Die Tendenz zeigt nach oben: Sporting Lissabons positive Entwicklung
Sonstiges 17.November.2014 Rene Maric 0
Der Sporting Clube de Portugal – oder im deutschsprachigen Raum einfach als Sporting Lissabon bekannt – ist den meisten nur noch ein Begriff, weil aus ihrer Jugendakademie Weltfußballer Cristiano Ronaldo stammt. Doch obwohl Sporting einer der „Três Grandes“ in Portugal darstellt, sind sie in den vergangenen Jahren gegenüber den beiden großen Konkurrenten Benfica und Porto etwas ins Hintertreffen geraten. Seit 2008 haben sie keinen Titel mehr gewonnen, seit 2002 keinen Meistertitel mehr für sich verbuchen können. Das könnte sich in den nächsten Jahren jedoch ändern. Das liegt insbesondere an einer guten Auswahl der Trainer und der Jugendakademie.
Leonardo Jardim – ein Trainertalent als kurzer Glücksgriff
Zwar hielt sich Jardim bei vier seiner letzten sechs Trainerstationen immer nur ein Jahr, doch meistens lag dies an seiner eigenen Entscheidung oder äußeren Umständen. Nach fünf Jahren bei Camacha von 2003 bis 2008 in der dritten Liga wechselte er zu Konkurrent Chaves – und stieg prompt auf. Nach dem Aufstieg verließ er Chaves, ging zu Zweitligist Beira Mar – und stieg prompt auf. In der ersten Liga hatte Beira Mar aber Probleme und Jardim trat zurück. 2011/12 war er dann Trainer bei Sporting Braga, die er sensationell auf Platz drei führte. Wegen eines Disputs mit dem Präsidenten ging er ins Ausland zu Olympiakos. Nach einem halben Jahr wurde er entlassen, obwohl er in der Tabelle mit zehn Punkten Vorsprung auf Platz 1 lag. Laut vieler Gerüchte war eine Affäre mit der Frau des Präsidenten schuld daran. Die Wankelmütigkeit jener Frau sollte Glück für Sporting bedeuten. Jardim heuerte bei den Portugiesen an, beendete die Saison überraschend auf Platz zwei und verbesserte das Team um 25 Punkte im Vergleich zur Vorsaison.
Schmerzlicher Abgang mit gutem Fundament
Nach dieser erfolgreichen Saison wechselte Jardim zum AS Monaco, wo sich auch jetzt seine Stärken als Trainer zeigen. Natürlich ist dies ein schwieriger Verlust für Sporting und häufig sind es Trainerwechsel (neben Spielerabgängen) bei aufstrebenden Vereinen, die das weitere Wachstum verhindern. Doch obwohl sich Sporting aktuell mit der Doppelbelastung schwer tut und in der Liga unter Pech leidet, müssen sich die Fans keine Sorgen machen. Mit Marco Silva wurde ein Trainer verpflichtet, der auf dem 4-3-3, dem guten Pressing, der formativen Flexibilität und der akzeptablen Kompaktheit seines Vorgängers aufbaut.
Silva hat selbst schon Achtungserfolge mit Estoril, seiner einzigen Trainerstation vor Sporting, gefeiert. In der Saison 2011/12 stieg er aus der zweiten Liga auf und beendete dann beeindruckend die zwei folgenden Saisonen in der obersten portugiesischen Spielklasse auf Platz 5 und Platz 4. Trotz kleinerer Probleme (aktuell nur Platz 8, wenn auch mit fünftbester Tordifferenz und erst einer Niederlage) ist auch seine Arbeit bei Sporting sehenswert. Besonders in der Champions League zeigten sich die taktischen Stärken, aber auch Schwächen Sportings.
Flexibles Pressing sorgt für Präsenz
In der Partie gegen Schalke zeigten sich die Stärken Sportings gegen den Ball sehr gut. Sie pressten häufig in einem 4-1-3-2, wo sich einer der nominellen zentralen Mittelfeldspieler nach vorne orientierte und den zweiten Stürmer unterstützte. Hierbei war das allerdings kein klassisches 4-1-3-2-Angriffspressing, wo die Innenverteidiger mannorientiert zugestellt werden; stattdessen spielten die beiden Stürmer eher positionsorientiert und ließen den beiden Innenverteidigern Schalkes durchaus etwas Raum im Aufbauspiel. Ähnliches taten auch die Flügelstürmer Sportings. Gab es direkte lange Bälle von Schalkes Torwart, dann standen sie bereits gut bei zweiten Bällen und waren kompakter als der Gegner. Wenn er jedoch flach herausspielte, dann starteten sie das Pressing und orientierten sich an den Mittelfeldspielern.
