„Des is Brutalität“: Dieses geflügelte Wort, welches Helmut Qualtinger als Travnicek aussprach, um über das von Franco beherrschte Spanien zu witzeln, hält uns seit... Der 1.Simmeringer SC ist zurück in der Regionalliga… des is Brutalität!

„Des is Brutalität“: Dieses geflügelte Wort, welches Helmut Qualtinger als Travnicek aussprach, um über das von Franco beherrschte Spanien zu witzeln, hält uns seit Jahren einen alten Wiener Sportverein im Gedächtnis. Es entstammt aus der erfolgreichsten Zeit des nunmehrigen Meisters der Wiener Liga und somit Ostligisten 2011/12, 1. Simmeringer SC.

Ein Spiel zwischen dem Kapfenberger SV und den Simmeringern im Oktober 1956 endet mit einem Beinbruch und einem ausgekegelten Fuß, das Spiel ist hart, aber dennoch fair. Die Härte bekamen aber generell in jener Zeit auch die Fans der Gegner zu spüren. Schwer zu verdauen ist auch die Geschichte des 1901 gegründeten Sportclubs aus Wien XI.

ROSIGE ZEITEN

In den Anfangsjahren des Vereins verbuchten die Simmeringer immer wieder Erfolge. Gleich im ersten Jahr der Fußballmeisterschaft, die 1912 ausgetragen wurde, konnte man den 5.Platz erreichen und sogar zwei Mal den Platzhirsch Rapid schlagen. 1926 wurde man Dritter und feierte damit den bis dato größten Erfolg der Klubgeschichte. Nach finanziellen Problemen verdingte man sich bis kurz vor dem zweiten Weltkrieg in der 2.Liga, ehe man aufstieg und in den Kriegswirren den Spielbetrieb vorübergehend einstellte. Von 1951 bis 1964 hielt man sich in der Staatsliga A und feierte am 3.Juli den nächsten großen Erfolg der Geschichte: Vor 60 000 Zusehern wurde Ferencvaros Budapest im Mitropacup auswärts mit 2:1 besiegt. Die Freude währte nur kurz, eine Woche später setzte es ein empfindliches 1:5-Heimdebakel. 1964 wurde der 1.Simmeringer SC Opfer der Bundesligareform und pendelte bis Anfang der 80er-Jahre zwischen erster und zweiter Spielklasse.

SAME OLD STORY

Die Kassen waren 1983, wie bei vielen Fußballklubs leer, und es dauerte bis 1994, bis sich die Simmeringer finanziell erholt hatten. Die Taumelfahrt im östlichen Unterhaus dauerte bis zum Abstieg in die Oberliga A am Ende der Spielzeit 2008 an, auch wenn man 2001 bis ins Achtefinale des ÖFB-Cups vorstieß und am Weg bis dorthin die SV Ried ausschalten konnte. Gegen die Salzburger Austria schied man auf der altehrwürdigen Simmeringer Had schließlich mit 0:1 aus. In der Oberliga, der fünfthöchsten Spielklasse, konnte man sich schließlich finanziell konsolidieren und mit Hilfe des ehemaligen Internationalen Alen Orman sofort aufsteigen. Nach zwei Jahren Stadtliga stieg man schließlich mit dem ebenfalls international erfolgreichen Trainer Damir Canadi am Ende der abgelaufenen Spielzeit in die Regionalliga Ost auf, wo man sich nun länger aufhalten will.

DIE „HAD“

Der Fußballplatz des 110 Jahre alten Vereins hat ebenfalls eine bewegte Geschichte. Bis 1920 lag der Platz an der Rinnböckstraße, der vergrößerte Platz an der Leberstraße war mit einem Fassungsvermögen von 50.000 Menschen mit der Hohen Warte gemeinsam der größte Platz Österreichs. Nach dem zweiten Weltkrieg zog man mit Kind, Kegel und dem Namen „Had“ nach St.Marx, wo sich, auch Eingedenk des Qualtinger-Zitates, der Simmeringer Anhang als besonders streitsüchtig erwies. Am Anfang der 70er-Jahre zog man dann schließlich wieder um. An der Simmeringer Hauptstraße liegt die Spielstätte nun seit bald 40 Jahren und spielt seit dem 110jährigen Geburtstag, auf gut wienerisch, alle von der UEFA vorgeschriebenen „Stückln“, auch wenn man auf Kunstrasen spielen muss.

GROSSSCHREIBUNG

Die Rotschwarzen scheinen aus den Verfehlungen der Geschichte gelernt zu haben und spielen gefälligen Fußball mit großteils jungen Akteuren. Die Stadtliga wurde dominiert, Verfolger Admira Technopool hatte schließlich 16 Punkte Rückstand, 70 geschossenen Toren stehen lediglich 20 erhaltene gegenüber. Coach Canadi kann auf über 200 Nachwuchsspieler aus 14 Nationen – Integration ist ein Eckpfeiler des 1.SSC – zurückgreifen. Zwar konnte man in der Nachwuchswertung nur den elften Gesamtrang erreichen, aber die Spielfreude wird wie die Jugendarbeit groß geschrieben. In Verbindung mit dem Wirtschaftschef Thomas Flögel gibt es also in Simmering ein starkes Duo, das den viel zu alten Erfolgsgeschichten neue Kapitel hinzufügen möchte.

Mit den alten Simmeringer Fußballtugenden Kampf, Leidenschaft und Spielwitz und einer mittlerweile soliden finanziellen Basis hat sich der 1.SC aus Wien XI wieder in den Fokus gespielt. Auf diesem Fundament kann es sein, dass man bald den FAC als fünfte Fußballkraft in Wien ablöst und vielleicht gelingt es den Kickern von der Had ja, zu den zwei nächstgrößeren Vereinen aus dem Westen Wiens aufzuschließen.

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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