Ernst Dospel: „Hrubesch, Prohaska, Constantini und Löw haben mich geprägt!“
Sonstiges 8.November.2011 Daniel Mandl 0
Im Rahmen des bereits traditionellen Fan-Interviews „Das ASB trifft“ im Austrian Soccer Board stellten die Fans des First Vienna Football Club diesmal Ernst Dospel ihre Fragen. Der ehemalige Bundesligaprofi redet aus dem Nähkästchen, beschreibt welche Trainer ihn geprägt haben, wer das aktuell größte Talent der Vienna ist und wie man sein Verhältnis zu Marc Traby deuten darf.
Istvan Who: Im Frühjahr waren wir ein Top 5-Team. Ist der Rückfall nur auf die langen Ausfälle von Leistungsträgern zurückzuführen und dass wir diese nicht kompensieren können?
Ernst Dospel: Die Ausfälle haben sicher eine Rolle gespielt. Unser Kader wurde im Sommer wieder umgebaut und unsere Vorbereitung ist aufgrund der Relegation sehr kurz ausgefallen, das sind wohl die Hauptgründe für unsere derzeitige Formkurve, aber es wäre auch vermessen die Vienna derzeit als Top-5-Team einzustufen.
Istvan Who: Ich war immer der Meinung und fühle mich durch einige gute Auftritte auch in dieser Saison darin bestätigt, dass durch aggressives Auftreten den meisten Gegnern in dieser Liga arg zuzusetzen ist. Wieso bringen wir das aggressive Pressing gerade in der ersten Hälfte so oft nicht aufs Feld, obwohl der Trainer es immer wieder fordert und behauptet, es gezielt zu trainieren?
Ernst Dospel: Im Training funktioniert vieles, das im Match dann nicht mehr so gut hinhaut, das ist im Fußball aber normal. Es war aber auch nicht immer unsere taktische Vorgabe aggressives Pressing zu betreiben. Wenn wir das mit den zwei unterschiedlich guten Halbzeiten so leicht abstellen könnten, hätten wir es schon längst getan.
Istvan Who: Welchen Jungen bei der Vienna würdest du als größtes Talent bezeichnen, das seinen Weg machen wird?
Ernst Dospel: Konstantin Kerschbaumer.
Istvan Who: Sollte die Vienna noch vor der Winterpause versuchen, Verpflichtungen von vereinslosen Spielern zu riskieren? Welche Positionen sind am dringendsten nachzubesetzen?
Ernst Dospel: Das ist nicht meine Aufgabe diese Situation zu bewerten. Das muss der Trainer und der Verein entscheiden und nicht die Spieler.
Istvan Who: Wie sieht die Kommunikation im Team aus? Suchst du ruhige Einzelgespräche oder setzt ihr euch auch in größerer Runde zusammen? Welche Rolle spielen da die erfahrenen Spieler?
Ernst Dospel: Es wird laufend kommuniziert. Wir kommen bei jedem Training zusammen, führen Gespräche und tauschen uns aus. Es passiert viel Kommunikation, die sich von selbst ergibt.
Istvan Who: Wenn du deinen Vertrag in zwei Jahren erfüllt hast – wo siehst du die Vienna dann? Ist mit dem derzeitigen Kapitaleinsatz eine Konsolidierung in der Ersten Liga mit Tendenz Richtung Top 3 zu erreichen?
Ernst Dospel: Die Zukunft ist im Fußball immer ganz schwer vorherzusagen. Ich würde mir aber natürlich wünschen, dass die Vienna weiterhin auf gesunden Beinen steht, dass der Verein mit dem Abstieg nichts zu tun hat und vielleicht schon für höhere Aufgaben bereit sein wird.
daniel1894: Wo siehst du dich beruflich nach deiner aktiven Karriere? Willst du als Trainer arbeiten oder gibts auch Pläne abseits des Fussballs?
Ernst Dospel: Wie schon gesagt, im Fußball etwas zu planen, ist sehr schwer, deshalb lass ich alles auf mich zukommen.
daniel1894: Wie nimmst du die Fankultur auf der Hohen Warte war, ev. im Vergleich zu jenen deiner anderen Vereinstationen?
Ernst Dospel: Die Vienna hat leider in den letzten 20 Jahren keinen so großen Stellenwert im Spitzenfußball besessen. Trotzdem sind der Verein, die Hohe Warte und die Fans immer etwas Besonderes geblieben und das hat man auch als Gastspieler immer sehr stark gespürt. Ich freue mich, für einen so traditionsreichen Verein zu spielen, bei dem auch die Fans etwas ganz Besonderes sind.
Fem Fan: Hat es in Deiner Laufbahn einen Trainer (natürlich inkl. Teamtrainer, Du warst ja Nationalspieler) gegeben, von dem Du sagen kannst: „Ja, der war es, der hat mich geprägt, der hat mich weitergebracht, der hat mich verstanden?“
Ernst Dospel: Ja, in meiner langen Karriere gab es eine Vielzahl an Trainern, die mich geprägt haben: Am Anfang war es Horst Hrubesch, der mich als junger Spieler in die Kampfmannschaft der Wiener Austria geholt und mir Vertrauen geschenkt hat. Herbert Prohaska war als Trainer und auch als Mensch eine außergewöhnliche Persönlichkeit und ich bin stolz ihn als Trainer gehabt zu haben. Dann möchte ich noch Jogi Löw und Didi Constantini erwähnen, die mich auch als Spieler weitergebracht haben.
Fem Fan: Libero oder Viererkette ? Was hälts Du für die bessere Verteidigungsform?
