Politische Bezirke haben die österreichische Fußballlandschaft bis dato noch nicht wirklich beeinflusst. Zwar hat jedes Bundesland seinen eigenen Fußballverband, aber die Bezirksgrenzen folgen, selbst... Niederösterreich und seine Bezirkshauptstädte (4) – Nicht die Nr. 1 im Bezirk

Politische Bezirke haben die österreichische Fußballlandschaft bis dato noch nicht wirklich beeinflusst. Zwar hat jedes Bundesland seinen eigenen Fußballverband, aber die Bezirksgrenzen folgen, selbst wenn es in manchen Bundesländern Bezirksligen bzw. Bezirksklassen gibt, nicht diesen Grenzen. Sie sind für einen Bürger auch nur relevant, wenn er verwaltungsrechtliche Angelegenheiten zu erledigen hat und im Alltag wohl nur auf den Autokennzeichen ein sichtbarerer Begleiter.

Doch im Jahr 2020 war so vieles anders und so wurden in diesem im niederösterreichischen Fußball die Bezirksgrenzen auf einmal relevant, weil die niederösterreichische Landesregierung verordnete, dass innerhalb den Bezirken, auf denen die Coronaampel auf orange oder rot steht, keine Zuschauer bei Fußballspielen zugelassen sind. So beschäftige ich mich letzten Herbst emsig mit den Bezirksgrenzen und stellte dabei fest, dass ich mit dem Besuch in Scheibbs in jeder Bezirkshauptstadt bzw. Statutarstadt des Bundeslandes ein Spiel gesehen habe. Doch da ging mir auch der Gedanke durch den Kopf, ob die Bezirkshauptstadt auch zugleich das Fußballzentrum des Bezirks ist und wenn nicht, in welcher Spielklasse kickt dann der jeweilige Verein der Bezirkshauptstadt bzw. der bestplatzierte Verein des Bezirks.

So entstand ein der Bericht, der ein kurzweiliges Eintauchen in eine regionale Fußballwelt, gepaart mit etwas Geographie und ein wenig Geschichte darstellen soll.

In diesen Bezirken ist die Fußballhochburg schon länger nicht mehr in der Bezirkshauptstadt

Der Bezirk Lilienfeld (LF) – SC Lilienfeld

Dicht besiedelt ist Bezirk Lilienfeld nicht, ist er doch nahezu ausschließlich im Traisen- und Gölsental besiedelt und von den Ausläufern der niederösterreichischen Kalkalpen durchzogen. In der Bezirkshauptstadt Lilienfeld wird seit 1948 vereinsmäßig Fußball gespielt, doch große Erfolge gab es dort nicht wirklich. So findet sich die Teilnahme an der fünftklassigen 2.Landesliga als größter Erfolg in der Vereinsgeschichte des SC Lilienfeld wieder. Zuletzt war man jahrelang in der 1.Klasse West-Mitte tätig, ehe 2018 der Aufstieg in die Gebietsliga West gelang. Dort macht man eine durchaus gute Figur und befindet sich im Mittelfeld der Tabelle. Innerhalb des Traisentals ist man im Bezirk die unangefochtene Nummer eins, doch die stärksten Vereine in diesem Bezirk sind im Gölsental beheimatet.

Der SC Hainfeld und der USC Rohrbach/Gölsen lieferten sich immer reizvolle und zuschauerträchtige Derbys, wobei der SC Hainfeld meist als Favorit in diese Spiele ging. Zuletzt wurden diese Derbys in der Gebietsliga West ausgetragen. Sie waren auch allesamt Zuschauermagneten und lockten weit über 500 Besucher auf die jeweiligen Sportanlagen. Doch zuletzt wurde dieses Derby im April 2015 ausgetragen, denn der USC Rohrbach stieg in dieser Saison als Meister der Gebietsliga in die 2.Landesliga West auf. Für den SC Hainfeld hat sich seither auch nichts an der Ligazugehörigkeit geändert, denn man spielt auch heute noch sechstklassig in der Gebietsliga West.

Dass der SC Hainfeld in den Derbys meist Favorit war, wird bei einem Blick auf die Geschichte der USC Rohrbach auch schnell ersichtlich. Der Verein wurde erst 1952 gegründet. In der Saison 1959/60 konnte der erste sportliche Erfolg verbucht werden, als man den Meistertitel in der 2. Klasse St. Pölten Süd gewinnen konnte. Dann dauerte es bis zur Saison 1999/00, bis wieder ein sportlicher Erfolg verbucht werden konnte. Mit dem damaligen Meistertitel in der 2. Klasse Traisental startete ein Erfolgslauf, der seit den letzten 20 Jahren auch stets angehalten hat. 2005 stieg man durch den Meistertitel in der 1. Klasse West-Mitte in die Gebietsliga-West auf und der weitere Aufstieg in die 2.Landsesliga im Jahr 2015 wurde bereits oben erwähnt. Nur zwei Jahre nach dem Aufstieg in die 2. Landesliga West konnte ein weiterer Meistertitel gefeiert werden, wodurch man seit der Saison 2017/18 in der niederösterreichischen Landesliga antreten darf.

