Kommentar: In Hütteldorf ist etwas passiert…
KommentarSonstiges 27.September.2019 Daniel Mandl
Es war bitter, es war traurig, es war ungerecht – aber es war Rapid. Die Wiener schieden in der zweiten Cup-Runde gegen Red Bull Salzburg nach Verlängerung aus, aber dennoch ist an diesem Abend in Hütteldorf etwas passiert, was wertvoller als ein Sieg sein oder werden könnte.
Das Weststadion erlebte seit seiner Eröffnung noch nicht viele Sternstunden und demnach könnten die Beliebtheitswerte des „neuen Zuhauses“ besser sein. Es sind Erlebnisse wie der Cupfight am Mittwochabend, die Bindung und positive Erinnerungen herstellen. Aber das Spiel sorgte nicht primär für „Stadionbindung“.
Es ist weithin bekannt, dass man verlieren „darf“ – vorausgesetzt wird schlichtweg hundertprozentiger Einsatz. Genau das passierte Rapid am Mittwoch. Der eindrucksvolle Kampf in Unterzahl gegen den überlegenen Serientitelgewinner aus Salzburg ließ keinen der über 20.000 Fans im Stadion kalt. Die Hütteldorfer gingen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und retteten sich beinahe ins Elfmeterschießen. Zu einem Heldenepos gehört aber manchmal auch dazu, dass man im bitterst-möglichen Moment einen Todesstoß einstecken muss. Für den sorgte Takumi Minamino mit der letzten Aktion des Spiels.
Nach dem Spiel zeigten sich die Rapid-Spieler geknickt. Kapitän Stefan Schwab, einmal mehr stark spielend und kämpfend, nahm die Niederlage teilweise auf seine Kappe, weil er die erste, vermeidbare rote Karte sah. Der ebenso überzeugende Youngster Dalibor Velimirovic folgte ihm eine knappe halbe Stunde später. Aber Schwab muss sich nicht für seinen Einsatz entschuldigen. Wie auch alle anderen tat er einfach das, was von ihm erwartet wird. Er zog nicht zurück, warf alles in die Schlacht, was möglich war. Dass im Zuge einer solch aufgezuckerten, fast elektrisierenden Situation auch mal Übermotivation dabei ist, muss jedem Spieler zugestanden werden. Alles ist besser als Lethargie und wenn man im Zuge unbändigen Einsatzes Rückschläge einstecken muss, dann ist das eine Rechnung, mit der man als Spieler, aber auch als Fan rechnen und leben muss.
Welch außergewöhnliche Leistung Rapid an diesem Abend gelang, machten auch die Fans der Mannschaft nach dem traurigsten Schlusspfiff der bisherigen Saison klar. Die führenden Köpfe des Block West holten die Mannschaft persönlich vor den Block, bauten die geknickten Spieler auf, bedankten sich für den harten Kampf, den jeder Einzelne ablieferte. Jeder im Stadion spürte, dass der Rapid-Geist anwesend war. Die viel gescholtene Mannschaft zeigte, dass sie bereit ist, alles zu geben. Die am schwierigsten zu verkraftende Niederlage der Saison könnte auch eine Zäsur sein.
Die dezimierte Rapid-Mannschaft schaffte es – trotz der Niederlage – alle Fans auf ihre Seite zu holen. Das ist etwas, was nicht häufig passiert, zumal es immer Suderanten gibt und geben wird. Aber dass praktisch ein ganzes Stadion nach der Partie geschlossen hinter dem Verlierer steht und die junge, beherzte Truppe aufbaut, ist auch oder gerade in Hütteldorf nicht alltäglich. Insofern ist am Mittwochabend etwas passiert, was stärker wiegen kann als ein Sieg: Die Fans und die Mannschaft haben sich wohl endgültig versöhnt – und vertrauen einander wieder.
Am Sonntag hat Rapid im Heimspiel gegen Hartberg die Chance auf den vierten Ligaerfolg in Serie. Die Grün-Weißen dürfen sich einen stürmischen Empfang durch das Publikum erwarten, stehen nun aber vor einer Aufgabe, die nicht leichter wird als das Spiel gegen Salzburg: Die Bestätigung der kämpferischen Leistung. Die Spieler haben nun gesehen, welche Energie sie von den Rängen bekommen, wenn sie in jeder Szene an ihre Grenzen gehen. Diese Energie war mehr als nur ein Trostpflaster für die Last-Minute-Niederlage, sondern der potentielle Beginn einer neuen Beziehung mit den Fans. Es ist eine Beziehung, die man mit Leidenschaft pflegen muss, auch wenn es „nur“ gegen Hartberg oder andere „kleine“ Gegner geht. Eine scharfe Kurve hat Rapid am Mittwoch bereits genommen, nun kommt es darauf an, mit wie viel Tempo man auf die lange Gerade kommt…
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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