Politische Bezirke haben die österreichische Fußballlandschaft bis dato noch nicht wirklich beeinflusst. Zwar hat jedes Bundesland seinen eigenen Fußballverband, aber die Bezirksgrenzen folgen, selbst... Niederösterreich und seine Bezirkshauptstädte (3) – Das vielseitige Mittelfeld

Politische Bezirke haben die österreichische Fußballlandschaft bis dato noch nicht wirklich beeinflusst. Zwar hat jedes Bundesland seinen eigenen Fußballverband, aber die Bezirksgrenzen folgen, selbst wenn es in manchen Bundesländern Bezirksligen bzw. Bezirksklassen gibt, nicht diesen Grenzen. Sie sind für einen Bürger auch nur relevant, wenn er verwaltungsrechtliche Angelegenheiten zu erledigen hat und im Alltag wohl nur auf den Autokennzeichen ein sichtbarerer Begleiter.

Doch im Jahr 2020 war so vieles anders und so wurden in diesem im niederösterreichischen Fußball die Bezirksgrenzen auf einmal relevant, weil die niederösterreichische Landesregierung verordnete, dass innerhalb den Bezirken, auf denen die Coronaampel auf orange oder rot steht, keine Zuschauer bei Fußballspielen zugelassen sind. So beschäftige ich mich letzten Herbst emsig mit den Bezirksgrenzen und stellte dabei fest, dass ich mit dem Besuch in Scheibbs in jeder Bezirkshauptstadt bzw. Statutarstadt des Bundeslandes ein Spiel gesehen habe. Doch da ging mir auch der Gedanke durch den Kopf, ob die Bezirkshauptstadt auch zugleich das Fußballzentrum des Bezirks ist und wenn nicht, in welcher Spielklasse kickt dann der jeweilige Verein der Bezirkshauptstadt bzw. der bestplatzierte Verein des Bezirks.

So entstand ein der Bericht, der ein kurzweiliges Eintauchen in eine regionale Fußballwelt, gepaart mit etwas Geographie und ein wenig Geschichte darstellen soll.

Das vielseitige Mittelfeld – Wenn es wenige Einwohner oder starke Rivalen gibt

Der Bezirk Waidhofen an der Thaya (WT) – SV Waidhofen/Thaya

Ähnlich wie beim SC Zwettl liest sich die Geschichte des SV Waidhofen/Thaya, denn auch im nördlich von Zwettl gelegenen Bezirk, ist die Verein aus der Bezirkshauptstadt auch der bestplatzierte Verein in den Fußballligen des NÖFV. Der ebenfalls nach dem 2.Weltkrieg im Jahr 1947 gegründete SV Waidhofen/Thaya spielt wie der SC Zwettl in der vierklassigen Landeliga.

Die Heimspiele trägt der SVW seit 1960 im Birkenstadion aus. Dieser Sportplatz hat die Eigenart, dass vorbeiführende und höherliegende Straße während des Spiels als Gegentribüne dient, womit man hier im Waldviertel auf etwas rustikaler Skyboxen zurückgreift.

Der Verein war in seinen Anfangsjahren sehr erfolgreich und schaffte bereit 1969 den Aufstieg in die Landesliga. Seither pendelt man immer zwischen der Landesliga und der 2.Landesliga, wobei man in bis in die 1990er Jahre vermehrt in der höherklassigen Landesliga spielte. Von 1993 an musste man allerdings 17 Jahre in der 2.Landesliga West verbleiben, ehe 2010 wieder Aufstieg in die Landesliga geschafft wurde. Dort schlägt man sich seither ziemlich wacker. In dieser Saison ist mal allerdings noch sieglos und befindet sich an vorletzter Stelle. Es könnte also wieder passieren, dass nach mehr zehn Jahren in der Landesliga diese Ära zu Ende geht. Allerdings gehört der Bezirk Waidhofen zu einem der drei kleinsten Flächenbezirke und nahezu gleichauf mit dem Bezirk Lilienfeld an vorletzter Stelle bei Einwohneranzahl, daher braucht man sich in Waidhofen an der Thaya auch nicht verstecken, wenn man mit dem SVW einen Dauergast in der niederösterreichischen Landesliga hat.

