RB Salzburg besiegt Bayern München (1) – Die Eckpfeiler des Salzburger Spiels
Sonstiges 19.Januar.2014 Rene Maric 0
Völlig überraschend bezwang Red Bull Salzburg vor heimischem Publikum das Starensemble der Münchner Bayern. Dabei zeigten beide Mannschaften wichtige taktische Aspekte in Bezug auf ihre mittel- und langfristige Zukunft. So versuchte sich Pep Guardiola mit einer Dreierkette und setzte ein paar junge Talente ein, während die Salzburger bewiesen wie stark ihr Pressing auch nach der Winterpause wohl sein wird. Dieses kommentierte Guardiola mit folgenden löblichen Worten:
„Ich habe in meiner Karriere noch nie gegen eine Mannschaft gespielt, die mit so einer hohen Intensität gespielt hat wie Red Bull Salzburg.“
In dieser dreiteiligen Analyse wollen wir uns die erfolgreiche Spielweise der Bullen, die Probleme der Bayern, die Anpassungen der jeweiligen Trainer und Mannschaften sowie einzelne Leistungen von Jungstars wie Höjbjerg und Lazaro ansehen und einen kleinen Ausblick wagen. Im ersten Teil geht es um Salzburgs Schlüsselpunkte.
Red Bull Salzburgs Pressing sorgt für Probleme im Aufbauspiel
Der auffälligste Aspekt war – wie üblich bei den Salzburgern – ihr hervorragendes Pressing. Sie machten den Bayern schon bei deren Aufbauspiel in den ersten Phasen enormen Druck. Sobald die Innenverteidiger der Bayern an den Ball kamen, wurden sie aggressiv angelaufen. Die Bullen übten durchgehend Druck aus und sorgten dafür, dass die Bayern schon von hinten heraus nicht in ihren Rhythmus kamen.
Weder Dante noch Martinez oder Boateng erhielten die nötige Zeit am Ball, um ein ordentliches Aufbauspiel betreiben zu können. Da die Flügel nur mit einem Akteur besetzt wurden, konnten die Münchner auch nicht über schnelle Kombinationen an der Seite nach vorne kommen.
Red Bulls intelligente Umsetzung des 4-4-2 und keine Antwort der Münchner darauf
Nominell hätte die Dreierabwehr der Bayern eigentlich gut aussehen müssen. Mit einem zusätzlichen Akteur gab es einen ähnlichen Effekt wie beim „Abkippen“, was oft gegen tiefstehende Mannschaften im 4-4-2 praktiziert wird. Doch die Intensität und Aggressivität der Salzburger machte diesen formativen Effekt zunichte. Bayerns Dreierabwehr hatte nicht nur keine ordentliche Anbindung ans Mittelfeld vorne, sondern auch nicht zueinander.
Soriano und Zulj pressten vorne aggressiv, stellten mit viel Laufaufwand immer den Ballführenden sowie dessen nächste Anspielstation zu, während Kampl und Mané über die Flügel viel Druck ausübten. Die Außenverteidiger der Bullen orientierten sich immer situativ mannorientiert an den Flügelläufern der Bayern, Alaba und Shaqiri. Ramalho und Hinteregger rückten defensiv intelligent nach vorne und gewannen viele Kopfballduelle oder fingen Pässe antizipativ, Leitgeb und Ilsanker besetzten die Mitte.
Gelegentlich orientierte sich einer mannorientiert nach vorne und erhöhte die Intensität im Pressing, meistens kümmerten sie sich aber um die Räume vor der eigenen Abwehr. Das sehr weite und aggressive Einrücken der ballfernen Spieler, insbesondere von Mané und Kampl, sorgte für extreme Kompaktheit und zu viel Druck bei den Münchnern im Zentrum. Guardiolas 3-4-2-1-Formation kam dadurch nie effektiv zum Tragen. Hierzu eine schöne Grafik, wo Boateng zu einem langen Ball gezwungen wird und keine Anspielstation hat.
Saubere gruppentaktische Umsetzung der Salzburger als Schlüssel zum Erfolg
Spielentscheidend im Spiel der Hausherren war sicherlich eben dieses konstante Einrücken und Verschieben des gesamten Mannschaftsverbunds. In dieser Saison hatten sie in der Liga primär Probleme, wenn dies nicht perfekt funktionierte, nicht harmonisch abgestimmt war oder der Gegner dies mit sehr einfachen Angriffen hinter die Abwehr schnell ausspielte. Gegen die Bayern und deren Kurzpassfokus sowie Problemen in puncto Laufbereitschaft und Automatismen in der neuen Formation kamen diese Anfälligkeiten der Salzburger nicht ins Spiel.
