Politische Bezirke haben die österreichische Fußballlandschaft bis dato noch nicht wirklich beeinflusst. Zwar hat jedes Bundesland seinen eigenen Fußballverband, aber die Bezirksgrenzen folgen, selbst wenn es in manchen Bundesländern Bezirksligen bzw. Bezirksklassen gibt, nicht diesen Grenzen. Sie sind für einen Bürger auch nur relevant, wenn er verwaltungsrechtliche Angelegenheiten zu erledigen hat und im Alltag wohl nur auf den Autokennzeichen ein sichtbarerer Begleiter.
Doch im Jahr 2020 war so vieles anders und so wurden in diesem im niederösterreichischen Fußball die Bezirksgrenzen auf einmal relevant, weil die niederösterreichische Landesregierung verordnete, dass innerhalb den Bezirken, auf denen die Coronaampel auf orange oder rot steht, keine Zuschauer bei Fußballspielen zugelassen sind. So beschäftige ich mich letzten Herbst emsig mit den Bezirksgrenzen und stellte dabei fest, dass ich mit dem Besuch in Scheibbs in jeder Bezirkshauptstadt bzw. Statutarstadt des Bundeslandes ein Spiel gesehen habe. Doch da ging mir auch der Gedanke durch den Kopf, ob die Bezirkshauptstadt auch zugleich das Fußballzentrum des Bezirks ist und wenn nicht, in welcher Spielklasse kickt dann der jeweilige Verein der Bezirkshauptstadt bzw. der bestplatzierte Verein des Bezirks.
So entstand ein der Bericht, der ein kurzweiliges Eintauchen in eine regionale Fußballwelt, gepaart mit etwas Geographie und ein wenig Geschichte darstellen soll. Im ersten Teil sehen wir uns einige bekannte Gesichter an!
Der Bezirk und die Statutarstadt St. Pölten (P, PL) – SKN St. Pölten
Auf den ersten Blick ist es wenig überraschend, dass die Landeshauptstadt auch den aktuell besten Fußballklub des Bundeslandes stellt, woraufhin sich auch die Frage erübrigt, ob im Bereich des Bezirks bzw. der Statutarstadt St. Pölten der höchstklassierte Verein aus der Hauptstadt kommt. Doch das war bei Weitem nicht immer so. Seitdem St. Pölten 1986 die niederösterreichische Landeshauptstadt wurde, kamen mit der Admira (inklusive der Vorgängervereine Admira/Wacker und VfB Mödling), dem Kremser SC und dem 1.Wiener Neustädter SC immer wieder Vereine aus Niederösterreich, die in der höchsten Spielklasse des Landes vertreten waren. St. Pölten war in dieser Zeit keineswegs als das Zentrum des niederösterreichischen Fußballs etabliert. Es war sogar das Gegenteil der Fall. Als der SKN St. Pölten im Jahr 2000 neu gegründet wurde, erreichte man in der Landeshauptstadt die Talsohle und musste sich aus der fünftklassigen 2.Landesliga stetig emporarbeiten. Dies gelang auch dank der Unterstützung der Landesregierung. Man spielte sogar schon im Europacup, ehe man 2016 in die Bundesliga aufstieg. Da die Politik dem Verein mit dem Bau der NV-Arena auch eine gute Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat, scheint es so, dass man derzeit dem bisherigen Platzhirsch aus Maria Enzersdorf den Rang abläuft.
Nummer zwei in der Statutarstadt ist übrigens der ASV Spratzern, der immerhin in der viertklassigen Landesliga kickt. Eine Liga darunter, in der 2.Landesliga West, spielen noch die im Bezirk St. Pölten (Anm.: St. Pölten-Land) beheimateten SC Herzogenburg und SC Rabenstein. Auch wenn dieser Bezirk sehr einwohnerstark ist und sich bis zur Wiener Stadtgrenze erstreckt, findet man hier sonst keinen höherklassigen Verein. Seitdem sich der Sturm 19 St. Pölten aus der Landesliga verabschiedet und wenig später aufgelöst hat, findet man auch keinen echten Stadtverein mehr in höheren Spielklassen. Hier blieb nur mehr der in der 2.Klasse Traisental spielende SC St. Pölten übrig, zumal die anderen St. Pöltner Stadtvereine aus den Dörfern des mittlerweile eingemeindeten Umlandes stammen. Der Sportplatz von Sturm 19 St. Pölten, die Bimbo Binder-Sportanlage ist bald schon Geschichte und wird durch eine Parkanlage ersetzt werden.