Nummer zwei im Bezirk ist übrigens der USV Raabs/Thaya, der sich in der Gebietsliga Nordwest/Waldviertel befindet. Zwei Spielklassen unter dem SV Waidhofen/Thaya agierend, sorgt man dort für Furore sorgt und ist in dieser Saison im Aufstiegsrennen um einen Platz in der 2.Landesliga West, wo es unter Umständen bald zu einem Bezirksderby kommen könnte. Von den zahlreichen in der 1. und 2.Klasse spielenden Vereinen, ist der SV Vitis derzeit wohl noch erwähnenswert, zumal man 2019 unglücklich aus der Gebietsliga abgestiegen ist und derzeit allerdings wieder in der 1.Klasse Waldviertel auf Kurs in Richtung Wiederaufstieg in die Gebietsliga ist.

Der Bezirk Mistelbach (MI)- FC Mistelbach

In Mistelbach wurde schon in der Zwischenkriegszeit Fußball gespielt. Doch über das genaue Gründungsdatum ist man sich in der Weinviertler Bezirkshauptstadt uneins. Nachweis für Fußballspiele in Mistelbach findet man an 1932, doch schon seit 1921 gab es erste Vereinsgründungen. Ab 1934 fungierte man als Eisenbahner Sportvereine Mistelbach. Nach einigen Umbenennungen in den Kriegsjahren fungierte man ab 1947 wieder ab diesem Namen, ehe man 1978 zum jetzigen Namen, FC Mistelbach, wechselte.

Anfang der 2000er Jahre gelang der rasante Aufstieg, der den Verein bis in die Landesliga Niederösterreichs führte, in der man lange ein fixer Bestanteil war. 2011 musste man wieder in die 2.Landesliga Ost absteigen, doch es gelang der sofortige Wiederaufstieg. Allerdings blieb man nicht lange in der höchsten Spielklasse des Bundeslandes und musste 2014 erneut den Gang in die Fünftklassigkeit antreten. Auf eine Rückkehr in Landesliga muss man in Mistelbach seither warten. In der 2.Landesliga Ost muss man um die Vormachtstellung im Bezirk mit dem SC Wolkerdorf kämpfen, sodass es im zweitgrößten Flächenbezirk Niederösterreichs derzeit keine klare Nummer eins gibt.

In der sechstklassigen Gebietsliga vertreten der FC Neudorf, der SC Laa/Thaya und der SC Ladendorf den Bezirk. Allerdings befinden sich alle drei Vertreter des Mistelbacher Bezirks in der unteren Tabellenhälfte und kämpfen gegen einen Abstieg in die 1.Klasse Nord, in der die Mistelbacher Vereine zahlreich vertreten sind.

Ein Kuriosum war die 3.Klasse Mistelbach, in der zahlreiche Vereine der Region, ohne eine Reserve und Nachwuchsteams stellen zu müssen, teilgenommen haben. Mittlerweile erfreut sich diese Liga auch über den Bezirksgrenzen an großer Beliebtheit, sodass diese seit zwei Jahren den Namen Bezirksklasse Weinviertel trägt.

Der Bezirk Melk (ME) – SC Melk

Auch wenn Melk schon auch eine lange Fußballtradition zurückblicken kann, die weit vor den zweiten Weltkrieg zurückreicht, eine richtige Fußballstadt war diese Bezirkshauptstadt noch nie. Während im Bezirk in der jüngeren Geschichte der ASK Ybbs in den späten 1980er und frühen 1990 Jahre in der Regionalliga in aller Munde war und mehrmals knapp an einem Zweitligaaufstieg scheiterte, backte man in Melk zu dieser Zeit kleinere Brötchen und spielte auf einem sehr beschaulichen Sportplatz in den Niederungen des niederösterreichischen Fußballs, wobei das Derby gegen den ASK Loosdorf schon das Spiel des Jahres war. Die 2.Landesliga war schon damals für den SC Melk das höchste der Gefühle.

