Heute Abend steigt im Wiener Ernst-Happel-Stadion das Cupfinale zwischen der SV Ried und Austria Lustenau. Nicht nur Kabarettisten, auch viele Fans scherzen über das... Das Finale, das keiner sehen will?

Heute Abend steigt im Wiener Ernst-Happel-Stadion das Cupfinale zwischen der SV Ried und Austria Lustenau. Nicht nur Kabarettisten, auch viele Fans scherzen über das „Endspiel, das keiner sehen will“. Auf die hämische Frage, ob es noch Karten gäbe, erntet man an den Stammtischen des Landes süffisantes Schmunzeln.

Aber dem Endspiel der beiden Außenseiterteams wird Unrecht getan. Laut der offiziellen Webpräsenz des ÖFB-Samsung-Cups sind bereits über 10.000 Tickets abgesetzt und betrachten wir die Cup-Endspiele der letzten 20 Jahre, so stellen wir fest, dass gleich siebenmal weniger als 10.000 Zuschauer den Weg ins Stadion fanden. Es ist also nicht die Finalpaarung, die den Fans keine Freude bereitet, sondern der Bewerb, der in ebendiesen letzten 20 Jahren an Bedeutung und Zauber verlor, obwohl er die direkte Qualifikation zum Europacup ermöglicht.

ALLGEMEIN WENIGE ZUSCHAUER

Das am schlechtesten besuchte Cupfinale der letzten Jahre fand 1998 im Gerhard-Hanappi-Stadion zu Hütteldorf statt. Damals hieß der Sieger, noch nicht mit derselben aktiven Fanszene wie heute ausgestattet, SV Ried. Mit einem 3:1-Sieg über Sturm Graz holte Klaus Roitinger mit seinem Team den ersten Titel der Vereinsgeschichte. Unvergessen auch der cool gelupfte Elfmeter von Goran Stanisavljevic, der diesen Titel ermöglichte. Die meisten Zuschauer der letzten 20 Cup-Jahre fanden sich übrigens 2005 im Ernst-Happel-Stadion ein, als die Austria mit einem 3:1-Sieg Rapid das Double versalzte. Trotz Derby und großer Euphorie, speziell im grün-weißen Lager der Stadt, kamen „nur“ 28.000 Fans.

REKORD EIN JAHR NACH DEM KRIEG

Um den absoluten Zuschauerrekord im österreichischen Cup zu finden, müssen wir sehr weit in der Vergangenheit suchen. Während des Krieges wurde der österreichische Cup nicht ausgespielt und heimische Klubs mussten am deutschen Pokal teilnehmen, den Rapid (1938) und die Vienna (1943) jeweils einmal gewinnen konnte. Und ebendiese beiden Teams sorgen ein Jahr nach dem Krieg, 1946, für das bestbesuchte Cup-Endspiel der Geschichte. Den 2:1-Sieg Rapids im Wiener Stadion – viele Jahre später in Praterstadion und schließlich Ernst-Happel-Stadion umbenannt – sahen 50.000 Fußballinteressierte.

BEWERB DER UNDERDOGS

Austria Lustenau wird nach den Siegen in Kapfenberg und bei der Wiener Austria schon lange nicht mehr als Sparringpartner der Rieder angesehen. Die Elf von Edi Stöhr spürt die einmalige Chance Geschichte für den Klub und für Vorarlberg zu schreiben und wird der SV Ried naturgemäß alles abverlangen. Der Cup ist ohnehin ein gutes Pflaster, wenn es für Vereine aus der zweithöchsten Spielklasse darum geht, zu überraschen. 2001 ließ Mario Steiners Tor den FC Kärnten jubeln: Der spätere Aufsteiger aus Klagenfurt besiegte den Serienmeister FC Tirol. Zehn Jahre zuvor, 1991, blamierte sich der SK Rapid im Praterstadion bis auf die Knochen und unterlag Zweitdivisionär Stockerau mit 1:2. Und drei Jahre davor setzte sich der Kremser SC in Hin- und Rückspiel gegen den FC Tirol durch, stieg ein Jahr später in die Bundesliga auf und verpflichtete alsbald mit Mario Kempes einen argentinischen Weltmeister und Torschützenkönig der spanischen Primera División. Eine Chronologie der Ereignisse, wie sie in Lustenau auch bei einem möglichen Cupsieg nicht stattfinden wird. Aber eine von vielen schönen, nostalgischen Cup-Geschichten, die uns zeigen, dass der Cup ein besserer Wettbewerb ist, als er nach außen hin transportiert wird.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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