Seit 2007 trägt der Verein seine Spiele auf der Liese Prokop-Sportanlage aus. Diese hat eine 400 Besucher fassende und überdachte Sitzplatztribüne, sodass das Stadion mit den um das Spielfeld befindlichen Stehplätzen für die Spiele der Landesliga ausreichend ist.

Auch aus dem Gölsental stammt der SC St. Veit/Gölsen, der in der 1.Klasse West-Mitte spielt. Dort ziert man derzeit das Tabellenende, wodurch man sich zu den anderen im Bezirk spielenden Vereine, die allesamt in die 2.Klasse Klasse Alpenvorland eingeteilt sind, gesellen könnte.

Der Bezirk Gmünd (GD) – SC Gmünd

Der im Nordwesten des Waldviertels gelegene Bezirk Gmünd zählt zu den einwohnerschwächeren Bezirken Niederösterreichs. Dass der SC Gmünd als Vertreter der Bezirkshauptstadt in diesem Bezirk nicht den stärksten Verein stellt, liegt vor allen daran, dass sich nur weniger Kilometer entfernt die Stadt Schrems befindet. Da beide Städte mit etwa 5.300 Bewohnern eine ziemlich genau gleiche Einwohnerzahl haben, ergibt es sich eben, dass ASV Schrems der Krösus im Bezirk Gmünd ist.

Der SC Gmünd existiert überhaupt noch nicht sehr lange, würde er erst im Jahr 2001 gegründet. Damals fusionierten der 1923 gegründete EPSV Gmünd und die 1919 gegründete 1. SVg Gmünd. Insbesondere der EPSV Gmünd, der selbst aus einer Fusion hervorging und daher den Namen Eisenbahn- und Post Sportverein trug, war in den 1990er Jahren eine der besten Adressen im niederösterreichischen Fußball, spielte man doch jahrelang in der drittklassigen Regionalliga Ost mit. Aus dieser stieg man 1997 sang- und klanglos als Tabellenletzter ab und spielte bis 2001 in der Landesliga, wo man damals als noch eigenständiger Verein als Tabellenletzter abgestiegen wäre.

Der neugegründete SC Gmünd fing daher in der 2.Landesliga West an, aus der man im Jahr 2003 ebenfalls abstieg. 2007 schaffte man allerdings den Wiederaufstieg aus der Gebietsliga in die 2. Landesliga. In dieser hatte der SC Gmünd zumeist auch das Derby gegen den ASV Schrems, jedoch trennten sich vor kurzer Zeit die Wege beider Vereine. Während der SC Gmünd im Jahr 2018 erneut in die Gebietsliga abstieg, konnte der ASV Schrems im Jahr 2019 sogar den Aufstieg in die Landesliga feiern. Es war bereits der dritte Aufstieg in die höchste Spielklasse Niederösterreichs der Schremser seit 1996. Derzeit befindet sich der ASV Schrems dort sogar auf dem hervorragenden dritten Tabellenplatz, wodurch man nicht nur die Nummer eins im Bezirk ist, sondern auch der bestplatzierte Waldviertler Verein in der Landesliga, noch vor den Bezirkshauptstäten Waidhofen an der Thaya und Zwettl ist. Im Waldviertel ist daher eigentlich nur mehr der Zweitligist aus Horn über den ASV Schrems zu stellen.

Noch vor dem SC Gmünd ist im Bezirk auch der SC Amaliendorf klassiert. Der Verein ist derzeit in der 2.Landsliga West aktiv und somit eine Spielklasse über dem SC Gmünd tätig. Die Amaliendorfer blicken aber auch auf eine turbulente, aber nicht minder erfolgreiche Geschichte in den letzten Jahren zurück. Während man nach 16 Jahren in der Landesliga 1998 absteigen musste, wurde der Verein sogar bis in die Gebietsliga durchgereicht, ehe man 2004 nach einem Durchmarsch wieder in die Landesliga zurückkehrte. 2006/07 stieg man aus dieser abgeschlagen als Tabellenletzter nach drei Saisonen wieder in die 2. Landesliga West ab. 2010 musste man nach acht Jahren erneut wieder in die Gebietsliga absteigen. Seit 2013 spielt man allerdings wieder in fünftklassigen 2.Landsliga West.

Alle weiteren Vereine aus dem Bezirk spielen derzeit nur in der 1. oder 2. Klasse. Unter ihnen auch die Vereine aus den größeren Städten in diesem Bezirk, wie etwa der SV Weitra, der SC Heidenreichstein oder der USC Litschau.