Richtungsweisend für eine Stabilisierung des Melker Fußballs war die vor rund zehn Jahren errichtete Arena, die sich direkt neben der Melker Autobahnabfahrt befindet. 2010 kehrte des SC Melk auch wieder in die fünftklassige 2.Landesliga West zurück, wobei das moderne und 2.500 Zuschauer fassende Stadion behilflich sein sollte, dass man zumindest im Bezirk die Nummer eins werden sollte. Doch der angestrebte Durchmarsch in die Landesliga wurde nicht geschafft und so ritterte man lange mit dem ASK Ybbs um die Vormachtstellung im Bezirk.

Zu diesen beiden Vereinen sollte sich im Laufe der letzten Dekade auch der SCU Kilb gesellen, der seinerseits vormals mit den Nachbarn vom USC Mank um die Vorherrschaft in der Gebietsliga West kämpfte. Bei Vereine errichteten entweder ebenfalls eine neue Anlage oder modernisierten selbige. Kilb ging als klarer Sieger aus diesem Duell hervor und überflügelte mit seinem späteren Aufstieg in die Landesliga auch den SC Melk und den ASK Ybbs, die nach wie vor in der 2.Landesliga West spielen. Der USC Mank stieg hingegen in die 1.Klasse West-Mitte ab, wo er nun unter anderem ein Derby gegen den zuvor bereits erwähnten ASK Loosdorf hat.

In der aktuellen Saison läuft es für den SC Melk noch nicht rund, zumal man sich noch ohne Sieg am Tabellenende befindet und ein Abstieg in die Gebietsliga West drohen könnte. Dann wäre man von der Nummer eins im Bezirk aber dann doch noch ein Stück weiter entfernt. Bei einem Klassenerhalt bleibt der SC Melk zumindest die Nummer drei.

Der Bezirk Korneuburg (KO) – SC Korneuburg

Der Verein der Bezirkshauptstadt Korneuburg ist der ASC Marathon Korneuburg oder kurz nur SC Korneuburg. Er blickt auch auf eine langjährige Fußballtradition zurück, doch ziemlich erfolgreich war man in den letzten 90 Jahren dabei nicht wirklich. In den letzten zehn Jahren zeigte der Weg des Korneuburger Fußballs aber zumindest stetig nach oben, denn 2012 stieg man aus der siebtklassigen 1.Klasse Nordwest in die Gebietsliga auf, die man fünf Jahre später in die fünftklassige 2.Landesliga Ost verlassen konnte. Dort spielt man seither durchgehend, jedoch ziert man derzeit mit nur einem Punkt aus fünf Spielen das Tabellenende dieser Liga.

Die Heimstätte des ASC Marathon Korneuburg wurde im Jahre 2003 als Rattenfängerstadion eröffnet. Seit 2016 trägt dieses Stadion, dass 600 Zuschauern Platz bietet, den weniger schönen Namen „Dimmi-Arena“. Nach seiner Eröffnung war das Stadion auch Austragungsort für American Football (als Ausweichquartier der Danube Dragons), Rugby und Länderspiele der ÖFB-Nachwuchsteams.

Doch der im Bezirk Korneuburg bekannteste Verein ist wohl der SV Stockerau, der 1958 aus einer Fusion entstand und dessen größter Erfolg wohl damit begann, dass der SK Slovan/HAC aufgrund seines Kunstrasenplatzes als Meister der Regionalliga Ost der Aufstieg in die 2.Liga verweigert wurde. Nutznießer war der damalige Tabellenzweite, der SV Stockerau, der danach österreichweit spielen durfte und 1991 sensationell das Cupfinale erreichte, wo es dann sogar gelang, den SK Rapid Wien mit 2:1 in die Knie zu zwingen. Nach diesem Triumph durfte man auch im Europacup ran, wo man zweimal gegen Tottenham Hotspur mit 0:1 unterlag. Vier Jahre später musste man erstmals wieder in die Regionalliga absteigen. Es konnte zwar noch der Wiederaufstieg gefeiert werden, aber nach einem Ausgleich ging es immer weiter bergab und so fand man sich 2002 in der fünftklassigen 2.Landesliga Ost wieder. Es sollte nur mehr kurz zurück in die Landesliga gehen, die man zwar einige Saisonen, wenn auch nur glücklich halten konnte, ehe man 2013 wieder in die 2.Landesliga abstieg. Dort spielt man seither meistens eher mehr schlecht als recht mit und entrann nur einige Male knapp dem Abstieg in die Gebietsliga.

