Bereits nach dem ersten Pflichtspiel des neuen Kalenderjahres herrscht bei Rapid (Cup-)Katzenjammer. Das 1:2 gegen den TSV Hartberg war ein arger Dämpfer für die... Rapids kurioser Selbstfaller: Erkenntnisse aus dem Cup-Aus gegen Hartberg

Bereits nach dem ersten Pflichtspiel des neuen Kalenderjahres herrscht bei Rapid (Cup-)Katzenjammer. Das 1:2 gegen den TSV Hartberg war ein arger Dämpfer für die Grün-Weißen, die fest mit dem Aufstieg ins Halbfinale gerechnet haben. Erkenntnisse gab es bei der überraschenden Heimniederlage aber zur Genüge.

Dass die Erwartungshaltung bei Rapid stets hoch bis zu hoch ist, ist bekannt. Vor dem Cup-Viertelfinale gegen Hartberg gab es aber tatsächlich kaum jemanden, der dachte, dass der Frühjahrsauftakt schiefgehen könnte. Zahlreiche Corona-Fälle bei den Gästen, eine damit einhergehende schwierige Vorbereitung – Hartberg schien wie der perfekte Gegner für den Start.

Rapid startet perfekt in die Partie

Und anfangs lief auch alles nach Plan. Rapid gab den Hartbergern 20 Minuten lang keine Zeit zum Atmen, war in hohen Zonen sehr aktiv, presste auch im Mittelfeld gut. Ohne zwingend zu werden spielte man die Oststeirer an die Wand. Knasmüllners Traumtor mit dem Außenrist sorgte für eine frühe Führung und die offensive Intensität und defensive Abgebrühtheit der Hütteldorfer zeichneten ein Bild, in dem es nur eine Frage der Zeit sein sollte, dass der Vorsprung ausgebaut wird.

Gutes Rautenmuster zu Beginn

Auch taktisch-spielerisch gab es einige interessante Facetten zu beobachten. Am auffälligsten war natürlich die „Raute“, also das 4-1-2-1-2, in dem Feldhofer seine Mannschaft auf den Platz schickte. Die Innenverteidigung gaben dabei Hofmann und Moormann, Aiwu sollte den alleinigen Sechser geben, Kitagawa spielte auf der Zehn, während man im Angriff mit Grüll und Strunz auf Tempo setzte.

Dreierkette im Spielaufbau

Asymmetrisch waren vor allem die Außenpositionen in der Mittelfeldraute. Dejan Petrovic begann auf der linken Seite, ließ sich passend zu seinem Naturell immer wieder weiter nach hinten fallen, um Bälle abzusammeln. Knasmüllner auf rechts spielte den offensiveren Part. Aiwu wiederum ließ sich im Spielaufbau zurückfallen, womit Rapid eine Dreierkette im Aufbau herstellte. Die Außenverteidiger Stojkovic und Auer gaben Breite und schoben hoch, sodass man später schnell ins Flügelspiel kommen konnte.

Aufbau immer möglichst durchs Zentrum

Primäre Abnehmer im Spielaufbau waren die Außenverteidiger jedoch nicht. Das sah man speziell am „Passpaar“ Moormann-Auer. Obwohl der direkte Passweg zum Linksverteidiger häufig offen war, suchte Moormann im Aufbauspiel praktisch immer den zentralen Petrovic. Rapid wollte sich nicht nach außen leiten lassen, die Außenverteidiger erst tiefer in der gegnerischen Hälfte forcieren. Allerdings fehlte es in der Mittelfeldzentrale an Physis, Masse und auch an den passenden Aufdrehbewegungen.

Anfangs gute Pressingsynergien und ausreichend Tiefe

Dennoch wirkte Rapid souverän, was mehrere Gründe hatte. Etwa, dass man gut und auch gruppentaktisch geschlossen ins Gegenpressing kam und Bälle aus dem Hartberger Aufbau sehr schnell erobern konnte. Auch die beiden Angreifer waren grundsätzlich gut ins Spiel eingebunden und man suchte immer wieder die Tiefe, die Grüll und Strunz in ihrem Laufspiel brauchten. Kitagawa war zu Beginn ebenfalls eine solide Anspielstation und zunächst wirkte es so, als könne hier nichts schiefgehen.

Blackout bringt Hartberg den Ausgleich

Dann die 24. Minute und der erste Riss im Spiel der Wiener. Gartler spielte einen Abstoss kurz heraus, spielte Emanuel Aiwu an, der den Ball nur sechs Meter vor dem eigenen Tor kontrollierte. Nicht etwa auf einer äußeren Position, sondern mitten im Strafraum, direkt vor dem Tor. Ein „Doppelpass“ mit Petrovic schlug wegen eines Konzentrationsfehlers fehl und Hartberg glich aus. Es war praktisch ein Eigentor der Wiener, die sich nun nicht mehr fingen, das Spiel völlig aus der Hand gaben.