Der Bezirk Baden (BN) – AC Casino Baden

Dass sich der einwohnerstärkste Flächenbezirk Baden mit seinen fast 147.000 Einwohnern und die Bezirkshauptstadt Baden, die mit ihrem fast 26.000 Einwohnern, sogar die gesamten Bezirke Lilienfeld und Waidhofen an der Thaya mit ihrer Bevölkerung überflügeln würde, erst so spät in dieser Auflistung erscheint, ist etwas eigenartig, zumal der Badener AC auch über lange und durchaus erfolgreiche Geschichte zurückblicken kann. Der Verein wurde am 19. Februar 1899 als Sektion Baden des „First Vienna Football-Clubs“ gegründet, wodurch er einer der ältesten Vereine Niederösterreich ist und ab 1911 bei der niederösterreichischen Landesmeisterschaft teilnahm. 1932 und 1935 wurde diese sogar gewonnen und 1935 konnte sich der BAC nach einem Sieg gegen den SAK 1914 auch Österreichischer Amateur-Staatsmeister 1935 nennen.

Nach dem Krieg war man meist in der Regionalliga aktiv. 1982 schaffte man sogar den Aufstieg in die 2. Division. Ein Jahr später klopfte man als Tabellendritter fast an das Tor der höchsten Spielklasse des Landes an. Doch im Jahr 1985 ging es wieder zurück in die Regionalliga. Damit endete die Hochblüte des Badener AC, der einen Schuldenberg angehäuft hatte, der gegen Ende des letzten Jahrtausends schließlich den sportlichen Niedergang des Vereins einläutete. Nach der Jahrtausendwende ging es dann im Einzugstempo von der 2.Landesliga in die 2.Klasse. 2011 konnte man der sportlichen Bedeutungslosigkeit der 2.Klasse Triestingtal entfliehen und stieg immerhin in die vorletzte Spielklasse des Verbandes auf. In dieser spielte man vier weitere Jahre, ehe 2015 der Aufstieg in die Gebietsliga Süd/Südost gelang. Dort spielt der BAC, der auch unter dem Namen AC Casino Baden geführt wird, noch heute. Mit einem Punkt aus sieben Spielen stehen in dieser Saison die Zeichen in dieser Liga eher auf Abstieg.

Mit dem ASV Baden gibt es in der Bezirkshauptstadt noch einen weiteren Verein. Dieser ist aber ein fester Bestandteil der 2.Klasse Triestingtal und daher sportlich auch nicht wirklich erfolgreich.

In den letzten Jahren war das fußballerische Aushängeschild des Bezirks zweifelsfrei der ASK Ebreichsdorf, der in den Jahren von 2011 bis 2014 den Sprung von der sechstklassigen Gebietsliga Süd/Südost in die drittklassige Regionalliga Ost schaffte. Auch dort spielte man eine gute Rolle und war immer im oberen Drittel der Tabelle klassiert. Im Cup besiegte man auch zahlreiche Bundeligisten auf der heimischen Anlage in Weigelsdorf, die 2012 bezogen wurde. 2019 verzichtete man aber als Meister der Regionalliga Ost auf den Aufstieg in die 2.Liga, ehe sich der ASK Ebreichsdorf aufgrund der Corona-Pandemie ein Jahr später wieder in die Gebietsliga zurückzog. Dort ist man derzeit aber aktuell wieder Tabellenführer.

Somit ist derzeit der FCM Traiskirchen der höchstklassierte Verein aus dem Bezirk Baden, zumal dieser weiterhin an der Regionalliga Ost teilnimmt. Der FCM Traiskirchen wurde erst 2007 durch den Zusammenschluss des FC Möllersdorf und Arkadia Traiskirchen gegründet. Er spielte damals in der sechstklassigen Gebietsliga Süd/Südost.

In der Saison 2011/12 wurde man dort Meister und konnte somit in die 2. Landesliga Ost aufsteigen. Diese gewann der Verein in der Saison 2014/15 und somit stieg der Verein in die Landesliga auf. Dort belegte man in der Debütsaison den achten Platz und verpasste sportlich den angepeilten Durchmarsch in die Regionalliga. Jedoch konnte man dort den Startplatz des 1. SC Sollenau einnehmen und somit war der FCM Traiskirchen ab der Saison 2016/17 doch in der Regionalliga Ost, wo man in der laufenden Saison an vierter Stelle liegt.

Vor Ebreichsdorf und Traiskirchen war der ASK Kottingbrunn die Nummer eins im Bezirk. 1997 und 2001 konnte der Arbeiter Sportklub jeweils den Titel in der Regionalliga Ost einfahren und spielte in der Saison 1997/98, nach dem man den Wiener Sportclub in einem packenden Titelkampf hinter sich lassen konnte, sogar eine Saison lang zweitklassig. Bis zum Jahr 2006 spielte man in Kottingbrunn noch drittklassig. Seither ist man in der Landeliga aktiv. In der aktuellen Saison liegt man dort im Mittelfeld auf Rang 10. Eine Liga unter Kottingbrunn spielt derzeit der ASK Bad Vöslau. Der Verein aus der Nachbarstadt spielte von 2009 bis 2015 in der viertklassigen Landesliga. Seit dem Abstieg aus dieser Liga spielt man wieder in der 2.Landesliga Ost. In dieser Saison mit mäßigem Erfolg, ist man derzeit dort an 13 und somit vorletzter Stelle klassiert.

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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