Der Bezirk Mödling (MD) – FC Admira Wacker Mödling
Wie auch im Bezirk St. Pölten sieht im Bezirk Mödling auf den ersten Blick alles recht einfach aus, zumal der höchstklassige spielende Verein des Bezirks auch den Namen der Bezirkshauptstadt Mödling trägt. Doch der nach den Statutarstädten flächenmäßig kleinste Bezirk Niederösterreichs weist aufgrund seiner dichten Besiedlung südlich von Wien die Eigenheit auf, dass hier zahlreiche Gemeinden bebaut in einander übergehen. So hat der FC Admira Wacker Mödling seinen Sitz in der Gemeinde Maria Enzersdorf, die zwar die Nachbargemeinde Mödlings ist, aber der Namenszusatz Mödling stammt nicht vom eigentlichen Standort, sondern von der 1997 durchgeführten Fusion mit dem VfB Mödling. Apropos Fusion. Eine solche gab es 1971 zwischen dem SK Admira und dem SC Wacker, die eigentlich zwei ursprünglich aus Wien stammende Vereine waren. Die Admira wurde bereits 1966 nach Mödling verfrachtet und spielt seit 1967 in der Südstadt. Diese Vorgeschichte ist sicher ein Mitgrund, warum sich Maria Enzersdorf nie im Vereinsnamen durchgesetzt hat. Da aller guten Dinge drei sind, muss noch die Lizenzübergabe bzw. Umbenennung des damaligen Zweitligisten ASK Schwadorf an die soeben in die Regionalliga abgestiegenen Admiraner erwähnt werden. Dadurch verhinderte Richard Trenkwalder den völligen Absturz der Südstädter, rettete deren Akademie und legte damit auch den Grundstein für eine baldige Rückkehr in die höchste Spielklasse des Landes. Seit diesen turbulenten Jahren ist man wieder ein fixer Bestanteil der Bundesliga. Auch wenn man bei weitem öfter gegen den Abstieg gespielt hat, als man sich für das internationale Geschäft qualifiziert konnte, gehört der Verein zum Inventar der obersten Spielklasse.
Aber auch in der Bezirkshauptstadt wird wieder gespielt. Der 1997 verschwundene VfB Mödling wurde nach einigen Jahren wieder als neuer Verein gegründet und kämpft seither in der 2.Klasse Ost/Mitte um Punkte. Sohin wird das Mödlinger Stadion weiterhin genutzt und auch wenn man in der niedrigsten Spielklasse der Region dem Ball nachjagt, ist dies besser als ganz von der Fußballlandkarte verschwunden zu sein.
Die hinter der Admira nächst höherklassige spielenden Vereine im Bezirk Mödling findet man mit dem SC Brunn am Gebirge und dem ASV Vösendorf in der fünftklassigen 2.Landesliga Ost. Die Vösendorfer waren ihrerseits Anfang der 1990er Jahre ziemlich erfolgreich und spielten auch zwei Saisonen lang in der damaligen 2.Division.
Der Bezirk Horn (HO) – SV Horn
Im Bezirk Horn befindet sich das fußballerischer Zentrum auch in der Bezirkshauptstadt. Dies ist nicht ungewöhnlich, sind die Bezirke im Waldviertel doch dünnbesiedelt. Doch, dass der SV Horn die Nummer eins im Waldviertel ist, das hat sich erst vor zehn Jahren geändert. Während man in den Jahren zuvor immer inzwischen der Regionalliga und der Landesliga pendelte, wobei der Waldviertler Rivale SC Zwettl meist ein wenig besser klassiert war, als die Horner. Während sich im Jahr 2010 die Zwettler in die Landesliga verabschiedeten (und seither nicht mehr in die Regionalliga zurückkehrten), setzte sich der SV Horn in der Spitzengruppe der Regionalliga Ost fest und feierte 2012 den Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse. Seither musste man auch zweimal absteigen, schaffte aber immer den sofortigen Wiederaufstieg in die 2.Liga.
So beachtlich diese Erfolge des Vereins sind, es gibt auch eine skurrile Anekdote, die noch gar nicht lange zurückliegt. Im Jahr 2015 stieg Keisuke Honda gemeinsam mit seinen Brüdern beim SV Horn ein und wollte den Verein in die Bundesliga, wenn nicht sogar in die Champions League führen. Doch es kam alles anders, als geplant, denn man steig in die Regionalliga ab, sodass die Hondas wieder das Interesse am Verein verloren und sich zurückzogen. Der SV Horn schaffte auch ohne Unterstützung aus Japan den Wiederaufstieg. Geglänzt hat man dort seit der Rückkehr noch nicht, einmal rettete der Innsbrucker Abstieg und der Zulassungsentzug von Wr. Neustadt die sportlich abgestiegenen Horner. Ein Jahr später gab es coronabedingt keine Absteiger, wobei man als Tabellendreizehnter auch sportlich in der Liga geblieben wäre. Heuer befindet man sich wieder in der unteren Tabellenregion der 2.Liga, wobei man wohl wieder bis zum Schluss gegen den Abstieg spielen wird. Allerdings ist der Verein breiter aufgestellt und hat mittlerweile auch ein eigenes Nachwuchszentrum. Dies hat man im Nachbarbezirk Hollabrunn bezogen, wo man die ehemalige Frank Stronach Akademie nun nachnutzen kann. Man könnte so wohl auch einen Abstieg aus der zweiten Liga auffangen und dürfte jedenfalls auf längere Sicht die Nummer Eins im Waldviertel bleiben.