Umstellungen nach Hofmann-Verletzung entscheidend

In der 38. Minute war es eine Verletzung von Maximilian Hofmann, die Rapid einen weiteren Dämpfer verpasste. Nicht wegen der Verletzung selbst, sondern wegen der Umstellungen, die diese nach sich zog. Aiwu, bis dato auf der Sechs durchaus dominant, rückte in die Innenverteidigung zurück. Dalibor Velimirovic kam zu seinem Kampfmannschaftscomeback nach 19 Monaten und Rapid verlor im Sechserraum die physische Komponente. Der überragende Salzburg-Leihspieler Youba Diarra zwackte den Hütteldorfern nach und nach den Zugriff aufs Zentrum ab.

Salzburg-Leihspieler als „Unterschiedsakteur“

Diarra zeigte Rapid auch personelle Probleme auf. Klar gab es auch bei den Wienern zahlreiche Ausfälle, aber ein Spieler wie der 23-Jährige, der bereits zwei Kreuzbandrisse verkraften musste, fehlt im Kader der Grün-Weißen – speziell, wenn man eine im Zentrum physisch starke Raute praktizieren will. Auch Hartberg würde einen solchen Spieler unter normalen Umständen nicht bekommen, ist auf ein Leihgeschäft mit Ligakrösus Salzburg angewiesen, aber dennoch machte der Spieler den Unterschied aus. Auch weil Rapid mit Velimirovic und Petrovic im Sechserraum nicht gut aufgestellt war und auch Knasmüllner seine Arbeit gegen den Ball wieder einmal vernachlässigte. Symptomatische Szene: Knasmüllner geht einem recht einfachen Ball nicht entgegen, Diarra sammelt die Kugel ab – und bereitet kurz vor der Pause das 1:2 durch Philipp Sturm vor.

Hartberg zieht sich zurück und sortiert sich

Ab dem Beginn der zweiten Halbzeit war Hartberg also in einer angenehmen Lage. Man konnte Rapid das Spiel überlassen, tief stehen, die Dynamiken der Rapid-Raute möglichst passiv zustellen, um wenige Fouls zu begehen. Rapid fand am Ball weniger Lösungen, als in den ersten 20 Minuten über Pressingsituationen und wurde nur noch sehr punktuell gefährlich. Daran änderten auch die Einwechslungen von Supertalent Yusuf Demir, der natürlich besonders zugestellt wurde und Neuerwerbung Ferdy Druijf, der in seinem ersten Spiel noch wie ein Fremdkörper wirkte, nichts mehr.

Rapid kann nicht mit Rückschlägen umgehen

Primär legte der Spielverlauf wieder das allgemeine Mentalitätsproblem der Hütteldorfer offen. Rapid schaffte es nie, mit Rückschlägen umzugehen. Was die Mannschaft kann und wie gut sie taktische Pläne umzusetzen im Stande ist, sah man in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit. Dass es aber immer noch dieselben Spieler wie im Herbst sind, sah man an der darauf folgenden mangelnden Eigeninitiative, wenn das Spiel nicht nach Plan verläuft. Hartberg besann sich auf simple Kampftugenden, konnte dank Diarra im Zentrum mehr Ordnung kreieren und spielte die Partie schließlich staubig herunter. Gefährlich wurde es nur noch bei einem Grüll-Freistoß und einem Demir-Kopfball, der von der Linie gekratzt wurde. Am Ende war der Sieg des Außenseiters allerdings verdient. Mit Ausnahme der ersten 20 Minuten sogar hochverdient.

Zu wenig Qualität, speziell bei den Legionären

Rapid kann mehr und es liegt an Feldhofer die Intensität der Anfangsphase über einen längeren Zeitraum zu etablieren, dem Team auch Werkzeuge mitzugeben, um sich aus misslichen Lagen befreien zu können, die in einem Fußballspiel unweigerlich dazugehören. Dass der zu erwartende Umbruch aber noch lange nicht im Gange ist, sondern noch bevorsteht, war aber auch augenscheinlich. Speziell die Legionäre im Team werden dem Rapid-Anspruch qualitativ nicht gerecht. Der ausgefuchste Filip Stojkovic und ein gut gelaunter Taxiarchis Fountas sind die Ausnahmen, aber Petrovic und Kitagawa sind schlichtweg keine Unterschiedsspieler. Gleiches trifft auf Grahovac zu, der gegen Hartberg nicht im Kader stand. Ferdy Druijf braucht sicher noch Zeit, hat aber angesichts seines Leihvertrags auch nicht viel davon.

Aderlass und der „zu geringe Unterschied“

Auch sonst konnte man qualitativ zwischen Rapid und Hartberg nur wenige echte Unterschiede auszumachen. Solide Spieler wie Heil oder Kainz stehen einigen Rapid-Akteuren um nichts nach. Selbiges gilt für die Außenverteidiger Farkas und Klem. Auch Avdijaj und Aydin hatten gute Momente. Bei Rapid stach kein Spieler heraus und angesichts der Möglichkeiten war der Unterschied zur Elf von Kurt Russ einfach nicht groß genug. Um Feldhofers Ideen umzusetzen, wird es also deutlich mehr Qualität, Physis und Mentalität brauchen. Kara und Ullmann innerhalb einer Transferperiode zu verlieren und zudem Greiml, Ljubicic und Fountas, später auch noch Hofmann ersetzen zu müssen, ist für Rapid derzeit einfach ein zu schwerer Rucksack.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen