von einer Heldensaga rund um das Projekt der neuen Salzburger Austria entwickeln.
Wäre nicht dieser kapitale Neustart passiert, wo würde der ehemalige Traditionsklub jetzt stehen? Ohne der Übernahme von Red Bull, wäre der ursprüngliche Verein wahrscheinlich heute immer noch violett. Oder aber pleite. Angesichts der finanziellen Turbulenzen wäre deren sportliche Konkurrenzfähigkeit heute eher ungewiss. Vielleicht im grauen Mittelmaß gefangen, wie dauerkriselnde Vereine aus anderen Landeshauptstädten wie Linz oder Innsbruck? Leise, aber komplett von der Wahrnehmung außerhalb der Stadtgrenzen verschwunden wie Bregenz oder Pasching?
Eine große Vergangenheit setzt automatisch gestiegene Ansprüche in die Zukunft. Werden die nicht erfüllt, führt dies wiederum zu unzufriedenen Fans und halbleeren Stadien. Ein Neustart hat zwar den Nachteil, dass viel Geduld von Nöten ist, kann aber langfristig auch eine heilende Wirkung haben.
So steht der Verein für viele heute noch als „Mahnmal gegen den moderneren Fußball und als Beleg, das mit der richtigen Portion Idealismus und einem dementsprechenden Einsatz viel und noch mehr möglich ist.“ Das ist auch der Schlusssatz mit dem sich die Initiative offiziell verabschiedete.
Werner Sonnleitner, www.abseits.at
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