Nach einem turbulenten Herbst kam ein ungewisser Winter für die Salzburger Austria. Der nun in Maxglan beheimatete geistige Nachfolger des dreifachen Meisters taumelte durch... Mit „Herz, Leidenschaft und zwölftem Mann“ in den Profifußball – Austria-Salzburg-Sportdirektor Gerhard Stöger beim Kaffeetratsch

Nach einem turbulenten Herbst kam ein ungewisser Winter für die Salzburger Austria. Der nun in Maxglan beheimatete geistige Nachfolger des dreifachen Meisters taumelte durch die zweite Regionalliga-West-Hinrunde. Lediglich 22 Punkte standen am Ende zu Buche. Grund genug, Sportdirektor Gerhard Stöger im Rahmen eines Testspiels zu treffen und mit ihm zu reden.

Im Herbst erfuhren die Maxglaner, wie hart es in der dritthöchsten Spielklasse zugehen kann. „In unserer sechsten Saison hat uns einiges eingeholt, was wir in den Jahren zuvor nie in dem Ausmaß gehabt haben, alleine die Verletzungsserie war eklatant“, spricht er einen Faktor an, der die Austria im Mittelfeld versumpern ließ. Die ungewollte Trennung von Didi Emich war ebenfalls ein Grund. Auch das Spielglück blieb versagt: „Neumarkt auswärts, Hard daheim. Da hatten wir viele Ausfälle. Da blieb von unserem 23-Mann-Kader wenig über. Da waren wir das erste Mal so, dass wir gesagt haben: Schauen wir, dass es möglich niedrig bleibt.“ In Hard verlor die Austria 2:3, in Neumarkt wurde es ein 6:1-Sieg! Dennoch ist zum Herbst eines zu sagen: „Der Herbst hatte mehr Tiefen als Höhen.“

Neuzugänge als Live-in-play-Casting

Als Stöger im Herbst als Interimstrainer übernahm, wurde ihm schnell bewusst, dass die Hierarchie im Team aus der Balance war. In den Krisenzeiten waren es vor allem die Routiniers, die nicht leiten konnten und so wurde mit Weitblick ein Trio zusammengestellt. „Wir haben Bernd Winkler, einen seiner besten Freunde, schon in der Landesliga und auch Michael Rajic geholt.“ Der angesprochene Dritte und Freund von Winkler heißt Alexander Schriebl, den Stöger schon als Zwölfjährigen zu Casino Salzburg lotsen konnte. Der ehemalige Bundesliga-Spieler ist „ein Supertyp“ und soll gemeinsam mit den anderen beiden das Team am Feld leiten, denn Spieler wie sie „findet man nicht einfach am Baum zum Pflücken“. Die anderen Neuzugänge sind Rookies oder Kicker im besten Alter, die „mit Perspektive auf die kommende Saison in 13 Spielen angeschaut werden. Im Sommer alleine geht das nicht.“

Der psychologische Aspekt der Tabellensituation

Ein Aufstieg ist nur noch arithmetisch möglich. Nach unten sind es aber auch wiederum nur sechs Punkte zur Abstiegszone. „Die, die unten stehen, wissen das den ganzen Winter, dass es schwer wird“, so Stöger. Es sei aber auch „gefährlich, wenn man über dem Strich ist. Den Hebel aber umzulegen, ist sehr schwer.“ Die Auslosung mit dem Auswärtsspiel bei den Red Bull Juniors und dem zweimaligen Antreten in der Fremde in Hall und bei Union Innsbruck macht es nicht anders. Fabriziert die Austria einen Fehlstart, „kriegt man das dann aus den Köpfen nicht mehr raus. Da kannst du reden, reden und reden.“ Ein eklatanter Makel ist auch die Auswärtsbilanz. Hier rangieren die Salzburger schlecht wie ein Abstiegskandidat. Ein entscheidender Faktor ist der große Name: „Wenn wir Unentschieden gespielt haben, waren wir die einfachen Deppen und wenn wir verloren haben, waren die Anderen die Helden des Tages oder des Landes. Das hat uns vier, fünf Jahre begleitet.“ Im Herbst standen aber mit Tormann Trappl, der mittlerweile seine Karriere beendete, nur noch drei Spieler im Kader, die vor sieben Jahren schon dabei waren und das kannten. Den Beginn der Abwärtsspirale ortet Stöger in Hard. „In Hard hat es angefangen, da hätten wir nach 20 Minuten führen müssen, Marko Vujic hatte sein Visier ganz schlecht eingestellt und dann kam nichts raus.“ Auch in den anderen Partien, zum Beispiel beim 3:3 in Kufstein, wurden Punkte abgegeben. Da remisierten die Landeshauptstädter trotz zweimaliger Führung. Da wusste dann niemand, „ob man einen Punkt gewonnen hat.“