Stattdessen zeigten die Flügelstürmer einmal mehr tolle Fähigkeiten im Pressing, Gegenpressing und ihren taktischen Bewegungen, wie etwa dem ballfernen Einrücken. Ramalho und Hinteregger spielten ebenfalls sehr gut, Schwegler und Ulmer auf den Seiten agierten wie die beiden Sechser sehr diszipliniert und gingen nur situativ und gut tempiert nach vorne. Die vielen mannorientierten Elemente des Pressings der Bullen wurden konsequent umgesetzt und es zeigte sich beim Übergeben von Spielern und Räumen eine tolle Kommunikation. In diesem Bild werden zum Beispiel nur die relevanten Räume besetzt, wodurch der lange Ball Neuers nicht nur provoziert, sondern auch indirekt abgefangen werden kann. Er führt später zum Tor.
Das Kettenspiel wurde ebenfalls hervorragend umgesetzt, inklusive Absicherungen. Wenn zum Beispiel ein Außenverteidiger nach vorne rückte und presste, verschob die gesamte verbliebene Dreierkette hinter ihn und sicherte ab. Die hohe Kompaktheit und der große Druck Red Bulls insgesamt sorgten für die grundlegenden Probleme bei den Bayern. Der Triple-Sieger konnte wegen der tollen Abstimmung der Salzburger nie offene Räume finden und war in der Mitte – der für Guardiola strategisch wichtigsten Zone – nie präsent. Besonders nach Balleroberungen konnten sie kaum ins Spiel kommen.
Gegenpressing zerstört die größte Stärke des Tiqui Taca
Da die Salzburger sehr mannorientiert und hoch pressten, ist es zu erwarten, dass eine Mannschaft – fast schon unabhängig von ihrer Stärke – Probleme hat bei Abstößen oder in tiefsten Phasen aufzurücken. Die extreme Intensität und Lauffreude sorgte für konstanten Druck, weswegen die Bayern nicht in ihr Kurzpasskombinationsspiel kamen. Entscheidend waren aber auch die Bewegungen und Staffelungen unmittelbar nach Balleroberungen der Münchner.
Normalerweise können die Bayern nach eroberten Bällen den Ball schnell zirkulieren lassen, der Gegner kommt nur schwer oder gar nicht ins Gegenpressing und muss zurückweichen. Bayern rückt dann geschlossen auf und sucht nach den offenen Räumen in der noch offenen Formation des Gegners. Gegen die Bullen war dies jedoch kaum möglich.
Sobald ein Angriff verloren ging, stimmten Bewegungen und Staffelungen. Die enorm schnellen Mané und Kampl reagierten sofort und pressten nach. Alle Spieler in Ballnähe zogen sich überfallartig zusammen und bildeten eine enorme Drucksituation für den Balleroberer. Bayern musste deutlich öfter lange Bälle schlagen als üblich oder verlor den Ball, wenn sie es nicht taten. Gleichzeitig hatten die Hausherren fast immer eine 3-1 oder 3-2-Staffelung hinten, weswegen sie bei langen Bällen der Bayern in die Spitze nicht anfällig für Konter waren. Ganz anders sah es auf der Gegenseite aus.
Bayern lässt Salzburg bei Kontern gewähren
Nicht nur, dass die Bayern nicht so kompakt, kollektiv und aggressiv Gegenpressing betrieben, bei ihnen schienen auch die Staffelungen in der Absicherung nicht zu stimmen. Verlor das deutsche Topteam den Ball bei eigenem Angriff, wurde das Gegenpressing nur unzureichend praktiziert. Man zog sich nicht aggressiv und schnell genug zusammen, wodurch insbesondere die Mittelfeldzentrale über Ilsanker und Leitgeb gefährliche Konter einleiten konnte. Auch von Ramalho und Hinteregger gab es einzelne gefährliche lange Bälle in die Spitze.
Insbesondere Mané konnte dabei durch Laufduelle in Szene gesetzt werden, er war an allen drei Toren beteiligt. Die Bayern hatten Probleme mit diesen langen Bällen hinter die Abwehr und dem schnellen Kombinationsspiel der Salzburger in engen Räumen.
Allerdings lag es nicht nur an den Salzburgern, wieso sie diesen Nachmittag so erfolgreich und spektakulär gestalten konnten. Viele Fehler wurden auch von den Bayern und ihrem Trainer begangen. Diesen Themen widmen wir uns im zweiten Teil.
Rene Maric, abseits.at
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