Ernst Dospel: Mit einem Libero wirst du im modernen Fußball zunehmend in Schwierigkeiten geraten. Aber es ist auch noch nicht all zu lange her, dass die Griechen mit diesem System Europameister geworden sind. Im modernen Fußball ist aber die Vierer- oder Dreierkette die Zukunft.
Fem Fan: Du bist in Absdorf geboren, wahrscheinlich aufgewachsen und lebst noch dort. Absdorf, ein bekannter Bahnknotenpunkt. Was denkst Du, wenn du das Wort „Zug“ hörst ? Problematisch – Lärm ? Pragmatisch – Fortbewegungsmittel ? Romantisch – Dampflok?
Ernst Dospel (lacht): Der Bahnhof spielt in Absdorf natürlich eine große Rolle und wird nicht als Problem sondern als sehr positiv wahrgenommen.
Fem Fan: Hattest Du zu Anfang Deiner Karriere ein Vorbild?
Ernst Dospel: Ich hatte viele Vorbilder. Da ich immer ein Violetter, sprich Austria Wien-Fan war, waren fast alle großen Austria-Spieler in gewisser Weise auch Vorbilder. Auf internationaler Ebene habe ich immer zu Spielern wie Baresi oder Maldini aufgeschaut.
Fem Fan: Du trägst die Rückennummer 13, bist Du abergläubisch?
Ernst Dospel: Ich bin nicht abergläubisch. Die 13 als Rückennummer hat sich bei der Austria einfach ergeben und jetzt habe ich sie mir auch bei der Vienna wieder genommen.
Fem Fan: Wie stehst Du zum Begriff „Spielertrainer“, könntest Du Dir das für Dich vorstellen, kann so etwas überhaupt funktionieren?
Ernst Dospel: Da ich das in Absdorf selbst erlebt habe, kann ich nur sagen, dass es eine ganz schwierige Aufgabe ist, die zwar funktionieren kann, für mich aber nicht mehr in Frage kommt.
Fem Fan: Was sagst Du zum neuen Teamchef, bist Du auch wie viele selbsternannte Experten in Österreich von Schinkels bis Prohaska, der Meinung, dass wir viele solche „Kollers“ in Österreich auch hätten und es besser gewesen wäre, einen hiesigen Trainer zu nehmen ?“
Ernst Dospel: Natürlich hätte es auch in Österreich gute Leute für diese Position gegeben, aber der ÖFB hat sich nun mal so entschieden und ich denke, wir sollten Koller eine Chance geben. Man kann es aber einfach nicht immer allen Recht machen.
Wuchtelschieber: Wie ist Dein Verhältnis zu Marc Traby? Mir ist zB auch schon beim Vorbereitungsspiel gegen den Sportklub aufgefallen, dass ihr beide nicht immer sehr wertschätzend miteinander kommuniziert.
Ernst Dospel: Marc und ich haben ein ganz normales Verhältnis. Es ist im Fußball völlig normal, dass man sich auch mal in die Haare kriegt, aber das ist dann auch ganz schnell wieder geklärt. Sonst hätte der Oli Kahn als Bayern-Tormann wohl gar keine Freunde mehr gehabt.
Wuchtelschieber: Ich habe im letzten Winter jemanden kennengelernt der mit Dir gemeinsam die Trainerausbildung gemacht hat und der sehr gut über Dich und Deine freundliche Art gesprochen hat. Andererseits hast Du einen bestimmten Ruf verbal nicht lange zu überlegen ob die Worte die Du sagst verletzend sind oder nicht, bzw eine Mannschaft auch schon mal im Gefüge treffen kann. Wie schätzt Du Dich da selbst ein?
Ernst Dospel: Das Problem ist, dass vor 10 oder 20 Jahren über Spieler-Typen, wie ich einer bin, nie gesprochen wurde, weil jede Mannschaft mindestens 10 bis 15 davon hatte. Heute ist einiges im Fußball sehr sensibilisiert, jede Wortmeldung wird auf die Waagschale gelegt und kritisiert.
Vielleicht gibt es zu wenige Spieler, die anecken, ihre Meinung sagen, ihren Mann stehen und nicht nur Ja-Sager sind. Ich sehe da auch eine Verbindung, warum unser Nationalteam und der österreichische Fußball seit Jahren international schlechte Ergebnisse einfahren.
viennafan62: Es gab im Herbst einige Spiele (z.B. LASK – Vienna) in denen die Vienna eigentlich ganz gut mitgespielt hat. Nach dem zweiten Gegentor ist die Mannschaft aber zerbrochen und man hat zwei weitere Tore innerhalb kürzester Zeit kassiert. Woran liegt das deiner Meinung nach? Riskiert man dann zuviel und entblößt dadurch die Defensive ? Oder ist es die Resignation, oder vielleicht sogar konditionelle Mängel?
Ernst Dospel: Konditionelle Mängel sind es mit Sicherheit nicht! Aber wir riskieren oft sehr viel, wollen den Ausgleich erzwingen und haben dabei nicht immer Erfolg. Wir hätten gegen den LASK auch als Sieger vom Platz gehen können, haben aber die Tore nicht gemacht und am Ende deutlich verloren. Wir haben eine teilweise junge und noch nicht sehr erfahrene Truppe, die Zeit braucht, um sich besser aufeinander einzustellen. Vielleicht gelingt uns das ja im Frühjahr und wir machen dann auch in diesen Spielen mehr Punkte.
Daniel Mandl | First Vienna FC für abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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