Kritik an der Liga

Klarerweise will die Austria die Regionalliga schnellstmöglich verlassen und in den Bezahlfußball kommen. Angesichts der Tiroler Aufkündigung des Regionalligavertrages wird das aber schwer werden. „Wir könnten jetzt Hop oder Drop spielen, aber das ist alles eine finanzielle Frage. Wir wollen nicht Vöcklabruck, Schwanenstadt und Bad Aussee sein!“, stellt der Sportdirektor klar. „Wofür opfern wir sechs Jahre, dass wir in Konkurs gehen?“, stellt er die Frage. Wie es bei allen Vereinen üblich sein sollte, gebe es „mit mir“ drei Eckpfeiler: Finanz, Infrastruktur, Sport. Die Relegation sei sehr unsportlich, man habe nach 30 Meisterschaftsspielen keine Garantie, aufzusteigen. Planen sei schwierig, wie etwa „Blau-Weiß Linz, die innerhalb von 14 Tagen Amateur- oder Profikader planen müssen.“ Das Problem sei, dass für manche Vereine mit der dritten Liga der Plafond erreicht ist. Um dies zu illustrieren, zeichnet Stöger ein Bild: „In der sechsten Liga haben wir auch auf Plätzen gespielt, wo von der Outlinie zum Sechzehner genau ein Meter Abstand ist und hinter dem Fangzaun geht es 30 Meter runter.“ Vereine, die infrastrukturell so aufgestellt sind, „sollten nicht zu weit oben spielen, schon gar nicht in der Regionalliga, wo es um Profifußball geht.“ Darüber hinaus sollten manche Klubs auch nachdenken, ob es Sinn macht, so weit oben zu spielen: „Jedes Jahr  gegen den Abstieg zu spielen, ist ja auch mental nicht gesund. Wenn’s dann runter geht, geht es weit runter.“

Auch Erste Liga reformbedürftig

Neben der Kritik an der dritten Leistungsstufe weiß Gerhard Stöger auch, dass es in der zweiten etwas zu bekritteln gibt. „Die zweite Liga muss keine Profiliga sein, sie hat ja nicht einmal einen Sponsor. Heute-für-morgen ist ein Placebo“, stellt er klar. „Wo sollen die Akademiespieler denn sonst spielen? Aber Geld ist durch zehn einfacher teilbar als durch 16.“ Darum gebe es einen einfachen Weg: „Fernsehen weg, größerer Österreicher-Topf.“ Mit zwei, drei Amateurteams könnte er sich durchaus anfreunden, wenn dazu Traditionsvereine wie der  GAK, Austria Lustenau, Blau-Weiß Linz, die Vienna, Vorwärts Steyr oder der Wiener Sportklub mitspielen würden. Die Liga in der jetzigen Form gehöre weg. Stöger findet harte Worte: „Wenn ich Sky wäre, würde ich mir als Nichtraucher ein Päckchen Zigaretten mit einem 500er-Schein anzünden und hätte mehr Genuss, als Hartberg gegen Grödig im Fernsehen zu übertragen.“

Visionen für die Zukunft

Die Violetten haben mehrere Pläne, wie es in Zukunft weitergehen könnte, wie eine Rückkehr in den Profibetrieb möglich sei. Das engagieren mehrerer Berufsspieler sei keine endgültige Lösung, denn „es geht um Ehrlichkeit. An das erste Auto erinnert man sich. Man denkt da gerne zurück, an die ersten Geschichten. Wenn mich wer nach dem dritten Auto fragt, weiß ich es nicht.“ Diese Emotionalität, die mit Austria Salzburg verbunden ist, könne man sich ohnehin nicht kaufen, also auch keinen Aufstieg. Da muss zuerst eine gute Infrastruktur her, man  „hinkt hinterher, aber da brauchen wir die öffentliche Hand und die Politik.“ In dem Zusammenhang fiel dann wieder die SV Ried als Vorbild, wie es nach oben gehen könnte.

Zum Abschluss war noch das das Spiel gegen die Juniors am 25. März ein Thema. Der Sportdirektor zahlte förmlich ins Phrasenschwein ein: „Es gibt drei Punkte, nicht mehr, nicht weniger.“ Der besonderen Wertigkeit des Spiels ist er sich aber bewusst und merkte mit einem Lächeln an, dass „es die emotionalsten drei Punkte wären, die es im Frühjahr gibt.“ Als Eckpunkte definierte er  „Herz, Leidenschaft, alles in die Waagschale werfen, gut spielen. Und dann kommt unser 12. Mann dazu.“ Sprach’s und wanderte zum Trainingsplatz, auf dem sein Verein gerade den FC Bergheim vernaschte…

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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