Die Vienna hat’s nicht leicht – die Gründe liegen tiefer
Sonstiges 5.September.2012 Georg Sander 4
1931, 1933, 1942, 1943, 1944 und 1955 war der First Vienna Football Club Meister, 1929, 1930 und 1937 wurde der Cup gewonnen. 1997 standen die Döblinger im Cupfinale, welches gegen den SK Sturm Graz verloren wurde. Nach dem Abstieg in die Regionalliga Ost 2002 und der Rückkehr in die zweite Liga kämpft man dort sportlich und finanziell ums Überleben. Warum geht da nicht mehr?
Populismus fehl am Platz
Es wäre der einfache Weg, zu raunzen. Doch das Offensichtliche scheint nur einen Teil des Bildes zu zeigen. Salomonisch gesprochen bewies man im Nachhinein gesehen wohl ein unglückliches Händchen mit der Verpflichtung von Frenkie Schinkels. Die Klasse wurde nur aufgrund des Lizenzentzuges des FC Kärnten gehalten. Schinkels hatte am 26. April 2010 das Traineramt von Peter Stöger übernommen. Nach nur acht Punkten in 10 Spielen übernahm Alfred Tatar Ende August 2010 eine Mannschaft, über deren Fitnesszustand nicht nur hinter vorgehaltener Hand negativ gesprochen wurde. Alfred Tatar musste dies mitschleppen, konnte aufgrund des klammen Budgets nur wenig mitgestalten, Bis zum (nahezu) kompletten Austausch der Mannschaft im Sommer 2012.
Fehlende Förderung der Stadt Wien
Um die zwei Millionen Euro beträgt das Budget der Vienna, rund 800.000 Euro davon gehen für Spielergehälter drauf. Mit dem Rest muss der restliche Betrieb aufrecht erhalten werden sowie das Stadion und das Trainingszentrum im 20. Bezirk. Zwar wurden in der Saison 2011/12 alle vier Punkteteams (U18, U16, U15 und U14) erstmalig in der Geschichte des WFV auch Einzelmeister, zwar schafften die Amateure den Aufstieg in die Stadtliga, zwar gibt es mit dem Ella Lingens Gymnasium, dem URG für Leistungssportler XX sowie die Handelsschule für Leistungssportler und der BAUAkademie drei Schulen und einen Partner im Lehrbereich – eines fehlt aber: Die gezielte Förderung des dritten Wiener Profiklubs. Während der FK Austria und der SK Rapid die Zuwendungen in Millionenhöhe erhalten, muss die Vienna ohne Akademie einen eigenen Weg gehen.
Talente gehen zu früh
Während andere einen großen Pool an Talenten haben, gestaltet sich dies für die Vienna schwierig. Mit Ilic, Öztürk, Schwarz, Kröpfl, Imamoglu, Traby, Gökcek, Gültekin und Fejzic schafften es zwar einige Junge in den Kader der ersten Mannschaft, doch abgesehen von Imamoglu, der bei Wiener Neustadt kickt, zeigt kaum jemand richtig auf. Während sich ein Marcel Sabitzer, ein Martin Hinteregger oder Aleksandar Dragovic in den Fokus spielten, fehlen diese Kicker bei der Vienna. Die Trainingsbedingungen mit 30 Nachwuchscoaches sind zwar gut, aber bei anderen Mannschaften besser. Die talentierten Kicker ziehen es vor, mit 14, 15 Jahren in eine Akademie zu gehen, derer es im Großraum Wien mit der Südstadt, St. Pölten, dem Burgenland und den zwei großen Wiener Vereinen gleich fünf gibt. Aktuelle Beispiele sind Alexandar Schmidt (Jg. 98), der von Red Bull gescoutet wurde, Petar Gluhakovic (Jg. 96.), der mit seinen 16 bereits in der Amateurmannschaft der Wiener Austria kickt oder David Lechner (Jg. 95), der zu den Mattersburg Amateueren ging.
Null Förderung
Keinen einzigen Euro Förderung bekommt die Vienna von der Stadt Wien für die Nachwuchsarbeit, dabei gibt es viele Gründe, die für eine breitere Förderung sprechen würden – Gesundheit, Integration, härterer Wettbewerb. Darüber hinaus ginge es wohl auch nicht um Unsummen, angesichts des gegenwärtigen Budgets der Döblinger. Die Konsequenz aus dieser Misere zeigte sich im vergangenen Transferfenster: Nicht weniger als 15 (bzw. 17, zählt man die Rückkehrer dazu) Spieler mussten verpflichtet werden. Wie bereits erwähnt, im Nachwuchs findet sich kaum ein zukünftiger Leistungsträger, da diese, noch bevor sie zu solchen werden, abgeworben werden.
Gefährliches Spiel auf Zeit
Während die Konkurrenz in der Heute für Morgen Erste Liga entweder über finanzielle Mittel oder eine Akademie verfügt, muss die Vienna auf Zeit spielen, dass die Transfers irgendwann voll einschlagen. Dies ist bekanntermaßen ein gefährliches Spiel, da weniger als die Hälfte der Neuzugänge echte Verstärkungen sind. Ein Blick auf die Ligen unterhalb der Ersten Liga offenbart, dass vor allem in der Regionalliga Mitte Profi-Interessenten mit entsprechendem Nachwuchs Schlange stehen, etwa Austria Kärnten oder der LASK, ebenso die Red-Bull-Dependancen Pasching und Liefering. Über kurz oder lang wird es dementsprechend nach Austria und Rapid sehr finster in Wien. Zum Vergleich: Das viel kleinere Bundesland Vorarlberg hat drei Profi-Vereine, Niederösterreich, in Wiens Größenordnung, gleich vier. Ohne Förderung ist es eben schwer.
Die Stadt Wien beraubt sich mit der Nicht-Förderung der Vienna – und natürlich auch des Brachliegenlassens des Wiener Sportclub-Platzes; Detail am Rande – eines wichtigen Unterbaus für die Spitzenvereine Rapid und Austria. Ohne Breite, keine Spitze.
Georg Sander, abseits.at
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Georg Sander
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