Mit dem Eggenburger SK gibt es nur wenige Kilometer entfernt noch einen weiteren Verein aus dem Bezirk, der in einer höheren Spielklasse, nämlich der fünftklassigen 2.Landesliga West, tätig ist. Dass in einem dünnbesiedelten Bezirk auch ein weiterer Verein hinter einem Zweitligisten doch ziemlich hoch oben mitspielt, ist – im Vergleich mit anderen Bezirken – alles andere als selbstverständlich.
Der Bezirk Amstetten (AM) – SKU Amstetten
Im Bezirk Amstetten ist die Situation ähnlich derer im Bezirk Horn. Nicht nur, dass der höchstklassige Verein, der SKU Amstetten, aus der Bezirkshauptstadt stammt und in der zweiten Liga spielt, kam der Aufstieg des Vereins erst in den letzten zehn Jahre so richtig in die Gänge. Nur die Geschichte davor verhält sich etwas anders als in Horn. Diese beginnt nämlich erst im Jahr 1997, denn bis dahin gibt es mit dem ASK Amstetten, der immerhin einmal zweitklassig war, und dem SC Union Amstetten zwei Vereine in der Stadt, die allerdings weit davon entfernt waren, eine Bedeutung im überregionale Fußball zu spielen. So wurde der SKU Amstetten aus der Taufe gehoben, der anfangs in der fünftklassigen 2.Landesliga West spielte. Nach zwei Saisonen gelang der Aufstieg in die Landesliga, in der man auch über ein Jahrzehnt bleiben sollte. Eine Ausnahme war die Saison 2007/08, wo man ein Jahr lang Regionalligaluft am Union-Sportplatz, der Heimstätte des Vereins, schnuppern konnte. Der Wiederaufstieg in die Regionalliga Ost im Jahr 2011 war dann von Erfolg gekrönt, denn der SKU Amstetten war bis zur Saison 2017/18 ein fixer Bestandteil dieser Liga. Im Jahr 2018 gelang dann der Aufstieg in die 2. Liga.
Dieser Schritt wurde vom Verein erst gewagt, nachdem sowohl die Infrastruktur und die Mannschaft reif für diese Aufgabe waren. Jahrelang war man in der Spitzengruppe der Regionalliga Ost, suchte aber nicht für eine Bundesligalizenz an. Erst nach dem die mittlerweile in Ertl Glas-Stadion umbenannte Heimstätte des Vereins im Jahr 2015 in ein schmuckes Kleinstadion umgewandelt wurde, waren die Aufstiegspläne der Amstettner konkret. Diese wurden dann im Zuge der Bundesligaaufstockung im Jahr 2018 in die Tat umgesetzt. Aktuell steht man in der 2.Liga aber, so wie der SV Horn, im Tabellenkeller und spielt gegen den Abstieg. Aber auch wie in Horn scheint auch in Amstetten umsichtig und vorausschauend gearbeitet zu werden, sodass auch ein Abstieg in die Regionalliga beim SKU Amstetten keinen Totalabsturz verursachen würde.
Im Gegensatz zu Horn, findet man im Amstettner Bezirk auch noch zahlreiche Vereine, die im niederösterreichischen Landesverband höherklassig spielen. Der SCU Ardagger ist ein fixer Bestandteil der Landesliga. Eine Spielklasse darunter kämpfen in der 2.Landesliga West die beiden Nachbarvereine UFC St. Peter/Au und USC Seitenstetten nicht nur gemeinsam um Punkte, sondern liefern sich immer ein spannendes Derby. Ebenfalls muss erwähnt werden, dass die entlang der Enns liegenden Vereine des Bezirks bereits im Oberösterreichischen Fußballverband eingegliedert sind und der ASK St. Valentin sogar in der Oberösterreichliga, der höchsten Spielklasse des Bundeslandes, teilnimmt.
Heffridge, abseits.at
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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