Wer eine Reise macht, der hat etwas zu erzählen. Wieder einmal begeben wir uns auf eine Zeitreise, entlang der Achse eines interessanten Vereins aus... DSV Leoben – unverschuldet hoch verschuldet…

Wer eine Reise macht, der hat etwas zu erzählen. Wieder einmal begeben wir uns auf eine Zeitreise, entlang der Achse eines interessanten Vereins aus der mit Sportlern traditionell reich gesegneten grünen Mark Österreichs. Als Erstligaverein werden wohl viele den DSV Leoben nicht mehr in Erinnerung haben, als Stammverein einiger ausgezeichneter Spieler, wie etwa Walter Schachner, Peter Guggi, Christian Gratzei oder Roland Linz, haben die Montanstädter aber einen Platz in der Geschichte Fußballösterreichs von 1928 bis heutzutage verdient.

EIN WERKSSPORTVEREIN IM MURTAL

Leoben ist nicht nur die zweitgrößte Stadt der Steiermark, sondern auch äußerst geschichtsträchtig, fand man doch bereits im Jahre 904 das erste Mal eine urkundliche Erwähnung. Darüber hinaus munkelt man, dass es sich um die einzige Stadt der Welt handelt, die bei indigener Aussprache alle fünf Vokale in exakter Reihenfolge im Alphabet enthält. Da aber weder Geschichte, Ethymologie noch der Sitz einer langen Tradition der Erzverarbeitung genug Spaß im Leben bieten, wurde 1928 der WSV Donawitz gegründet. Donawitz wiederum ist seit 1939 ein Stadtteil Leobens, ebenso wie übrigens Göss, Sitz der Brauerei eines unter Bierkennern umstrittenen Gerstensafts. Wie dem auch sei ließen sich die Spieler des Werkes der Alpine Montan AG nicht vom Bezirksnachbarn bezirzen und spielten ab der Saison 1930/31 in der 1. Klasse Fußball. Dort befanden sich unter anderem auch Sturm Graz, der GAK oder der Kapfenberger SC. Man spielte gut und wurde 1939 Meister in der Bereichsliga Steiermark-Kärnten. Nicht nur während des Krieges musste das Leder ruhen, erst 1949 wurde der WSV Donawitz wieder zum Spielbetrieb gemeldet. In den darauffolgenden fünf Jahren wirbelten die Montanstädter durchs steirische Unterhaus und hielten sich dann durchgehend bis 2009 in einer der beiden höchsten österreichischen Spielklassen. 1958 stieg man in die Staatsliga A auf und verabschiedete sich nach zwei Jahren wieder in die zweite Leistungsstufe. Ganz modern benannte sich der Verein nach dem Wiederaufstieg 1968/69 um. Als WSV Alpine Donawitz feierte man ab 1970 die größten Erfolge in der Liga und erlebte gleichzeitig den bittersten Moment.

FRAGWÜRDIGE IDEEN ALS TRADITION

So könnte man die Idee des ÖFB bezeichnen, ab der Saison 1974/75 nur noch Vereine aus den Ballungszentren in der höchsten Spielklasse antreten zu lassen. Die ambitionierten Donawitzer, die den Erfolg von 1972, immerhin wurde man Sechster, 1974 wiederholen konnten, mussten ab jener Spielzeit zweitklassig antreten. Die wohl als hirnrissig zu bezeichnende Idee warf den Fußball in Leoben gehörig zurück. Immerhin tummelten sich im Nachwuchs talentierte Spieler, etwa der heutige LASK-Trainer und Gijon-Verweigerer Walter Schachner, der 1977 mit 25 Toren Torschützenkönig in der zweiten Division wurde. Ganz verwinden konnte man das Jahr 1974 nicht, auch wenn 1984 zwei Saisonen Erstligafußball geboten werden konnte. 1991 folgte noch ein Aufstieg, die Donawitzer mussten jedoch gleich wieder in die zweite Spielklasse. Die Vereinsverantwortlichen hatten danach eine Idee: Die Fusion mit dem 1.FC Leoben. Die Fußballkräfte sollten gebündelt werden. Kurzfristig führte dies zum Erfolg. 1995 stand man gegen Rapid im Cupfinale. Kurioserweise schoss ausgerechnet der Ex-Leobener Peter Guggi das entscheidende Tor zum Cupsieg für die Wiener.

EIN STADION, EIN SCHÜTZENKÖNIG, EIN KONKURS

Die Leobener hielten sich als Fusionsverein in der zweiten Spielklasse, mussten immer öfters Neureichen den Vortritt lassen. 1999 wurde das schmucke Station Donawitz fertiggestellt, 2000 klappte es fast mit dem Meistertitel, man musste allerdings die übermächtige Admira in die Bundesliga ziehen lassen. In der darauffolgenden Saison netzte ein Kind der Stadt wiederum so oft, dass er für die Leobener Torschützenkönig wurde. Rolanz Linz, bereits in der Kindheit beim Verein, danach bei 1860 München weiter ausgebildet, traf 21 Mal. Daraufhin wechselte er nach Wien zur Austria. Die Steirer bewiesen damit erneut ihre tolle Nachwuchsarbeit, die ins Nationalteam führen kann, denn auch Matthias Dollinger oder Marko Stankovic und derzeit Christian Gratzei entstammen dem Donawitzer Nachwuchs. Nachdem sich die Alpine Montan AG schon länger zurückgezogen hatte, war zur Zeit des letzten größeren Erfolgs – ein dritter Platz 2007 – das Finanzberatungsunternehmen HFL Hans Linz Hauptsponsor. HFL ging 2008 Pleite und der DSV musste im Februar 2009 Konkurs anmelden und all seine Spieler gehen lassen. 2009/10 trat die Konkursmasse erstmals seit 1956 nicht in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse an.

Der Donawitzer Sportverein steht für ausgezeichnete Nachwuchsarbeit. Diese ist in der Steiermark und Österreich bekannt. Aber auch für Pech ist man bekannt. Vor allem für nicht selbst Verschuldetes. Die Anfangsjahre waren von der Politik bestimmt, der ÖFB verbannte den Klub aus der Bundesliga und an dem Konkurs war man auch nicht hundertprozentig selbst schuld. Nach einem guten Start im Amateurfußball wäre es jedenfalls sehr schön, diesen Verein, der Österreichs Fußball in den letzten Jahrzehnten zumindest auf Umwegen sehr erfolgreich mitgestaltet hat, wieder im Profifußball begrüßen zu dürfen.

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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