Nummer eins im Bezirk ist aktuell der SV Leobendorf, der 2018 den Sprung in die Regionalliga Ost schaffte und seither dort die niederösterreichischen Farben vertritt. Abgesehen von einigen Saisonen in der 2.Landesligs Ost war der Verein davor seit Mitte der 1980er Jahre schon eine Fixgröße in der Landesliga.

Auch wenn Korneuburg eher zu den kleinen Flächenbezirken gehört und sich bei der Einwohnerzahl auch nur im Mittelfeld befindet, so ist es beachtlich, dass sich neben Stockerau und Korneuburg mit dem 1.FC Bisamberg, der TSU Obergänsendorf und dem SV Sierndorf noch drei weitere Vereine aus dem Bezirk in der 2.Landesliga Ost befinden.

Der Bezirk Tulln (TU, KG) – FC Tulln

Der Bezirk Tulln erstreckt entlang beider Ufer der Donau nordwestlich von Wien. Seit der Eingliederung von Klosterneuburg in den Bezirk hat man den Verlauf des Südufers der Donau von Wien bis Krems nahezu durchgehend im eigenen Bezirk. In einem eher dicht besiedelten Bezirk ist der Verein aus der Bezirkshauptstadt im Fußball alles andere als tonangebend. Der FC Tulln wurde zwar bereits im Mai 1919 als Sportverein Tulln gegründet, doch die Zeiten in denen man höherklassig gespielt hat, liegen lange zurück. Von 1965 bis 1974 spielte der Verein noch in der Regionalliga Ost, doch seither fand in Tulln ein schleichender Abstieg statt. Dieser führte in der Saison 2012/13 dazu, dass man als Tabellenletzter der 2.Landesliga Ost in die Gebietsliga absteigen musste. Dort spielt der FC Tulln auch heute noch, wobei der Verein dort an zwölfter Stelle von 14 Teilnehmern liegt und sogar den Abstieg in die 1.Klasse befürchten muss. Immerhin ist man noch vor dem ebenfalls aus dem Bezirk stammenden SV Sieghartskirchen. Die Tullner Nachbarn vom SV Langenlebarn sind in dieser Liga allerdings der oberen Tabellenhälfte klassiert und der FC Klosterneuburg ist in der Gebietsliga Nord/Nordwest sogar Tabellenführer.

Im Bezirk Tulln ist die derzeitige Nummer eins der SC Langenrohr. Seit 1994 spielt man viertklassig in der niederösterreichischen Landesliga und ist somit das Urgestein in dieser Liga. In einer ab der Saison 1990/91 geführten „ewigen Tabelle“ ist man unangefochten an erster Stelle. Es haben schon einige bekannte Spieler in Langenrohr ihr Fußballschuhe geschnürt, doch der Bekannteste unter ihnen ist wohl Stefan Maierhofer, der 2005 vom SV Langenrohr direkt nach München zur zweiten Mannschaft des FC Bayern wechselte. Zu Beginn der Landesligazeit gab es noch Derbys gegen den FC Tulln, wenig später hatte man das Derby dann gegen den SV Würmla.

Der Rivale aus dem Tullnerfeld hat eine etwas bewegtere Geschichte als der SV Langenrohr. 1994 begann der Durchmarsch von der Gebietsliga in die Regionalliga Ost, in der man sich bis 2001 hielt. Drei Jahre später gelang Würmla der Wiederaufstieg in die Regionalliga Ost, ehe man 2010 abermals in die Landesliga abstieg. Nach der Saison 2016/17 musste der SV Würmla auch aus der Landesliga absteigen und spielt seither in der 2.Landesliga West, wo man in dieser Saison einen Platz im Mittelfeld belegt.

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.