Die zwei zentralen Stürmer leiten das Spiel auf die Flügel, wo dann der Flügelstürmer versucht den Ball zu erobern. Das Kollektiv bewegt sich dann zum Ball hin, einer der Stürmer lässt sich zurückfallen und der Achter stellen die Anspielstationen in Ballnähe zu. In tieferen Zonen lassen sie häufiger ein 4-4-2 entstehen, im Mittelfeld auch ein 4-1-4-1. Hinzu kommen auch noch herausrückende Bewegungen der Außenverteidiger, die zusätzlich Druck machen können. Ähnliche Flexibilität gibt es auch im Aufbauspiel.
Sehr gutes Aufbauspiel in der ersten Linie
Mit Ball agieren die Lissaboner häufiger in einer Formation mit zwei Innenverteidigern, zwei Sechsern, zwei aufrückenden Außenverteidigern, einer flexiblen Zehn und drei Stürmern. Interessant ist die breite Position der Flügelstürmer, wodurch sie doppelt die Flügelzonen besetzen. Der Mittelstürmer versucht die Lücken in den Halbräumen mit horizontalen Ausweichbewegungen zu besetzen, während der Zehner (meist Joao Mario oder Andre Martins) sich nicht nur im Zehnerraum auffällt, sondern auch zurückfallen lässt. Carvalho lässt sich als Sechser ebenfalls häufiger zurückfallen; dann entstehen kurzzeitig 3-3-1-3 oder 3-4-3-Formationen.
Interessant ist aber die Nutzung der defensiven Halbräume von Carvalho und Silva, die als Doppelsechs fungieren. Das Abkippen Caravlhos gibt es nur situativ, die Bewegungen von den beiden in die Räume neben die gegnerischen Stürmer in einem 4-4-2 (wie gegen Schalke) und in die diagonale Linie zwischen Innen- und Außenverteidiger hingegen ist sehr oft zu sehen. Dadurch können sie die doppelt besetzten Seiten gut einbinden und mit vielen Dribblings über die Flügel kommen. Das ist allerdings nicht nur positiv.
Probleme, Überlegenheit zu verwerten
Diese Spielweise im Aufbauspiel sorgt für zwei große Probleme. Ein Manko ist die Isolation auf dem Flügel in den Endphasen von Angriffen. Zwar möchte man hier über die dribbelstarken Flügelstürmer, Carillo auf rechts und Nani auf links, inverse und diagonale Durchbrüche von der Seite in die geöffnete Mitte erzeugen, vielfach werden die Flügelstürmer aber entlang der Auslinie zur Grundlinie geleitet. Die Folge davon sind dann viele Flanken auf nur einen bis maximal drei Spieler in den Strafraum, wodurch die Effizienz verloren geht.
Das zweite Problem ist die Staffelung im Aufbauspiel mit den sehr breiten Flügelstürmern, dem zentralen Mittelstürmer und dem großen Loch dahinter. Der Zehner – wenn er denn nicht ohnehin tiefer spielt – tut sich schwer damit, dass er dieses füllt. Vielfach muss Sporting dann den Ball hinten zirkulieren lassen, riskiert Ballverluste und kann sich nur Schüsse aus schlechten Positionen oder unpassenden Situationen erarbeiten. Beim Unentschieden im ersten Spiel gegen Maribor, wo man ein enormes Chancenplus hatte, aber keinen Sieg herausspielen konnte, war dies beispielsweise auffällig.
Fazit: Hervorragende Jugendarbeit und gute Trainerauswahl für eine bessere Zukunft
Letztlich stehen die Chancen keineswegs schlecht, dass Sporting in der Europa League für Achtungserfolge sorgen oder gar noch den Einzug ins Champions League Achtelfinale schaffen kann. In der Liga dürfte man sich in den nächsten Wochen und Monaten ebenfalls nach vorne orientieren, wobei die mangelnde Chancenverwertung durch unpassende Offensivstrategie nach wie vor ein Problem darstellt. Langfristig wirkt Sporting aber stabil: Es kommen viele Talente nach (besonders der noch kaum eingesetzte Ryan Gauld, sowie viele Eigengewächse), man hat einen überaus jungen Kader (nicht ein einziger Spieler ist über 30 Jahre alt!) und einen guten Trainer mit Potenzial nach oben. Ob sie es in den nächsten Jahren wieder zu einem Titel schaffen?
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Rene Maric
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